Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*, vertreten durch RA Dr. Franz P. Oberlercher RA Mag. Gustav H. Ortner Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in Villach, wegen Unterlassung (Streitwert 6.000 EUR) und Zwischenantrag auf Feststellung (Streitwert 6.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 15. September 2021, GZ 2 R 86/21f 49, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 18. Februar 2021, GZ 7 C 485/18i 44, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 939,24 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 156,54 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind Eigentümer nebeneinander liegender Waldparzellen, wobei über die Grundstücke der Klägerin ein Weg verläuft, den diese seit 2008 durch unterschiedliche, teilweise allerdings leicht zu überwindende Hindernisse abzusperren versuchte.
[2] Die Klägerin begehrt, den Beklagten zur Unterlassung des Gehens oder Befahrens des Wegs und des Entfernens von Absperrungen dieses Wegs zu verpflichten. Der Beklagte sei zur Nutzung des Wegs nicht berechtigt und habe wiederholt eigenmächtig von der Klägerin aufgestellte Absperrungen entfernt.
[3] Der Beklagte bestreitet und stellt einen Zwischenantrag auf Feststellung, wonach ihm die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über den Weg zustehe. Er habe ein solches Nutzungsrecht am Weg ersessen. Außerdem sei von einer zumindest schlüssigen Dienstbarkeitsvereinbarung auszugehen.
[4] Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und wies den Zwischenantrag auf Feststellung ab. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass sich die Klägerin die Freiheit von einer ihr Grundstück (allenfalls) belastenden Dienstbarkeit gemäß § 1488 ABGB ersessen habe. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und ließ die ordentliche Revision zu, weil in der Lehre die Rechtsansicht vertreten werde, dass jegliche Benützungshandlung durch den Berechtigten zur Unterbrechung der Verjährung von Servituten ausreichen könnte.
[5] Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts; hilfsweise begehrt er die Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht, in eventu das Erstgericht.
[6] Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
[7] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig , weil keine für den Verfahrensausgang präjudizielle Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten ist.
[8] Der Beklagte befasst sich in der Revision (fast) ausschließlich mit der Frage, ob sich die Klägerin mit Erfolg auf eine Freiheitsersitzung iSd § 1488 ABGB berufen kann, ohne nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Erwägungen ihm ein (Dienstbarkeits )Recht am über die Grundstücke der Klägerin verlaufenden Weg zukommen sollte.
[9] 1. Grundsätzlich kann ein Dienstbarkeitsvertrag auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. An die Annahme einer solchen schlüssigen Einräumung einer Dienstbarkeit sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen, sodass aus der Duldung der Nutzung des Grundstücks durch eine andere Person während eines kürzeren als des für die Ersitzung erforderlichen Zeitraums nicht ohne Weiteres ein Rechtsverlust durch rechtsgeschäftliche schlüssige Einräumung von Dienstbarkeitsrechten abgeleitet werden kann (RS0111562 [insb T5]; vgl auch RS0114010 [T7]).
[10] Das Berufungsgericht ist – vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung jedenfalls vertretbar – davon ausgegangen, dass bereits auf Basis der unbekämpften Tatsachenfeststellungen die strengen Voraussetzungen für die Annahme der konkludenten vertraglichen Einräumung eines Dienstbarkeitsrechts nicht vorlagen. Der Beklagte unterlässt in der Revision jede Auseinandersetzung mit dieser Rechtsansicht des Berufungsgerichts.
[11] 2. Der Beklagte legt in der Revision auch nicht einmal im Ansatz dar, in welchem Zeitraum und durch welche Nutzungshandlungen er ein Dienstbarkeitsrecht am Weg ersessen haben will.
[12] 3. Da es auf die in der Zulassungsbegründung und in der Revision allein angesprochene Frage einer möglichen Freiheitsersitzung iSd § 1488 ABGB damit nicht streitentscheidend ankommt, war die Revision zurückzuweisen.
[13] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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