Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Weixelbraun Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Johann Sommer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** B*****, vertreten durch Dr. Clemens Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Viehböck Breiter Schenk Nau Rechtsanwälte OG in Mödling, wegen 70.000 EUR sA (Revisionsinteresse 20.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teil Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 13. August 2014, GZ 15 Ra 56/14v 30, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht vom 17. Dezember 2013, GZ 44 Cga 54/12x 24, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
1. Die Schlüssigkeit von Prozessbehauptungen kann nur anhand des konkreten Vorbringens im Einzelfall geprüft werden; daher ist deren Beurteilung regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0037780 [T10]). Auch die Frage, ob eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen oder das erstattete Vorbringen ausreichend spezifiziert ist, stellt eine Frage des Einzelfalls dar, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS Justiz RS0042828).
1.1 In der Entscheidung zu 7 Ob 88/01v hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die Bestätigung des klagsabweisenden Unschlüssigkeitsurteils durch das Berufungsgericht keine Fehlbeurteilung darstelle, zumal der Kläger lediglich eine erhebliche Umsatzsteigerung in dem von ihm betreuten Gebiet behauptet habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich aus dieser Entscheidung für den vorliegenden Fall kein Argument gewinnen, weil sich hier das Vorbringen des Klägers nicht auf die verba legalia des § 24 HVertrG 1993 beschränkt, sondern etwa auch das Betreiben und Offenhalten der Tankstelle als Begründung für die behauptete Neuzuführung von Kunden sowie die Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen umfasst hat. Der dem zitierten Beschluss zu 7 Ob 88/01v zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich daher vom vorliegenden Fall.
1.2 Zu 3 Ob 222/12m hat der Oberste Gerichtshof (mit Hinweis auf RIS Justiz RS0106003) festgehalten, dass die Behauptungs und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des Ausgleichsanspruchs der Handelsvertreter trägt; gelingt ihm der Beweis für die Zuführung neuer Kunden und der Nachweis der getätigten Geschäftsabschlüsse, so trifft ihn für die restlichen Anspruchsvoraussetzungen eine Beweiserleichterung; den Unternehmer hingegen trifft die Behauptungs und Beweislast dafür, dass die ihm durch den Handelsvertreter verschafften Verdienstchancen über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus keinen Bestand haben (3 Ob 222/12m). Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht hier ebenfalls entgegen der Ansicht der Revision nicht abgewichen, weil die Beklagte dem Kläger 74.400 EUR brutto als „ Ausgleichsanspruch für das Treibstoffgeschäft “ bereits vor Klagseinbringung überwiesen und damit einen Ausgleichsanspruch dem Grunde nach für diesen Geschäftszweig des Klägers nicht in Zweifel gezogen hat. Der Hinweis auf die Entscheidung zu 9 ObA 57/14v, in der die ständige Rechtsprechung zur Beweislastverteilung für die Anspruchsvoraussetzungen des § 24 HVertrG 1993 wiedergegeben wird, kann ebenfalls keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen.
Aus den in § 24 Abs 1 Z 2 HVertrG 1993 gebrauchten Worten „erzielen kann“ ergibt sich, dass es nicht nur auf tatsächlich erzielte, sondern auch auf potenziell erzielbare Vorteile des Geschäftsherrn oder seines Rechtsnachfolgers aus den vom Handelsvertreter akquirierten oder erweiterten Geschäftsverbindungen ankommt (RIS Justiz RS0112456; s dazu 8 ObA 9/15d). Auch mit diesem Rechtssatz steht die angefochtene Entscheidung nicht im Widerspruch.
1.3 Die (mehrfache) Bezugnahme der Beklagten auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz zu 12 Ra 7/13f insbesondere mit dem Argument, der Kläger habe keine Neuzuführung von Stammkunden behauptet, ist ebenfalls nicht geeignet, eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage aufzuwerfen, weil die Anonymität der Kunden einem Ausgleichsanspruch nicht entgegen steht (RIS Justiz RS0062649) und daher ein namentliches Anführen von Kunden nicht gefordert ist. Im Übrigen betreffen die von der Beklagen vermissten Feststellungen solche Tatsachen, die erst für die Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (nach § 273 ZPO) erforderlich sein werden.
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Tatsache, dass die Streitteile im Jänner 2007 einen neuen Tankstellenhauptvertrag abgeschlossen haben, der Kläger die S***** Tankstelle in *****, aber seit dem Jahr 1995 betrieb, sind für den hier fraglichen Grund des geltend gemachten Anspruchs nicht von Bedeutung, sondern betreffen nur seine Höhe.
3. Insgesamt vermag die außerordentliche Revision der Beklagten keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
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