Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** SE, *****, vertreten durch die bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH, Mödling, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn Partner Rechtsanwälte GmbH, Dornbirn, wegen Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung und Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. Mai 2020, GZ 1 R 45/19f 44, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 14. Jänner 2019, GZ 10 Cg 135/16t 34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.855,70 EUR (darin 475,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die beklagte Gesellschaft kaufte im Jahr 2003 von einer Mineralölprodukte liefernden österreichischen Aktiengesellschaft eine Liegenschaft mit einer darauf befindlichen Tankstelle. Sie schloss mit der Verkäuferin und später mit der aus der Verschmelzung mehrerer Gesellschaften (auch mit dieser als übertragender Gesellschaft) entstandenen Klägerin mehrere aufeinanderfolgende Tankstellen-Belieferungsverträge. Die Laufzeit dieser Verträge, die jeweils ein Wettbewerbsverbot (Exklusivitätsverpflichtung samt Konkurrenzklausel) enthielten, überstieg jeweils fünf Jahre nicht. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 1. 12. 2016, das im Kaufvertrag begründete , bis zum 31. 12. 2016 befristete Wiederkaufsrecht auszuüben.
[2] Sie begehrt nun darauf gestützt die Einwilligung in die lastenfreie Einverleibung ihres Eigentumsrechts und – Zug um Zug gegen Zahlung des Wiederkaufspreises in Höhe von 1.411.129,71 EUR – die Übergabe der geräumten Liegenschaft.
[3] Die Beklagte wendete ein, das Wiederkaufsrecht sei als höchstpersönliches Recht nicht auf die Klägerin übertragbar gewesen. Es sei überdies nur zum (verpönten) Zweck der Absicherung der laufenden Belieferung durch die Klägerin (bzw ihre Rechtsvorgängerin), deren Marktanteil am Tankstellenmarkt in Österreich bei mehr als 16 % liege, bis 31. 12. 2016 vereinbart worden und daher nichtig. Eine (tatsächliche) Ausübung des Wiederkaufsrechts sei zu keinem Zeitpunkt vorgesehen gewesen. Sie selbst habe sich an die Vereinbarung gehalten und auch den aktuellen Tankstellen-Belieferungsvertrag, der am 1. 1. 2014 „in Kraft getreten“ sei, wieder mit der Klägerin abgeschlossen.
[4] Die Klägerin entgegnete, das Wiederkaufsrecht sei ohne Vorbehalt gewährt worden; die Tankstellen Belieferungsverträge seien im Fünf-Jahres-Rhythmus jeweils neu abgeschlossen worden.
[5] Im ersten Rechtsgang wurde geklärt, dass ein (befristetes) Wiederkaufsrecht nach § 1068 ABGB nicht durch einen Verschmelzungsvorgang auf Seite des Berechtigten untergeht (1 Ob 173/19a = ecolex 2020, 412 [zust Foglar Deinhardstein ]; siehe auch RIS Justiz RS0132979) und dem Berufungsgericht die (nun notwendige) Erledigung der Beweisrüge aufgetragen.
[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin auch im zweiten Rechtsgang nicht Folge und bestätigte das klageabweisende Ersturteil erneut. Es erachtete die Beweisrüge als nicht berechtigt und ging von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:
[7] Das von den Mitarbeitern der Rechtsabteilung der Verkäuferin bei Vertragsverhandlungen in der Dauer von ca einem Jahr ausformulierte Wiederkaufsrecht wurde von den Vertragsparteien nur zu dem Zweck vereinbart und diente nur dazu, den Tankstellen Belieferungsvertrag zwischen der Beklagten und der Verkäuferin über zehn Jahre hinaus (für 13 Jahre und konkret bis zum 31. 12. 2016) „abzusichern“. Um zu verhindern, dass die Beklagte nach [jeweils] fünf Jahren den Tankstellen Belieferungsvertrag, mit der Verkäuferin nicht mehr verlängert und mit einem anderen Lieferanten abschließt, wollte die Verkäuferin über die Möglichkeit verfügen, unter Ausnutzung des Wiederkaufsrechts die Tankstelle zurückzubekommen und die Einnahmen aus der Tankstelle selbst zu lukrieren. Solange die Beklagte neue Tankstellen Belieferungsverträge mit der Verkäuferin abschließt, hätte sie das Wiederkaufsrecht nicht „ausgenützt“, sehr wohl aber dann, wenn innerhalb dieses Zeitraums kein neuer Tankstellen Belieferungsvertrag mehr zwischen ihr und der Beklagten abgeschlossen worden wäre. Die Beklagte schloss durchgehend (zuletzt mit einer Laufzeit bis ins Jahr 2018) solche Verträge ab.
