Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Dr. Nowotny sowie die Hofrätinnen Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Minderjährigen J*****, geboren am ***** 2015, *****, vertreten durch das Land Salzburg ***** als Kinder- und Jugendhilfeträger, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
In dem im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) veröffentlichten Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. Oktober 2020, AZ 6 Ob 177/20b, werden nachträglich folgende Anonymisierungen angeordnet, und zwar
1. im Kopf die Ersetzung der Wortfolge „*****“, durch *****;
2. im Einleitungssatz der Entscheidungsbegründung die Ersetzung der Geburtsdaten „*****“ durch *****;
3. in der gesamten Entscheidung die Ersetzung des Vornamens J***** durch J*****.
Begründung:
[1] Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. 10. 2020 wurde dem Revisionsrekurs des Vaters des minderjährigen J***** Folge gegeben, die angefochtene Entscheidung aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen. Im Rahmen der Veröffentlichung der Entscheidung im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erfolgte keine Anonymisierung des Vornamens des Minderjährigen. Darüber hinaus enthielt der Kopf der Entscheidung in einem Klammerausdruck die nach den einschlägigen landesrechtlichen Organisationsvorschriften die Aufgaben des Landes Salzburg als Kinder- und Jugendhilfeträger (KJHT) und damit als Vertreter des Minderjährigen erfüllende Organisationseinheit *****. Und schließlich unterblieb im Einleitungssatz der Entscheidung irrtümlich die teilweise (Geburtstag und Geburtsmonat) Anonymisierung des Geburtsdatums des Minderjährigen.
[2] Am 22. 1. 2021 wandte sich der KJHT mit dem Ersuchen einer nachträglichen bzw ergänzenden Anonymisierung der Entscheidung an den Obersten Gerichtshof; durch den „ausgefallenen“ Vornamen des Minderjährigen und durch die Nennung des Geburtsdatums sowie des Bezirks, in dem sich der Minderjährige aufhält, könne von einer Anonymisierung nicht mehr gesprochen werden, wobei die Pflegeeltern bereits darauf angesprochen worden seien, dass es sich nur um ihr Pflegekind handeln könne.
[3] 1. Einen förmlichen Antrag auf nachträgliche Anonymisierung hat der KJHT nicht gestellt. Es kann daher offen bleiben, ob ein solcher Antrag überhaupt zulässig wäre. Unabhängig davon war jedoch von Amts wegen zu prüfen, ob von einer weiteren Wiedergabe der aus dem Spruch ersichtlichen Daten in der Entscheidungsdokumentation Justiz abzusehen ist (8 Ob 140/05d jusIT 2019/36 [ Thiele ]; vgl auch 4 Ob 101/09w jusIT 2009/117 [ Mader ] = EvBl 2010/18 [ Konecny ]; 6 Ob 53/17p).
[4] 2. Gemäß § 15 Abs 1 OGHG sind in die Entscheidungsdokumentation Justiz des RIS alle Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs im Volltext aufzunehmen, die sich nicht in einer begründungslosen Zurückweisung eines Rechtsmittels erschöpfen. Nach Abs 4 sind dabei Namen, Anschriften und erforderlichenfalls auch sonstige Orts- und Gebietsbezeichnungen, die Rückschlüsse auf die betreffende Rechtssache zulassen, durch Buchstaben, Ziffern oder Abkürzungen so zu anonymisieren, dass die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht verloren geht. Solche Anordnungen hat grundsätzlich der erkennende Senat bei der Beschlussfassung zu treffen (Abs 5). Der erkennende Senat ist auch zur Entscheidung berufen, ob es einer nachträglichen bzw ergänzenden Anonymisierung bedarf (8 Ob 140/05d; vgl auch 14 Os 103/02; 12 Ns 29/18p). Es handelt sich dabei um einen Akt der Rechtsprechung, und zwar um einen Teil der rechtsprechenden Tätigkeit im Rahmen der Entscheidungsfindung ( Neumayr , Die Judikaturdokumentation RIS-Justiz im österreichischen Rechtsinformationssystem, ZZPInt 20 [2015] 73 [88]; Danzl/Hopf , Oberster Gerichtshof³ [2017] § 15 OGHG Anm 5a; diesen folgend 6 Ob 53/17p jusIT 2019/36 [ Thiele ]).
[5] 3. Durch diese Anonymisierungspflicht soll der Persönlichkeitsschutz von Parteien, Zeugen und anderen Verfahrensbeteiligten sichergestellt werden (4 Ob 101/09w; 8 Ob 140/05d). Im Standardfall ist es in Bezug auf die Namen hinreichend, eine Anonymisierung durch Reduktion der Familiennamen auf den jeweiligen Anfangsbuchstaben vorzunehmen, mag es auch nach der heutigen Praxis des Obersten Gerichtshofs üblich sein, dass die Vornamen ebenso anonymisiert werden. Unter Umständen kann es aber notwendig und damit zwingend sein, auch die Vornamen zu anonymisieren, insbesondere wenn diese eher selten oder im gegebenen Zusammenhang sonst auffällig sind (vgl Danzl/Hopf , Oberster Gerichtshof³ § 15 OGHG Anm 7; RS0125183 [T6]). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben:
[6] Zwar handelt es sich beim – sowohl für Männer als auch für Frauen gebräuchlichen – Vornamen J***** nicht um einen seltenen bzw gar „ausgefallenen“ Vornamen, wurden doch allein seit 1984 rund 60 Neugeborene in Österreich so genannt, tragen in der Schweiz rund 400
[7] Damit war es aber erforderlich, nicht nur Geburtstag und Geburtsmonat des Minderjährigen und die Angabe der *****, aus der jener Bezirk geschlossen werden kann, in dem der Minderjährige lebt (eine Anonymisierung des zuständigen Pflegschaftsgerichts kommt allerdings nicht in Betracht), sondern auch dessen Vornamen einer Anonymisierung zuzuführen. Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung bleibt dennoch gewährleistet.
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