Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 13. März 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Hausmann und Mag. Vas und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm in Anwesenheit der Richteramtsanwärterin Mag. Korner als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, AZ D 51/16 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer *****, über die Berufung des Kammeranwalts nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Oberstaatsanwältin Dr. Schreiber, des Kammeranwalt Stellvertreters Dr. Reif Breitwieser und des Beschuldigten ***** zu Recht erkannt:
Der Berufung des Kammeranwalts wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschuldigte Rechtsanwalt ***** vom Vorwurf freigesprochen, er habe trotz mehrfacher Aufforderung – und zwar durch das Treuhandbuch der Rechtsanwaltskammer ***** (eATHB) vom 22. Juli 2015, 9. November 2015 und 27. Jänner 2016 sowie des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer ***** vom 23. Februar 2016 (übermittelt am 24. Februar 2016) – nicht über den Stand der Abwicklung der anonymen (am 27. Juli 2011 gemeldeten) Treuhandschaft Nr 7/2011 berichtet.
Gegen diesen Freispruch richtet sich die Berufung des Kammeranwalts wegen Nichtigkeit (nominell § 281 Abs 1 Z 9 lit a und lit b StPO, der Sache nach nur Z 9 lit a [vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 562, 634]). Ihr kommt jedoch aus nachstehenden Erwägungen keine Berechtigung zu:
Die vorliegende Berufung geht prozessordnungswidrig (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581 und 584) nicht von den Feststellungen des Disziplinarrats aus, wonach der Disziplinarbeschuldigte dem eATHB „zumindest“ telefonisch mitteilte, dass „er überhaupt keine Treuhandschaften mehr offen habe“, und – daran anknüpfend – die in Rede stehende anonyme Treuhandschaft mit der Nr 7/2011 „nicht mehr offen“ war (ES 3 f). Gemäß diesen Konstatierungen konnte vom Disziplinarrat nicht auf ein disziplinäres Fehlverhalten des Disziplinarbeschuldigten im Sinn eines Verstoßes gegen die in § 23 RL BA 1977 (§ 26 RL BA 2015) normierte Verpflichtung erkannt werden, weil der Disziplinarbeschuldigte „seiner Verpflichtung zur Befolgung der von der Kammer (eATHB) erteilten Aufträge nachgekommen“ war (ES 4).
Die Berufung bekämpft weder sämtliche die Tatbestandsverwirklichung ausschließenden (negativen) Feststellungen deutlich und bestimmt als mangelhaft begründet (Z 5) noch zeigt sie hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Erkenntnis keine Feststellungen enthält, derartige Feststellungen indizierende und in der Verhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse auf, die einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) begründeten (RIS Justiz RS0127315, RS0130018).
Der Berufungswerber bezieht sich unzureichend bloß darauf, dass er unter Hinweis auf die Punkte 8.3.1., 8.3.2. und 10.2.3. des Statuts 2010 der Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer ***** „Elektronisches Anwaltliches Treuhandbuch (eATHB)“, wonach an das eATHB der Rechtsanwaltskammer gerichtete Berichte und (Abschluss )Erklärungen eines Rechtsanwalts über die Abwicklung einer Treuhandschaft in schriftlicher Form zu erfolgen haben. Dem steht jedoch das explizit festgestellte Nichtbestehen einer Treuhandschaft, die eine Berichtspflicht im Sinn des genannten Statuts überhaupt erst auszulösen vermöchte, entgegen.
Der Berufung des Kammeranwalts war daher keine Folge zu geben.
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