Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 26. Februar 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Mag. Vas und Dr. Hausmann als Anwaltsrichter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. November 2013, AZ D 130/09, D 158/11, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer und des stellvertretenden Kammeranwalts Dr. Reif Breitwieser zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem auch einen Freispruch enthaltenden Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. November 2013, AZ D 130/09, D 158/11, wurde Dr. ***** der Verletzung von Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt, weil er
1./ als Vertreter des Jean-Luc E*****, des Roger E***** und der R***** F*****
a./ von der Er***** AG für seine Mandanten an Entschädigungsbeträge am 1. April 1998 1.700.000 ATS (123.543,82 Euro) und am 2. März 2004 603.184,52 Euro erhalten hatte und diese Beträge bis heute weder an seine Mandanten weiterleitete noch im Umfang der gegengerechneten Honoraransprüche, welche von seinen Mandanten bestritten wurden, gerichtlich hinterlegte, noch das Fremdgeld auf einem gesonderten Anderkonto verwahrte und erst am 13. Mai 2011 einen Teilbetrag von 114.805,67 Euro sowie am 20. Mai 2011 einen weiteren Teilbetrag von 247.077,46 Euro beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien hinterlegte, wobei die diesbzüglichen Erlagsgesuche erst am 5. Oktober 2011 bzw 6. September 2011 verfasst wurden;
b./ am 23. Dezember 2003 zu AZ 19 Cg 54/04g vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit der Er***** AG einen Vergleich ohne vorherige oder nachträgliche Zustimmung der R***** F***** abschloss und hierüber zumindest der R***** F***** jedenfalls bis 29. April 2011 nicht berichtete;
c./ der R***** F***** bis 29. April 2011 über die in lit a./ genannte Zahlung vom 2. März 2004 nicht berichtete;
2./ die Aufforderung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien zu AZ 06/03 2009/2527 vom 31. März 2009 trotz Urgenz vom 18. Mai 2009 nicht beantwortete.
Über den Diszplinarbeschuldigten wurde hierfür die Disziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer von 12 Monaten verhängt, wobei der Vollzug dieser Strafe im Ausmaß von acht Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Zugleich wurde er zum Ersatz der anteiligen Kosten des Disziplinarverfahrens verpflichtet.
Als erschwerend wertete der Diziplinarrat dabei das Zurückbehalten hoher Geldbeträge über mehr als 13 Jahre ohne detaillierte Kostenabrechnung und die erheblich verspätete und überdies dann mangelhafte Berichterstattung über die Zahlungen, die Betroffenheit mehrerer Personen von den Disziplinarvergehen, die bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht erfolgte Hinterlegung jenes Betrags, welcher der bestrittenen Kostenforderung entspricht, die doppelte Qualifikation (als Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes sowie Verletzung von Berufspflichten) sowie die „zahlreichen und teils einschlägigen“ Vorstrafen. Als mildernd wurde dem Berufungswerber hingegen die lange Verfahrensdauer zugute gehalten.
Dieses Erkenntnis bekämpft der Disziplinarbeschuldigte mit einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
In seiner Berufung führt der Disziplinarbeschuldigte ins Treffen, dass der Disziplinarrat einschlägige Vorstrafen als erschwerend erachtet hat, obgleich solche nicht vorlägen. Ungeachtet der Frage, in welchem Fall disziplinäre Vorerkenntnisse als „einschlägig“ zu werten sind, kommt allein schon dem Umstand erschwerender Charakter zu, dass der Disziplinarbeschuldigte drei nach §§ 74, 75 DSt noch nicht getilgte Vorstrafen aus den Jahren 2012 (D 129/08, D 166/10 und D 169/10 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien) aufweist.
Weiters reklamiert der Berufungswerber den unbeachtet gebliebenen Milderungsgrund des längeren Zurückliegens der zur Last gelegten Taten.
Dieser Umstand wurde in der angefochtenen Entscheidung jedoch insoweit berücksichtigt, als der Disziplinarrat von einer mildernd wirkenden langen Verfahrensdauer ausging, wobei anzumerken ist, dass diese Verzögerung jedenfalls teilweise auf das Verschulden des Disziplinarbeschuldigten zurückzuführen war, der sich trotz mehrfacher Aufforderung, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, erst mehr als zwei Jahre später über telefonische Intervention des Untersuchungskommissärs zu den wider ihn erhobenen Vorwürfen äußerte.
Nach dem weiteren Rechtsmittelvorbringen sei der Disziplinarbeschuldigte überdies als Alleinanwalt tätig und für eine nicht berufstätige Ehefrau sorgepflichtig, wobei die Nichtausübung der Rechtsanwaltschaft für auch nur vier Monate ihm und seiner kleinen Kanzlei sowie seiner Familie schwerwiegende und nicht wiedergutzumachende Schäden verursachen würde. Vielmehr sei aufgrund der Persönlichkeit und des Alters von Dr. ***** davon auszugehen, dass bereits die Androhung der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft genügen würde, um ihn von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten.
Angesichts des erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der mehrfachen Taten ist an der vom Disziplinarrat festgesetzten Disziplinarstrafe nichts auszusetzen. Dabei fällt ins Gewicht, dass der Disziplinarbeschuldigte mit seinen Handlungen das Ansehen der österreichischen Rechtsanwaltschaft auch im Ausland geschädigt hat. Diese Umstände rechtfertigen somit weder eine Herabsetzung der in der angefochtenen Entscheidung ausgemessenen Strafe noch deren gänzliche bedingte Nachsicht.
Der Berufung war daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt iVm § 36 Abs 2 DSt.
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