Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden und durch den Hofrat Dr. Schramm, die Hofrätin Dr. Fichtenau, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Ablehnungssache des Antragstellers Dr. A*****, vertreten durch Mag. Willibald Berger, Rechtsanwalt in Marchtrenk, über den Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 3. November 2015, GZ 4 R 196/14t 8, den
Beschluss
gefasst:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Rekursgerichts wird aufgehoben.
Die Ablehnungssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Begründung:
Beim Bezirksgericht Grieskirchen war zur AZ 1 P 30/04t (nunmehr 1 Pu 46/13t) ein Unterhaltsverfahren betreffend den mittlerweile volljährigen S***** und die mittlerweilige volljährige V***** sowie den minderjährigen L***** anhängig, im Zuge dessen der Vater der Kinder, Dr. A*****, die zuständige Rechtspflegerin ablehnte. Diesem Ablehnungsantrag wurde mit Beschluss vom 25. 6. 2009, GZ 1 Nc 5/09b 7, nicht stattgegeben.
Am 30. 9. 2014 beantragte der Ablehnungswerber diesen Beschluss im Wege eines Abänderungsantrags gemäß § 73 AußStrG dahin abzuändern, dass seinem Ablehnungsantrag gegen die Rechtspflegerin stattgegeben werde. Für diese Entscheidung ist die nunmehrige Vorsteherin des Bezirksgerichts Grieskirchen Frau Mag. Z***** zuständig. Noch bevor Mag. Z***** eine Entscheidung über den Abänderungsantrag getroffen hatte, brachte der Ablehnungswerber auch gegen diese einen Ablehnungsantrag ein.
Das Landesgericht Wels gab dem Ablehnungsantrag nicht Folge. Rechtlich ging es davon aus, dass aus der (angeblichen) Unrichtigkeit von Gerichtsentscheidungen keine Ablehnungsgründe abgeleitet werden könnten, weil die Richtigkeit von Entscheidungen nicht im Ablehnungs , sondern im Rechtsmittelverfahren zu überprüfen sei. Eine Verpflichtung des Richters zur Bekanntgabe möglicher Befangenheitsumstände an die Parteien sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Es begründe daher keinen Verfahrensverstoß, wenn die abgelehnte Richterin im Oppositionsverfahren AZ 4 C 66/07 des Bezirksgerichts Wels nicht vorab bekannt gegeben habe, im Zuge ihrer Richterausbildung sechs Monate in der Kanzlei desjenigen Rechtsanwalts gearbeitet zu haben, der in dem Verfahren als Vertreter der Gegenseite (der früheren Ehegattin des Ablehnungswerbers) aufgetreten sei. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass Ablehnungsentscheidungen nur verfahrensrechtliche Zwischenentscheidungen bilden und keine solche „über die Sache“ iSd § 73 AußStrG, weshalb sie weder durch eine Wiederaufnahmsklage noch durch einen Abänderungsantrag nach § 73 AußStrG beseitigt werden könnten. Es sei ausgeschlossen, dass bei Beurteilung dieser Rechtslage das sachliche Beurteilungsvermögen der abgelehnten Richterin getrübt sein könnte. Eine Befangenheit sei daher zu verneinen.
Gegen diese Entscheidung richtete sich der vom Ablehnungswerber selbst verfasste Rekurs, in dem als Rekursgründe falsche Tatsachenfeststellungen sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden und beantragt wurde, „allen Ablehnungsanträgen“ stattzugeben.
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht wies – ohne auf die Ablehnungsgründe inhaltlich einzugehen – den Rekurs des Ablehnungswerbers als unzulässig zurück. Als Begründung wurde ausgeführt, dass – lasse man die im Rekurs enthaltenen substanzlosen Anschuldigungen und Beschimpfungen beiseite – kein Sachvorbringen verbleibe, das einer Behandlung als Rekurs unterzogen werden könne, weshalb ein (nicht verbesserbares) „leeres“ Rechtsmittel vorliege. Unter einem verhängte das Rekursgericht wegen der im Rekurs enthaltenen beleidigenden Ausfälle eine Ordnungsstrafe. Nach Zulassungsvorstellung sprach das Rekursgericht aus, dass der Revisionsrekurs gegen den Beschluss über die Zurückweisung des Rekurses doch zulässig sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Ansicht, es liege ein nicht verbesserungsfähiges „leeres Rechtsmittel“ vor, im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit korrekturbedürftig sei.
