Der Oberste Gerichtshof hat am 14. März 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gansterer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Editha W***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 29. August 2013, GZ 49 Hv 9/13p 22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, der Angeklagten Editha W***** und ihres Verteidigers Dr. Steinbuch zu Recht erkannt:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Editha W***** von der Anklage freigesprochen, sie habe am 3. Oktober 2011 in M***** mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, die Richterin des Bezirksgerichts M*****, Mag. Bettina Z*****, im Verlassenschaftsverfahren AZ ***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, von dem am 25. September 2011 verstorbenen Erhard K***** in einem eigenhändigen Testament vom 2. September 2011 zur Alleinerbin eingesetzt worden zu sein, zu einer Handlung, nämlich zur Einantwortung des Nachlasses zu ihren Gunsten, wodurch Suhua C***** als berechtigte Erbin am Vermögen geschädigt werden sollte, zu verleiten versucht, wobei sie den Betrug beging, indem sie zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich ein gefälschtes, mit der nachgemachten Unterschrift des Erhard K***** versehenes „eigenhändiges“ Testament vom 2. September 2011, benützte und durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeizuführen suchte.
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist berechtigt.
Nach dem maßgeblichen Urteilssachverhalt habe Erhard K***** der Angeklagten am 3. September 2011, also etwa drei Wochen vor seinem Tod, ein Kuvert überreicht, in dem diese am 26. September (gemeint:) 2011 das inkriminierte Testament gefunden habe, welches sie als alleinige Erbin begünstigt habe. Bei diesem Testament handle es sich um eine gefälschte Urkunde, die nicht von Erhard K***** erstellt und unterschrieben worden sei. Vom Umstand der Fälschung habe die Angeklagte nichts gewusst, weshalb die Tatrichter vorsätzliches Handeln bei Vorlage dieses Testaments im Verlassenschaftsverfahren verneinten (US 3 f). Begründend verweisen sie unter anderem auf das schriftvergleichende Gutachten des Sachverständigen Norbert T*****, der dargelegt hat, dass das gefälschte Testament mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch „Nachahmung“ („Pausung“) des Textes einer Vergleichsurkunde, einer Vollmacht vom 6. Dezember 2006 (Beilage ./III zu ON 21), hergestellt worden sei (US 4 iVm ON 4 S 127 ff und ON 21 S 15 f und 32 ff). Das Erstgericht hat zusammengefasst den von der Staatsanwaltschaft als versuchten schweren Betrug beurteilten Sachverhalt in objektiver Hinsicht festgestellt und nur die subjektive Tatseite verneint.
Zutreffend wendet die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) ein, das Erstgericht habe sich mit den in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnissen, wonach sich diese Vollmachtsurkunde nach Aushändigung durch Erhard K***** im Jänner 2010 im Besitz der Angeklagten befunden habe (ON 13 S 13 und ON 21 S 2; vgl auch ON 4 S 89), im Rahmen der Beweiswürdigung nicht auseinandergesetzt. Da diese Urkunde nach (vom Erstgericht geteilter) Überzeugung des gerichtlich bestellten Sachverständigen die (einzige) Fälschungsvorlage gewesen sei, handelt es sich um ein erhebliches Verfahrensergebnis, das bei sonstiger Nichtigkeit nicht mit Stillschweigen übergangen werden durfte (RIS Justiz RS0098646, RS0099578).
Zudem lässt das angefochtene Urteil wie die Beschwerdeführerin ebenfalls mit Recht aufzeigt (der Sache nach Z 5 vierter Fall) eine logisch und empirisch haltbare Begründung vermissen (RIS Justiz RS0118317; vgl insbesondere 13 Os 109/12x), wie das inkriminierte Testament, das sich nach den Feststellungen durchgehend von der Übergabe durch Erhard K***** an die Angeklagte bis zur Vorlage bei der Todesfallaufnahme in deren Besitz befunden habe, ohne ihr Zutun (oder ihr Wissen) gefälscht worden sein soll. Die zentralen Erwägungen der Tatrichter, die Einholung eines schriftvergleichenden Gutachtens (im Zusammenhang mit dem Verlassenschaftsverfahren) durch die Angeklagte selbst (vgl ON 6 S 17 ff) und der von dieser hinterlassene persönliche Eindruck sprächen gegen vorsätzliches Handeln (US 6), entsprechen diesen Begründungserfordernissen nicht.
Die aufgezeigten Mängel machten in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur die Aufhebung des angefochtenen Urteils samt Rückverweisung der Sache an das Erstgericht unumgänglich. Eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens erübrigt sich somit.
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