Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr.
Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** R*****, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in Thalheim bei Wels, wider die beklagten Parteien 1) U***** K*****, und 2) A***** Versicherungs-Aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch Mag. Rupert Primetshofer und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen 24.369,80 EUR sA und Feststellung (Revisionsinteresse 11.724,90 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. März 2017, GZ 2 R 23/17s 40, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Am Verkehrsunfall waren der Kläger als Radfahrer auf einem E-Bike sowie der Erstbeklagte als Lenker eines Pkw beteiligt. Der Unfall ereignete sich auf einer ungeregelten Kreuzung, an der weder das Vorschriftszeichen „Vorrang geben“ noch „Halt“ angebracht waren. Der Kläger war der von rechts Kommende. Die Breite des Mündungstrichters der Fahrbahn, aus der der Kläger kam, betrug am Beginn der Kreuzung 13,2 m. Zumindest 100 m entfernt von der Kreuzung war auf der Straße, auf der sich der Kläger der Kreuzung näherte, eine Kanalbaustelle eingerichtet. Aus diesem Grund stand a nnähernd in der Mitte des Mündungstrichters quer zur Längsrichtung der Fahrbahn ein ca 2,5 m langes Absperrgitter, auf dem das zur Kreuzung gerichtete Vorschriftszeichen „Fahrverbot“ (§ 52 lit a Z 1 StVO) mit dem Zusatz „Zufahrt bis zur Baustelle gestattet“ angebracht war. Die links und rechts dieses Absperrgitters jeweils verbleibende Fahrbahn war so breit, dass zweispurige Fahrzeuge sowohl links als auch rechts mühelos am Absperrgitter vorbeifahren konnten.
Die Beklagten relevieren in ihrer außerordentlichen Revision als erhebliche Rechtsfrage, ob angesichts des Absperrgitters die Straße, aus der der Kläger kam, abgewertet im Sinn des § 19 Abs 6 StVO war oder ob der Rechtsvorrang gemäß § 19 Abs 1 StVO galt. Sie vertreten die Ansicht, es sei § 19 Abs 6 StVO anzuwenden, weshalb der Erstbeklagte den Vorrang gehabt habe.
Die Beurteilung, ob eine Verkehrsfläche den in § 19 Abs 6 StVO angeführten Verkehrsflächen gleichzuhalten ist, hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Bei der Lösung dieser Frage kommt es daher nicht auf die jeweilige subjektive Betrachtungsweise der beteiligten Lenker, auf ihre besondere Ortskenntnis, sondern darauf an, ob sich die betreffende Verkehrsfläche in ihrer gesamten Anlage deutlich von sonstigen öffentlichen Straßen unterscheidet (RIS-Justiz RS0074490; vgl auch RS0074625; RS0074563). Im Zweifelsfall ist der Rechtsvorrang als gegeben anzunehmen (RIS-Justiz RS0074490 [T1]). Bei der Beurteilung, ob eine Verkehrsfläche unter § 19 Abs 6 StVO fällt, ist bedeutunglos, ob es sich um eine Sackgasse handelt (RIS-Justiz RS0074535). Was für Sackgassen gilt, gilt grundsätzlich auch für Straßen, für die ein eingeschränktes Fahrverbot gilt (RIS Justiz RS0074535 [T1]; RS0074490 [T6]).
Bei Beurteilung der Frage, ob eine Verkehrsfläche nach § 19 Abs 6 StVO benachrangt ist, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0074506). Ob eine bestimmte Verkehrsfläche unter § 19 Abs 6 StVO zu subsumieren ist, hat daher keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus, weshalb regelmäßig – von einer krassen Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen abgesehen – eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt (RIS-Justiz RS0074506 [T2]).
Das Berufungsgericht hielt den Rechtsvorrang (§ 19 Abs 1 StVO) für anwendbar und demgemäß die Straße, aus der der Kläger in die Kreuzung einfuhr, nicht als im Sinn des § 19 Abs 6 StVO abgewertet. Es ging daher von einer Vorrangverletzung des Erstbeklagten aus.
Im Licht der zitierten Rechtsprechung ist diese Beurteilung nicht korrekturbedürftig.
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