Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bergmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Markus Z***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 1. Juli 2010, GZ 12 Hv 52/10y 39, ferner über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 4, Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus Z***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 25. Mai 2010 in Zeltweg Tina T***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und zu mehreren dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlungen genötigt, indem er sie an den Armen und am Oberkörper festhielt, ihr trotz wiederholter Gegenwehr durch Faustschläge sowie Tritte gegen seinen Körper und sein Gesicht und durch einen Biss in seine Hand Nase und Mund wiederholt zuhielt, bis sie keine Gegenwehr mehr leisten konnte, ihr weiters die Hose und den Slip herunterriss, mit seinem erigierten Penis in ihre Vagina eindrang und gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr vollzog, sie sodann umdrehte, mit dem Gesicht und dem Oberkörper gegen die Couch drückte, ihr weiterhin die Nase und den Mund zuhielt, seinen Penis in ihren After drückte und mit äußerster Brutalität den Analverkehr durchführte, in der Folge mit seiner Hand in ihre Vagina fuhr und zudem seine Hand bis über seine Handknöchel in ihren After einführte, wobei die Tat eine an sich schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich neben Kratzspuren im Gesicht und an der Nase einen hohen Scheideneinriss bis in den Fornix, einen Dammriss IV. Grades (gänzliche Durchtrennung des Schließmuskels), einen Einriss der Schleimhaut des Enddarms in einer Länge von 6 cm, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung bzw Berufsunfähigkeit zur Folge hatte.
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a, lit b und 10 StPO.
Der Mängelrüge (Z 5) ist zunächst grundsätzlich zu erwidern, dass die „Nichtfeststellung einer Tatsache“ niemals eine Aktenwidrigkeit begründen kann (11 Os 40/09f ua).
Das weitere Vorbringen zum Grad der Alkoholisierung des Angeklagten womit letztlich die Feststellung seiner Zurechnungsfähigkeit (US 10) angegriffen werden soll orientiert sich nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz , WK StPO § 281 Rz 394) und ignoriert vielmehr beharrlich die erstrichterliche Erörterung der psychiatrischen Expertise dazu (US 20 ff), die sich keineswegs auf eine Analyse der vom Angeklagten getrunkenen Alkoholmengen beschränkt. Darüber hinaus haben sich die Tatrichter dem Beschwerdevorwurf entgegen sehr wohl mit der Anzahl und Art der in zwei Lokalen konsumierten alkoholischen Mixgetränke auseinandergesetzt (US 6, US 13 ff) und kamen zum Ergebnis, dass es sich im ersten entweder um Bacardi Cola oder um Whisky Red Bull gehandelt hätte (US 14). Das genaue Verhältnis des angeblich geringfügig unterschiedlichen Alkoholgehalts dieser Mischungen ist den spekulativen Erwägungen des Rechtsmittelwerbers zuwider fallaktuell nicht entscheidungserheblich. Dies gilt auch für die exakte Anzahl der im zweiten Lokal zu sich genommenen Mixgetränke (US 10, 14 f).
Die Rechtsmittelausführungen zur (geringen) Menge des Konsums von Rum kurz vor der Tat (US 8, 17) und das Rauchen einer Marihuanazigarette (US 8, 17, 22) beschränken sich auf eigenständig beweiswürdigende Erwägungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Zur schweren Verletzung des Opfers bringt der Beschwerdeführer vor, die diesbezüglichen Feststellungen seien „mangelhaft“; aufgrund beeinträchtigter Steuerungsfähigkeit sei für den Angeklagten „zu keinem Zeitpunkt klar“ gewesen, dass er die Frau verletzen könnte; „aufgrund des erheblichen Alkoholkonsums“ sei ihm dazu „nicht einmal Fahrlässigkeit vorwerfbar“, „er wusste nicht mehr, was er tat“. Abgesehen von der Vermischung des subjektiven Tatbestands mit der Schuldfähigkeit wird solcherart ein Nichtigkeitsgrund nicht einmal ansatzweise dargestellt.
Die Bekämpfung der vom Erstgericht zu den Dauerfolgen getroffenen Feststellungen (US 11) betrifft weder die Schuldfrage noch die Subsumtion, sondern stellt sich als dislozierter Teil der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche dar.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen methodengerechten Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen sei, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810, RS0116565, RS0117247, RS0099724; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 584).
Die Rechtsrügen (Z 9 lit a, lit b, Z 10, der Sache nach nur Z 10) die mit einem Verweis auf die (wesensmäßig schon vom Ansatz her dogmatisch völlig verschiedene, vgl RIS Justiz RS0115902) Mängelrüge beginnen lassen eine Ausrichtung an diesen Kriterien gänzlich vermissen, indem sie die tatrichterlichen Konstatierungen ignorieren (US 10) oder mit eigenen beweiswürdigenden Spekulationen bestreiten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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