Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ertl, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Mag. Günter S***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mag. Günter S***** und Dr. Gerhard K***** sowie über die Berufung der Privatbeteiligten He***** AG gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 6. Dezember 2017, GZ 64 Hv 109/15y 86, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Mag. Günter S***** und Dr. Gerhard K***** jeweils des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz den Geschäftsleiter der H***** AG (im Folgenden: HBLi), Markus M***** durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung verleitet, indem sie diesen vorsätzlich wahrheitswidrig Glauben machten, die HBLi hätte gegenüber der P***** AG (in Folge: PE AG) für tatsächlich erbrachte Leistungen eine Honorarforderung von 750.000 Euro zu erfüllen, weswegen der Genannte zwischen dem 4. und dem 8. August 2003 die Zahlung dieses Betrags an die PE AG veranlasste, wodurch die HBLi – mangels einer geldwerten Gegenleistung – einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden in der Höhe von 750.000 Euro erlitt, wobei
1./ Mag. Günter S***** als Vorstand der damaligen HBLi Mutter, der Hy***** AG (im Folgenden: HAAB) und Mitglied des Verwaltungsrats der HBLi in deren Verwaltungsratssitzung vom 15. Oktober 2002 in K***** und vom 3. Dezember 2002 in S***** gegenüber dem Geschäftsleiter der HBLi, Markus M***** vortäuschte, die PE AG würde im Zusammenhang mit einem rein innerhalb der Hy***** abgewickelten Projekt und auf der Basis eines – über seine Veranlassung – zwischen der HBLi und der PE AG abgeschlossenen Vermittlungsauftrags geldwerte Vermittlungsleistungen erbringen bzw hätte solche Leistungen erbracht und deswegen gegenüber der HBLi einen Honoraranspruch von 750.000 Euro erworben, und
2./ Dr. Gerhard K***** in K***** als zeichnungsbefugter Vorstand der PE AG
i./ am 21. November 2002 den Vermittlungsauftrag und die Honorarvereinbarung erstellte, unterfertigte und an die HBLi übermittelte, und
ii./ am 4. August 2003 die Honorarnote der PE AG über 750.000 Euro unterfertigte und an die HBLi mit dem Ersuchen übermittelte, den Betrag auf das Konto der PE AG zu überweisen.
Ihre dagegen gerichteten, getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden stützen Mag. Günter S***** auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO, Dr. Gerhard K***** auf § 281 Abs 1 Z 5, Z 5a und Z 9 lit a StPO.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mag. Günter S*****:
Das unter dem Titel „Einleitung“ erstattete Vorbringen, mit dem der Nichtigkeitswerber „das gesamte Geschäft, welches vom Erstgericht mangelhaft und lückenhaft beschrieben wurde, zur besseren Veranschaulichung darstellt“, lässt keinen Bezug zu den Nichtigkeitsgründen der §§ 281 Abs 1 und 281a StPO erkennen.
Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden von der Beschwerde nicht angesprochen) – über schuld oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS Justiz RS0106268).
Soweit sich der Nichtigkeitswerber gegen die Feststellungen wendet, wonach die Forderung der Hy***** gegenüber der G***** in Höhe von etwa 3,8 Mio Euro bereits auf ca 185.000 Euro wertberichtigt war (US 3) und wonach die beiden Angeklagten befreundet waren (US 4), thematisiert er keine entscheidenden Tatsachen.
Gleiches gilt in Ansehung der (ohnedies in Übereinstimmung mit der Beschwerdeauffassung) festgestellten gesellschaftsrechtlichen Stellung des Dr. Gerhard K***** innerhalb der PE AG sowie der Konstatierung, wonach es sich um ein rein innerhalb der Hy***** abgewickeltes Projekt handelte (jeweils US 3).
