Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kirnbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. November 2010, GZ 021 Hv 3/10b 127, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er von 9. Juli 2008 bis 13. August 2009 in Wien und anderen Orten Österreichs mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Betrug mit einem 3.000 Euro übersteigenden Schaden (§ 147 Abs 2 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in insgesamt 48 Fällen vierzehn im angefochtenen Urteil namentlich genannte Personen durch die wahrheitswidrige Behauptung, er sei aufgrund einer erwarteten Erbschaft ein rückzahlungswilliger und -fähiger Kreditnehmer und werde zudem im Gegenzug den von den Kreditgebern geleiteten Pfarrgemeinden beträchtliche Spenden zukommen lassen, zur Einräumung und Auszahlung von Darlehen in teilweise 3.000 Euro (A/2/f und j; 3/a und b; 4/b; 6/a-e und g; 7/I/a und b, 7/II/a-d; 8, 9/a; 10/b; B/3, 5 und 6) und insgesamt 50.000 Euro übersteigender Höhe von 960.378 Euro verleitet (A) und zu verleiten versucht (B), wodurch die Getäuschten persönlich oder die von diesen vertretenen Pfarrgemeinden in dieser Höhe am Vermögen geschädigt wurden (zu A im Ausmaß von zumindest 619.378 Euro) oder werden sollten (zu B im Ausmaß von zumindest 341.000 Euro).
Unmittelbar nach Verkündung dieses Urteils meldeten der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und die Staatsanwaltschaft Berufung dagegen an (ON 126 S 175).
Die Zustellung der Urteilsausfertigung (sowie des Hauptverhandlungsprotokolls) an die Verteidigerin des Angeklagten erfolgte im elektronischen Rechtsverkehr am 24. Dezember 2010 (elektronisch hinterlegt; vgl den Zustellnachweis ON 1 S 46 sowie das E-Mail des Bundesrechenzentrums vom 24. März 2011); der letzte Tag der vierwöchigen Frist des § 285 Abs 1 StPO war daher der 21. Jänner 2011. Die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde wurde dem Erstgericht (ebenfalls im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs) erst am 24. Jänner 2011 übermittelt (ON 131) und erweist sich demgemäß als verspätet.
Daran vermag auch die zudem unbescheinigte Behauptung des Beschwerdeführers in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 24 StPO) nichts zu ändern, wonach seine Verteidigerin erst am 25. Dezember 2010 durch eine an ihre E-Mailadresse gerichtete Nachricht des Support-Teams der Telekom Austria darüber informiert wurde, dass „ein Schriftstück zur Abholung im webERV bereit liegt“.
Entgegen der mit diesem Vorbringen ersichtlich vertretenen Auffassung kommt es im Fall der Zustellung einer Ausfertigung der bekämpften Entscheidung im elektronischen Rechtsverkehr für den Beginn des Laufs der Rechtsmittelfristen nämlich nicht darauf an, wann der Empfänger aufgrund einer persönlichen Vereinbarung von der Übermittlungsstelle (hier der Telekom Austria) über die Zustellung eines Schriftstücks in Kenntnis gesetzt wurde. Elektronisch übermittelte gerichtliche Erledigungen und Eingaben (§ 89a Abs 2 GOG) gelten vielmehr als zugestellt, sobald ihre Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (§ 89d Abs 2 GOG). Dass aber die bekämpfte Entscheidung bereits am 24. Dezember 2010 „vom Gericht im webERV hinterlegt“ wurde (und der Verteidigerin bei pflichtgemäßem täglichen Abruf des ERV Computersystems [vgl 15 Os 37/10w, 15 Os 39/10i = JBl 2010, 669] ab diesem Zeitpunkt zugänglich war), räumt der Beschwerdeführer selbst ein.
Die im Übrigen auch inhaltlich nicht erfolgversprechende Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, weil weder bei der Anmeldung noch in einer fristgerecht eingebrachten Ausführung einer der in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO oder im § 281a StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurde.
Dies hat die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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