[8] Ausgehend davon kam das Berufungsgericht zum Ergebnis, es sei der [Verkäuferin] bewusst gewesen, dass eine vertragliche (Exklusiv-)Bindung in den Tankstellen-Belieferungsverträgen über den Zeitraum von fünf Jahren hinaus nach Art 81 Abs 1 EGV (und später nach Art 101 Abs 1 AEUV) in Verbindung mit Art 5 lit a (Gruppenfreistellungs-)Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 (VertGVO; später inhaltsgleich nach Art 5 Abs 1 lit a Verordnung [EU] 330/2010) als wettbewerbsbeschränkend verboten war. Sie hätte aber gerade diesen verpönten Erfolg herbeiführen wollen. Das Wiederkaufsrecht habe dazu gedient, den erforderlichen wirtschaftlichen Druck dahin auszuüben und damit im Sinne von Art 81 Abs 1 EGV (Art 101 Abs 1 AEUV) „bewirken“ sollen, dass auch nach Ablauf der formal sich innerhalb des erlaubten Zeitraums von fünf Jahren haltenden einzelnen Verträge der Wettbewerb weiterhin verhindert bleibe. Habe die Einräumung des Wiederkaufsrechts nur der Umgehung des Verbots der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots über fünf Jahre hinaus gedient, unterliege es der Rechtsnorm, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft (Wettbewerbsverbot in einer Dauer von 13 Jahren) anzuwenden sei, und damit der Nichtigkeitssanktion nach Art 81 Abs 2 EGV, (später) Art 101 Abs 2 AEUV sowie § 1 Abs 3 KartG. Die Revision sei zulässig, weil die in diesem Rechtsstreit zu lösenden Rechtsfragen über die Bedeutung des Einzelfalls hinausreichten.
[9] Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist entgegen dem – nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
[10] 1.1. Die Klägerin meint, Tankstellen-Belieferungsverträge enthielten typischerweise Wettbewerbsverbote. Es sei zu erwarten, dass künftig „immer wieder Tankstellenbetriebe bei gleichzeitiger Vereinbarung von Wiederkaufsrechten verkauft werden“. Wegen der großen Anzahl an in Österreich betriebenen Tankstellen liege im „Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung“ dazu, „ob die Vereinbarung eines auf mehr als fünf Jahre befristeten Wiederkaufsrecht eine Umgehung der Gruppenfreistellungsverordnungen darstellen“ könne und mit Nichtigkeitssanktion bedroht sei, eine erhebliche Rechtsfrage. Die Klägerin geht aber in ihrer Revision nicht darauf ein, warum sich die von ihr aufgeworfenen Fragen angesichts der hier zu beurteilenden konkreten Vereinbarungen überhaupt stellen sollten.
[11] 1.2. Die Beklagte, die in ihrer Revisionsbeantwortung das Rechtsmittel der Klägerin für nicht zulässig hält, weil es um eine Vertragsauslegung im Einzelfall gehe, beruft sich auch auf ihr berechtigtes Vertrauen in die Zusage der Klägerin, das Wiederkaufsrecht nicht auszuüben, wenn sie ihrerseits die Tankstellen-Belieferungsverträge für die Dauer von 13 Jahren einhalte.
[12] 1.3. Selbst wenn man – der Klägerin folgend – davon ausginge, dass das Wiederkaufsrecht nicht nichtig, sondern gültig vereinbart worden sei, hätte es nach der Abrede zwischen den Vertragsparteien nur im Fall des „Zuwiderhandelns“ der Beklagten (gegen die von der Klägerin angestrebte und mit dem Wiederkaufsrecht „abgesicherte“ Exklusivbindung über 13 Jahre) ausgeübt werden dürfen; der Klage konnte schon deswegen kein Erfolg beschieden sein. Die Beklagte stand durchgehend (über den 31. 12. 2016 hinaus) nur mit der Klägerin in Vertragsbeziehung; sie verlängerte ihre Tankstellen Belieferungsverträge (nach Ablauf der „formell“ in den Verträgen jeweils genannten Laufzeit von fünf Jahren), sodass es an der für die Ausübung des Wiederkaufsrechts vereinbarten Voraussetzung (Abschluss eines Tankstellen-Belieferungsvertrags mit einem anderen Lieferanten im Zeitraum bis 31. 12. 2016) mangelte und die Klägerin das Wiederkaufsrecht – entgegen der getroffenen Vereinbarung – nicht ohne Eintritt der vereinbarten Bedingung ausüben konnte. Dass die im konkreten Fall mit der Abrede des Wiederkaufsrechts tatsächlich verfolgte Absicht auch in anderen Fällen den mit Tankstellenbetreibern geschlossenen Verträgen zugrundeläge, behauptet die Klägerin, die auch noch im Revisionsverfahren (in unzulässiger Weise) gegen die dazu getroffenen Feststellungen anzukämpfen versucht und bestreitet, dass sie das Wiederkaufsrecht als Druckmittel eingesetzt habe, im Übrigen gar nicht. Es ist daher nicht ersichtlich, warum die vorliegende Entscheidung in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehen sollte.