Der im Übrigen ohne den erforderlichen Aktenbezug (RIS Justiz RS0124172 [T9]) aufgestellten Beschwerdebehauptung (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Erstgericht in Ansehung der Feststellung, wonach es einen gemeinsamen Tatplan gab und die Angeklagten von Anfang an im bewussten und gewollten arbeitsteiligen Zusammenwirken als Mittäter agierten (US 4 f), die leugnende Verantwortung des Dr. Gerhard K***** keineswegs übergangen (US 6).
Mit der Behauptung, es lägen „überhaupt keine Beweisergebnisse vor, die eine Beeinflussung der PE AG durch den Erstangeklagten [Mag. Günter S*****] ergeben“, orientiert sich die Mängelrüge nicht an den Anfechtungskriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Gleiches gilt für den Einwand, es habe für den konstatierten gemeinsamen Tatplan von Anfang an „überhaupt keinen konkreten Beweis“ gegeben.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Feststellung wendet, wonach die Provision ohne wertadäquate Gegenleistung erfolgte (US 4, 10), beschränkt sie sich darauf, den tatrichterlichen Feststellungen eigene Erwägungen und Auffassungen gegenüberzustellen, ohne sich an den Anfechtungskriterien der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO zu orientieren.
Im Übrigen wendet sich der Beschwerdeführer, etwa mit der Behauptung, das Erstgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass es sich um eine mehr als 15 Jahre zurückliegende Transaktion handle und der Zugang zu den relevanten Unterlagen mangelhaft sei, bloß mit eigenen Beweiswerterwägungen im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässig gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Er geht zudem daran vorbei, dass die im Rechtsmittel weitwendig dargestellte Forderungstransaktion nicht entscheidend ist (US 4, 12).
Das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), wonach die Täuschungshandlung „nicht deutlich genug festgestellt“ sei, orientiert sich prozessordnungswidrig nicht an den tatrichterlichen Annahmen (US 4 f) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810, RS0099724).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Dr. Gerhard K*****:
Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellung, wonach die Angeklagten den Tatplan gemeinsam fassten (US 3 f) und von Anfang an in bewusstem und gewolltem arbeitsteiligen Zusammenwirken als Mittäter agierten, sowie der weiteren Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 5) begegnet deren Ableitung aus dem äußeren Geschehen (US 12 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken. Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen ist nämlich rechtsstaatlich vertretbar und bei – wie hier – leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS Justiz RS0116882, RS0098671).
Die leugnende Verantwortung des Nichtigkeitswerbers sowie die diesen entlastenden Aussagen des Mag. Günter S***** und des Zeugen Zoran Si***** haben die Tatrichter dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0106642) hinreichend berücksichtigt (US 6, US 8 f).
Dass bereits im Bericht an den Aufsichtsrat vom 5. März 2002 (Beilage ./2 ON 85 S 15) ein Beratungshonorar von 750.000 Euro angeführt ist, steht der Beschwerdeauffassung (Z 5 zweiter Fall) zuwider nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zur Feststellung des gemeinsamen Tatplans der Angeklagten (US 3).
Zu den Einwänden (Z 5 zweiter und vierter Fall) des Beschwerdeführers gegen die Feststellung seiner Freundschaft mit Mag. Günter S***** kann auf die diesbezügliche Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Genannten verwiesen werden.
Die Aussagen des Zeugen Mag. Kurt Ma*****, wonach er keine Wahrnehmung über eine Involvierung des Beschwerdeführers in dieses Geschäft gemacht hätte (ON 85 S 4), sowie des Zeugen Daniel L*****, wonach der Beschwerdeführer weder in ihrem Team noch im Zusammenhang mit der G***** irgendwie involviert gewesen sei (ON 85 S 9), stehen entgegen dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zu den bekämpften Feststellungen zum Wissen des Beschwerdeführers betreffend die fehlende Leistungserbringung sowie zu seinem Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz. Vielmehr beschränkt sich die Kritik darauf, die tatrichterlichen Feststellungen mit eigenen Auffassungen und Erwägungen zu den genannten Aussagen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu bekämpfen.
