Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** SE, *****, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 6.500 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 28. April 2020, GZ 5 R 13/20a 14, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 11. November 2019, GZ 23 Cg 92/19i 10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Gegenstand der Revision ist die Frage, ob Amtshaftungsansprüche daraus abgeleitet werden können, dass ein Organ der Justizwache („Nachtdienstkommandant“) bei der Nachbesprechung eines in einem Haftraum erfolgten Einsatzes, an dem neben ihm auch ein weiterer Justizwachebeamter (nachfolgend kurz „Wachbeamter“) beteiligt war, wissentlich wahrheitswidrig („um von gegen ihn gerichteten Vorhalten abzulenken“) angab, der Wachbeamte habe einem Häftling einen „nicht notwendigen“ Schlag ins Gesicht versetzt.
Die Klägerin hat dem Wachbeamten die Kosten seiner Verteidigung in dem gegen ihn – aufgrund der Angaben des Nachtdienstkommandanten – eingeleiteten und mit einem Freispruch beendeten Strafverfahren bezahlt und begehrt nun deren Ersatz von der Beklagten.
Das Berufungsgericht bestätigte die der Klage stattgebende Entscheidung des Erstgerichts und ging wie dieses davon aus, dass die vorsätzlich unrichtige Darstellung des Verhaltens des Wachbeamten in der Dienstbesprechung in einem hinreichenden inneren und äußeren Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich des Nachtdienstkommandanten (der deshalb wegen Verleumdung verurteilt wurde) stand.
Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu klären ist.
1. Ist eine Aufgabe ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur, sind auch alle mit ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltensweisen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen, wenn sie nur einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen (RIS Justiz RS0049948; vgl auch RS0049897; RS0050075). Besteht ein solcher Zusammenhang mit der hoheitlichen Materie, schadet auch ein strafgesetzwidriges oder sonst deliktisches Handeln nicht (RS0103735 [T1]), selbst wenn es auf Vorsatz beruht (vgl etwa 1 Ob 208/12p: „Testamentsfälschungen“). Ein Organ kann auch dann in Vollziehung der Gesetze tätig sein, wenn es das Gegenteil dessen tut, was seine Dienstpflicht wäre (1 Ob 39/87 mwN). Allein der Missbrauch eines Amts zu eigennützigen, schikanösen oder strafbaren Zwecken oder eine Pflichtwidrigkeit aus rein persönlichen Beweggründen beseitigen den für das Handeln in Vollziehung der Gesetze maßgeblichen inneren Zusammenhang noch nicht (vgl RS0050113; RS0103735). Der Fachsenat hob in einigen Entscheidungen (etwa zu 1 Ob 35/95 mwN) auch hervor, dass dieser Zusammenhang nicht „eng“ beurteilt werden darf.
2. Die Teilnahme des Nachtdienstkommandanten an der „Nachbesprechung“ des Einsatzes zählt unzweifelhaft zu seinen hoheitlichen Aufgaben. Dass die dort wissentlich unrichtig erfolgte Darstellung des Verhaltens des Wachbeamten bei diesem Einsatz in keinem hinreichenden inneren Zusammenhang mit der grundsätzlich einheitlich als hoheitlich zu beurteilenden (vgl RS0049948 [T4, T8]) hoheitlichen Tätigkeit stünde, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Dem Argument der Beklagten, es habe gar keine Dienstpflicht zur „Meldung“ einer in Wahrheit nicht stattgefundenen Misshandlung eines Häftlings bestanden, ist entgegenzuhalten, dass es für die Zuordnung der verleumderischen Darstellung des Verhaltens des Wachbeamten zur hoheitlichen Tätigkeit des Nachtdienstkommandanten ausreicht, dass diese in einer Dienstbesprechung erfolgte und ein (zweifellos) dienstliches Thema betraf. Davon, dass die unrichtige Schilderung des Einsatzes in dieser Besprechung der „Privatsphäre“ des Organs zuzuordnen sei, kann keine Rede sein. Die konkret zu beurteilende Verleumdung des Wachbeamten hätte auch nicht „von jedem Dritten“ begangen werden können, beruhte doch sowohl die Teilnahme an der Dienstbesprechung als auch die Möglichkeit zur Wahrnehmung des Verhaltens des Wachbeamten beim (jedenfalls hoheitlich erfolgten) Einsatz nur auf der Organstellung des Nachtdienstkommandanten, die unter anderem seine Verpflichtung nach sich zog, über den Ablauf des Einsatzes zu berichten.
3. Auch aus den in der Revision ins Treffen geführten Entscheidungen des Fachsenats ergibt sich keine Korrekturbedürftigkeit der angefochtenen Entscheidung. Zu 1 Ob 204/74 wurde ein Amtshaftungsanspruch schon deshalb verneint, weil die schädigende Handlung (Verletzung eines Präsenzdieners durch Hantieren mit einer privaten Waffe durch einen Beamten der Heeresverwaltung) nicht im Dienst erfolgte. Der Entscheidung 1 Ob 15/82 lag der Fall zugrunde, dass Organe der Bundesgendarmerie anlässlich einer
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 iVm 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung
auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten hingewiesen.
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