[13] 2.1. Im Übrigen begegnet die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Wiederkaufsrecht sei (bei Prüfung anhand der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Normen [ Bollenberger/P. Bydlinski in KBB 6 § 879 ABGB Rz 1 mwN]) gemäß Art 81 Abs 2 EGV nichtig, keinen Bedenken.
[14] 2.2. Die Klägerin argumentiert dazu in zweierlei Richtung: Zum einen soll der vorliegende Fall der in Art 5 lit a VertGVO genannten Ausnahme, wonach die Begrenzung auf fünf Jahre nicht gilt, „wenn die Vertragswaren … vom Käufer in Räumlichkeiten und auf Grundstücken verkauft werden, die Eigentum des Lieferanten oder durch diesen … gemietet oder gepachtet worden sind“, unterliegen. Sie meint, sie habe mit dem Wiederkaufsrecht „bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise“ ein Recht innegehabt, das ihr die „Nutzungsüberlassung an den Abnehmer gestattet“ habe.
[15] Wenn der EuGH anlässlich der Auslegung von Art 5 lit a VertGVO in der Rechtsache Pedro IV Servicios SL (2. 4. 2009, C 260/07, ECLI:EU:C:2009:215, Rn 66 f) die Bestimmung des Umfangs des damals fraglichen (spanischen) „Erbbaurechts“ (dahin, inwieweit damit Eigentum am Grundstück verbunden sei) als Teil der nationalen Eigentumsordnung dem nationalen Gericht überließ, ist auch im vorliegenden Fall die Lösung der Frage, ob durch das vereinbarte „Wiederkaufsrecht“ nach § 1068 ABGB der Klägerin die Stellung einer Eigentümerin, Pächterin oder Vermieterin zukommt (sie als Inhaberin eines privaten subjektiven Rechts, das ihr die Nutzungsüberlassung an den Abnehmer gestattete, anzusehen ist [s Ellger in Immenga/Mestmäcker , Wettbewerbsrecht Band 16, Art 5 Vertikal GVO Rn 22 mwN]), den nationalen Gerichten zugewiesen. Mit dem (überhaupt nur zum Zweck der Absicherung der verpönten Dauer des [Exklusiv-]Tankstellen Belieferungsvertrags) vereinbarten Wiederkaufsrecht ist dies eindeutig nicht der Fall. Ein Bestandvertrag wurde gerade nicht abgeschlossen, sondern Eigentum übertragen.
[16] 2.3. Ihr zweites Ansinnen, es habe (im Nachhinein) nach Art 5 lit a VertGVO nur zum Wegfall „des Wettbewerbsverbots“ zu kommen, bloß dieses sei von der Nichtigkeitssanktion umfasst, ist ebenso nicht verständlich. Ganz allgemein muss im Zusammenhang mit Wettbewerbsverboten die vertragliche Gestaltung im Kontext aller Umstände bewertet werden, die den Abnehmer einem faktischen Verlängerungszwang unterwerfen könnten ( Nolte in Langen/Bunte , Kartellrecht Kommentar, II 13 , Nach Art 101 AEUV Rn 591). Als „Wettbewerbsverbot“ sieht die Klägerin allein die von der Beklagten tatsächlich über mehr als ein Jahrzehnt eingehaltene Konkurrenzklausel, ausdrücklich aber nicht das Wiederkaufsrecht an.
[17] Die Ausnahme von der Freistellung nach Art 2 VertGVO gilt gemäß Art 5 lit a VertGVO aber nicht nur für unmittelbare, sondern auch für mittelbare Wettbewerbsverbote. Warum das allein mit der Zielrichtung einer Aufrechterhaltung der Exklusivbindung an sie als Lieferantin über mehr als ein Jahrzehnt (samt Konkurrenzklausel) vereinbarte Wiederkaufsrecht nach der Begriffsbestimmung in Art 1 lit b VertGVO kein „mittelbares Wettbewerbsverbot“ sein sollte, bemüht sich die Klägerin – auf Basis des tatsächlich festgestellten Sachverhalts – gar nicht zu argumentieren. Wettbewerbsverbote sind nach dieser Norm nicht nur „alle unmittelbaren“, sondern auch die „mittelbaren Verpflichtungen, die den Käufer veranlassen, keine Waren- oder Dienstleistungen … zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren … im Wettbewerb stehen, … “. Zweifelsohne war die der Beklagten auferlegte Verpflichtung, ihrer Lieferantin die Liegenschaft samt Tankstelle über deren Aufforderung wieder zu verkaufen, wenn sie den Exklusiv-Tankstellen-Belieferungsvertrag samt Kokurrenzverbot nicht durchgehend aufrecht hält (verlängert), eine solche „mittelbare Verpflichtung“, die sie veranlassen sollte und durch mehr als zehn Jahre auch faktisch veranlasst hat, „keine Waren zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren im Wettbewerb“ standen.
[18] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
[19] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen.
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