Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juli 2015 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zechner als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton S***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 dritter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Anton S***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 17. November 2014, GZ 17 Hv 52/14g 107, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Anton S***** wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen I./8./, 10./ und 15./, ferner in der zu den Schuldsprüchen gebildeten Subsumtionseinheit nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 dritter Fall StGB, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im Verfallsausspruch aufgehoben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte S***** und auch die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten Anton S***** fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Willi B***** enthält, wurde Anton S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 dritter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, auf die im Urteil bezeichnete Weise fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert Nachgenannten weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar
I./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Willi B*****
6./ am 12. Dezember 2012 in D***** der Else R***** Bargeld im Betrag von 200 Euro;
8./ zwischen 23. September 2013 und 29. September 2013 in L***** der Erika A***** Schmuck im Gesamtwert von etwa 44.000 Euro;
10./ am 10. Februar 2012 in F***** der Margaretha K*****;
15./ am 18. November 2013 in G***** der Maria L*****;
II./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Willi B***** und dem abgesondert verfolgten Alfons C*****
1./ am 14. Jänner 2014 in S***** der Hilda T***** eine Uhr und Schmuck im Wert von 16.000 Euro sowie Bargeld im Betrag von 150 Euro.
Dagegen richtet sich die aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Anton S*****.
In ihrer Stellungnahme weist bereits die Generalprokuratur zu Recht darauf hin, dass der Mängelrüge (nominell teilweise Z 5a) zum Teil Berechtigung zukommt, und zwar insoweit, als diese in Betreff der Schuldsprüche I./8./, 10./ und 15./ einen Begründungsmangel der Feststellungen zur Annahme der (Mit )Täterschaft des Anton S***** geltend macht.
Den Urteilsgründen zuwider lässt sich dies nämlich weder durch eine um den Tatzeitpunkt bzw mehrere Wochen vor Tatbegehung erfolgte Anmietung eines Fahrzeugs in Deutschland noch aus einer (zu I./10./ erfolgten) vagen Täterbeschreibung einer Zeugin (180 cm bis 185 cm groß, kurze Haare) ableiten (US 10, 11, 12). Auch der Hinweis des Erstgerichts auf das arbeitsteilige Zusammenwirken des Willi B***** mit anderen Personen lässt keinen im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO logischen Rückschluss auf die Täterschaft des von den Geschädigten nicht wiedererkannten Anton S***** zu (US 3 und 13).
Zu Recht wendet die Beschwerde beim Schuldspruch I./10./ zudem eine Unvollständigkeit der Begründung (nominell Z 5a, der Sache nach Z 5 zweiter Fall) ein. Wie die Tatrichter über die Angaben des Willi B***** hinwegkamen, er habe die „Masche“ zwei Mal mit einem anderen Typen durchgezogen, lassen die Entscheidungsgründe nämlich ebenso offen (ON 106 S 3) wie die gebotene Erörterung der Tatsache, dass die Zeugin K***** bei einer Lichtbildvorlage zwar Willi B***** , nicht aber Anton S***** wiedererkennen konnte (ON 47 S 147).
Aufgrund der aufgezeigten Begründungsmängel war die angefochtene Entscheidung wie aus dem Spruch ersichtlich schon bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben (§ 285e StPO).
Ein Eingehen auf das weitere die Schuldsprüche I./8./, 10./ und 15./ betreffende Vorbringen erübrigt sich daher.
Darüber hinaus ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht im Recht:
Zum Schuldspruch I./6./:
Aktenwidrig sind Entscheidungsgründe, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben (RIS Justiz RS0099547). Mit dem Einwand (Z 5 fünfter Fall), die Zeugin Else R***** habe den Beschwerdeführer nicht wenige Tage nach der Tat (US 8), sondern erst am 23. April 2013 wiedererkannt, wird ein Fehlzitat nicht einmal behauptet.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist der aus der Identifizierung des Anton S***** gezogene Schluss der Tatrichter auf die Täterschaft des Beschwerdeführers unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Soweit die Rüge auf das Fehlen einer Unterschrift am Protokoll über die Identifizierung anhand der Wahllichtbildvorlagen verweist und spekuliert, dass die Zeugin R***** diese allenfalls gar nicht vorgenommen habe (vgl ON 13 S 105), spricht sie keinen Aspekt dieses Nichtigkeitsgrundes an.
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) auf das Vorbringen der Mängelrüge verweist, verkennt sie die verschiedenen Ansätze der Nichtigkeitsgründe (RIS Justiz RS0115902). Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen, wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt wird dadurch nicht eröffnet (RIS Justiz RS0119583). Mit dem Hinweis, dass die Zeugin R***** den Beschwerdeführer teils unzutreffend beschrieben und in der Hauptverhandlung nicht wiedererkannt habe, gelingt es der Tatsachenrüge nicht, beim Obersten Gerichtshof solche gravierenden Bedenken zu erwecken. Die angeblichen Angaben der Zeugin, sie sei sich bereits bei der Polizei nicht sicher gewesen, finden sich im darüber aufgenommenen Protokoll nicht (vgl ON 74 S 30 f).
Zum Schuldspruch II./1./:
Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich darin, den beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter (US 13 f) eigene Beweiswerterwägungen zur Identifizierung des Angeklagten durch eine Zeugin entgegenzusetzen und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes. Z 5a verlangt nämlich, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen deutlich und bestimmt zu bezeichnenden Beweismaterial erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegender entscheidender Tatsachen zu entwickeln (RIS Justiz RS0119583).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) ist mit ihren Einwänden auf die Aufhebung der Subsumtionseinheit zu verweisen. Im Übrigen ist diese mit ihrer nicht aus dem Gesetz abgeleiteten Behauptung, die Schadensbeträge der einzelnen Diebstähle seien wegen der Selbständigkeit der Taten nicht zusammenzurechnen, auf die Bestimmung des § 29 StGB hinzuweisen (RIS Justiz RS0090834).
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Mit seiner Berufung waren der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang wird entsprechend § 29 StGB die Subsumtionseinheit betreffend aller dem Angeklagten Anton S***** (letztlich) zur Last liegenden Taten neu zu bilden sein (RIS Justiz RS0116734; Ratz , WK StPO § 289 Rz 10).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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