Gegen diese Entscheidung erhob der Ablehnungswerber ein als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnetes Rechtsmittel mit dem sinngemäßes Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass seinem Abänderungsantrag stattgegeben werde.
Dem gleichzeitig erhobenen Rekurs gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe hat der Oberste Gerichtshof bereits mit Beschluss vom 22. 2. 2016, AZ 10 Ob 108/15b, nicht Folge gegeben.
In seinem – den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden – Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses macht der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen geltend, das Rekursgericht hätte sich inhaltlich mit seinem Rekursvorbringen auseinandersetzen müssen, wonach einer Befangenheitsanzeige der Gerichtsvorsteherin des Bezirksgerichts Grieskirchen Mag. Z***** in der Vergangenheit bereits stattgegeben worden sei und im Allgemeinen das Vorliegen einer (fortdauernden) Befangenheit anzunehmen sei, wenn ein Richter selbst bereits einmal seine Befangenheit angezeigt hat.
Das als Revisionsrekurs zu behandelnde Rechtsmittel ist im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrags berechtigt.
1. In Ablehnungssachen gegen Entscheidungen der zweiten Instanz ist ein weiterer Rechtsmittelzug grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Rechtsprechung die Regelung des § 24 Abs 2 JN als abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit im Ablehnungsverfahren auslegt (RIS Justiz RS0046010; Ballon in Fasching/Konecny 3 § 24 JN Rz 8). Dieser Rechtsmittelausschluss gilt auch im außerstreitigen Verfahren (RIS Justiz RS0007183) und für „außerordentliche Revisionsrekurse“ (1 Ob 50/07w mwN).
2. Wird im Ablehnungsverfahren ein Rekurs – wie im vorliegenden Fall – ohne meritorische Prüfung der Ablehnungsgründe aus formellen Gründen zurückgewiesen, ist der Revisionsrekurs aber nicht iSd § 24 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig. Das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen richtet sich dann nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in welchem die Ablehnung erfolgte (RIS Justiz RS0006000). Das sind hier die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes. Kommt § 24 Abs 2 JN nicht zur Anwendung, muss der Rechtszug an die dritte Instanz zwecks Prüfung dieser formellen Gründe – allerdings unter der Voraussetzung des § 62 Abs 1 AußStrG – offen stehen (RIS Justiz RS0044509).
3.1 Der Revisionsrekurswerber macht als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG geltend, sein Vorbringen im Rekurs sei fehlerhaft ausgelegt worden. Die fehlerhafte Auslegung des Parteienvorbringens wirft aber grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil jeweils nur eine einzelfallbezogene Lösung möglich ist; auch die Auslegung außerstreitiger Anträge ist einzelfallbezogen (RIS Justiz RS0041192 [T2], RS0042828 [T10]). Anderes gilt freilich dann, wenn bei der Auslegung des Parteivorbringens unterlaufene Verstöße gegen Denkgesetze oder eine Unvereinbarkeit mit dem Wortlaut aufgezeigt werden (RIS Justiz RS0042828 [T31]).
3.2 Im vorliegenden Fall ist die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung des Rekursvorbringens mit dem Wortlaut unvereinbar. Das Rekursvorbringen besteht zwar hauptsächlich in gegen das Gericht, die Justiz im Allgemeinen und gegen Einzelpersonen gerichtete beleidigenden Ausfällen. Darüber hinaus wird aber als Ablehnungsgrund geltend gemacht, dass einer Befangenheitsanzeige der Mag. Z***** in der Vergangenheit bereits einmal stattgegeben worden sei und im Allgemeinen das Vorliegen einer (fortdauernden) Befangenheit anzunehmen sei, wenn ein Richter selbst einmal seine Befangenheit angezeigt hat. Weiters wird ausgeführt, es liefe dem Interesse der Parteien an einem objektiven Verfahren zuwider, wenn ihre Angelegenheit von einem Richter entschieden würde, der selbst Bedenken geäußert habe, eine unvoreingenommene Entscheidung treffen zu können.
Im Hinblick auf dieses Vorbringen liegt jedenfalls kein Rekurs ohne jeglichen Inhalt („leeres Rechtsmittel“) vor.
Dem Revisionsekurs war daher Folge zu geben, die Entscheidung des Rekursgerichts aufzuheben und die Ablehnungssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen.
Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Rekursgericht inhaltlich mit dem Rekursvorbringen auseinanderzusetzen haben.
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