Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski und Dr. Grohmann als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 33 Cg 23/10k anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dr. Paul A*****, vertreten durch die Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 1.546.521,02 EUR sA und Feststellung, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Akten werden dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zurückgestellt.
Begründung:
Der Kläger macht Amtshaftungsansprüche geltend, die er im Wesentlichen damit begründet, die Strafverfolgungsbehörden hätten gegen ihn im Oktober 2001 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, dieses aber ohne sachliche Rechtfertigung bis heute weder eingestellt noch zu einem anderen Ergebnis geführt. Während des laufenden Strafverfahrens könne er aufgrund bankrechtlicher Vorschriften seinen erlernten Beruf als Bankenvorstand nicht ausüben. Obwohl die Ermittlungen am 22. 4. 2003 abgeschlossen gewesen seien, sei dem Gericht bisher ein Schlussbericht nicht vorgelegt worden. Das Zuwarten der Staatsanwaltschaft Wien mit der Entscheidung über eine Anklageerhebung bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im Abgabenverfahren sei gesetzlich nicht gedeckt. Sowohl der Abbruch des Strafverfahrens nach § 412 StPO (bis zum Vorliegen des Schlussberichts der Finanzbehörden) als auch die darauffolgende „Prozesssperre“ seien eindeutig rechtswidrig gewesen. Die finanzbehördlichen Ermittler hätten den erhobenen Sachverhalt zeit und fachgerecht in Form eines Schlussberichts an das Strafgericht melden müssen. Stattdessen sei diesem der Schlussbericht neun Jahre lang vorenthalten und die mögliche Einstellung des Strafverfahrens somit rechtswidrig und schuldhaft verhindert worden.
Im Rahmen der Tagsatzung vom 1. 4. 2011 erörterte die Prozessrichterin, dass sich aus der Klagserzählung ergebe, dass „zumindest implizit“ auch Schritte des Oberlandesgerichts Wien im Zusammenhang mit der Verzögerung bzw Nichteinstellung des Verfahrens angesprochen würden; zumindest sei im Jahr 2009 ein Einstellungsantrag des Klägers durch das Oberlandesgericht Wien abschlägig beurteilt worden. Auch sei in der Klagserzählung die Einspruchserhebung gegen die Anklageschrift an das Oberlandesgericht Wien erwähnt worden, wobei bis dato keine Entscheidung ergangen sei. Zweckmäßigerweise sollten die Parteien einen einvernehmlichen Delegationsantrag stellen.
In der Folge regten die Parteien an, für den Fall einer Delegation nach § 9 Abs 4 AHG die Zuständigkeit des Landesgerichts Linz auszusprechen. Das Gericht habe mit den Parteien erörtert, dass aufgrund des Sachverhaltsvorbringens des Klägers § 9 Abs 4 AHG zur Anwendung kommen könnte.
Das Prozessgericht legte die Akten dem Obersten Gerichtshof mit dem Hinweis darauf vor, dass Ansprüche nicht nur aus dem Verhalten der Organe der Finanzbehörden und des Landesgerichts für Strafsachen Wien, sondern auch aus einer Entscheidung bzw Unterlassung von Organen des Oberlandesgerichts Wien abgeleitet würden.
Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen, weshalb die Akten dem Prozessgericht zur Weiterführung des Verfahrens zurückgestellt werden.
Richtig ist zwar, dass der Kläger in seiner Klage auch darauf hingewiesen hat, dass das Oberlandesgericht Wien einem Rechtsmittel gegen die Abweisung seines Einstellungsantrags mit der Begründung nicht Folge gegeben habe, dass ohne einen den Verdacht verneinenden Schlussbericht keine Gewissheit bestehen könne, dass eine weitere Verfolgung rechtlich unzulässig sei. Der Kläger behauptet dabei aber keineswegs die Unrichtigkeit dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien und leitet aus ihr auch keine Ersatzansprüche ab.
Gleiches gilt für das Vorbringen, dass der Kläger Einspruch gegen die Anklageschrift an das Oberlandesgericht Wien erhoben hat. Auch hier erhebt er keineswegs den Vorwurf, dass eine Entscheidung über diesen Einspruch rechtswidriger und schuldhafterweise verspätet erfolgt oder unterblieben ist. Er begründet die von ihm erhobenen Ansprüche auch ausschließlich mit Vorgängen, die bereits vor der Erhebung des Einspruchs abgelaufen sind.
Da somit kein anspruchsbegründender Vorwurf gegen Organe des Oberlandesgerichts Wien erhoben wird, sind auch die für Zivilsachen zuständigen Gerichtshöfe im Sprengel dieses Oberlandesgerichts nicht iSd § 9 Abs 4 AHG von der Verhandlung und Entscheidung im Amtshaftungsprozess ausgeschlossen.
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