Der Vorwurf der unterlassenen gesonderten Erörterung (Z 5 zweiter Fall) der Aussagen des Zeugen Mag. Kurt Ma*****, wonach die Werthaltigmachung der Forderung im gegenständlichen Fall offenbar nicht hausintern geregelt wurde (ON 85 S 6), und des Daniel L*****, wonach es bei einem Erfolg durchaus in Ordnung sei, dass ein Beratungshonorar fließen könne (ON 85 S 9), geht daran vorbei, dass (erörterungsbedürftiger) Gegenstand von
Zeugenaussagen nur wahrgenommene Tatsachen sein können, nicht jedoch (wie hier) Meinungen oder Schlüsse (RIS-Justiz RS0097540).
Weshalb die nachträgliche Transferierung des betrügerisch herausgelockten Geldes vom Konto der PE AG auf ein privates Sparbuch des Beschwerdeführers und des Zoran Si***** (US 13) der Annahme des Vorsatzes auf unrechtmäßige Bereicherung der PE AG (US 5) entgegenstehen sollten, bleibt unverständlich (vgl RIS-Justiz RS0094145; Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 120).
Entgegen dem weiteren Einwand (Z 5 dritter Fall) sind die beiden Feststellungen, wonach die Angeklagten „sich und anderen mittelbar … über die PE AG“ einen ihnen nicht zustehenden Vermögensvorteil in Höhe von 750.000 Euro verschaffen wollten (US 3) und wonach die Angeklagten die PE AG in diesem Betrag unrechtmäßig bereichern wollten (US 5), ohne weiteres nach Denkgesetzen oder allgemeiner Lebenserfahrung miteinander in Einklang zu bringen (RIS Justiz RS0117402).
Soweit die Beschwerde (Z 5 vierter Fall) die Feststellungen zur geplanten und durchgeführten Forderungstransaktion sowie zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen der HBLi bekämpft, wendet sie sich nicht gegen entscheidende Tatsachen.
Bezüglich der Feststellung der tatsächlich erfolgten Zahlung verwiesen die Tatrichter entgegen der Behauptung der offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) – vom Beschwerdeführer prozessordnungswidrig übergangen (RIS-Justiz RS0119370) – auf die valutamäßige Buchung auf dem Konto der PE AG bei der Sparkasse B***** (US 5 iVm US 13). Im Übrigen ist die Frage, ob ein Vermögensschaden eingetreten ist, bloß für die – nicht subsumtionsrelevante – Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Tat von Bedeutung (RIS-Justiz RS0122137, RS0122138).
Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs und Vernunftsätzen eine unrichtige Lösung der Schuldfrage qualifiziert nahelegen (RIS Justiz RS0118780 [insbesondere T12]). Mit dem auch in diesem Zusammenhang vorgebrachten Hinweis auf den Bericht an den Aufsichtsrat der HAAB vom 5. März 2002, in dem bereits von einem Beratungshonorar von 750.000 Euro die Rede war, und die Gründung der PE AG (erst) am 23. September 2002 weckt der Beschwerdeführer keine Bedenken im dargestellten Sinn.
Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) die Feststellung der faktischen und wirtschaftlichen Beherrschung der PE AG durch den Nichtigkeitswerber (US 6, 8, 13) bekämpft, wendet sie sich nicht gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen und verfehlt schon solcherart ihr Ziel (vgl RIS Justiz RS0118780).
Die eine Täuschung der Geschäftsleitung sowie eine daraus resultierende Schädigung jeweils der HBLi in Abrede stellende Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich nicht an den gerade gegenteiligen Feststellungen (US 5, 10, 12) und geht damit am Bezugspunkt materiell rechtlicher Nichtigkeit vorbei (RIS Justiz RS0099724, RS0099810).
Gleiches gilt, soweit sie das Wissen des Nichtigkeitswerbers über das Fehlen einer werthaltigen Leistung für die Honorarforderung bestreitet (siehe aber US 5).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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