Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schilhan als Schriftführerin in der Strafsache gegen D***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Jugendschöffengericht vom 6. Juli 2010, GZ 11 Hv 63/10h 68, und über die Beschwerde des Angeklagten gegen die Beschlüsse nach §§ 50, 51 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil des Jugendschöffengerichts (vgl aber § 27 Abs 1 Z 2 JGG iVm § 5 Z 2 JGG) wurde der im Tatzeitpunkt 15 jährige D***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 7. Mai 2009 in H***** E***** vorsätzlich zu töten versucht, indem er ihr ein Seil, an dessen Enden Holzgriffe montiert waren, von rückwärts um den Hals legen, sie erdrosseln und anschließend einen Geschlechtsverkehr mit dem Leichnam ausführen wollte, wobei die Vollendung infolge der Gegenwehr der E***** unterblieb.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zunächst mehrfachen Aktenwidrigkeiten, ohne aber darzutun, inwieweit zwischen den Angaben der Entscheidungsgründe über eine Aussage und dem entsprechenden Protokoll selbst ein erheblicher Widerspruch besteht. Vielmehr bekämpft der Beschwerdeführer mit der Argumentation, aus den Beweisergebnissen wären andere, für den Angeklagten günstigere Schlüsse zu ziehen gewesen, lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Gleiches gilt für die auf keinen spezifischen Mangel iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO abstellenden Einwände gegen die Erwägungen der Tatrichter zur subjektiven Tatseite, mit denen der Rechtsmittelwerber seine in der Hauptverhandlung einen Tötungsvorsatz bestreitende Einlassung in den Vordergrund stellt, ohne auf die Darlegungen des erkennenden Gerichts (US 11 ff) einzugehen.
Soweit der Nichtigkeitswerber aus Passagen des (die Angaben des Jugendlichen zusammengefasst, solcherart verkürzt wiedergebenden) Befundes des psychiatrischen Sachverständigen (S 45 in ON 40) Schlussfolgerungen zu einem fehlenden Tötungsvorsatz zieht, zeigt er abermals keinen Begründungsmangel auf.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, die bereits zur Mängelrüge vorgebrachten Einwände zu wiederholen. Damit werden keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen aufgezeigt.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) argumentiert, dass die einen Rücktritt vom Versuch ausdrücklich ausschließenden Feststellungen des erkennenden Gerichts (US 7 und US 13 ff) „nicht zu überzeugen vermögen“. Indem der Beschwerdeführer anschließend aus den Beweisergebnissen eigenständig Konstatierungen ableitet und darauf aufbauend die Voraussetzungen für den Strafaufhebungsgrund nach § 16 Abs 1 StGB behauptet, orientiert er sich nicht am Anfechtungsrahmen des geltend gemachten materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes.
Da die darauf Bezug nehmende Kritik des Rechtsmittelwerbers wiederum nur die erstgerichtliche Beweiswürdigung zur Unfreiwilligkeit der Aufgabe des Tatentschlusses nach Art einer Schuldberufung bekämpft, bringt sie auch keinen Mangel iSd §
Mit der in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobenen Behauptung, der Angeklagte habe keinen Tötungsvorsatz gehabt, lässt die (abermals die vom erkennenden Gericht angestellten Erwägungen ignorierende, solcherart neuerlich keinen Begründungsmangel aufzeigende und bloß eigenständige Schlüsse aus dem Beweisverfahren ziehende) Beschwerde die Urteilsannahmen zu einem zumindest bedingten Tötungsvorsatz (US 7) außer Acht und verfehlt damit die Anfechtungskriterien des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sowie über die implizierte Beschwerde des Angeklagten (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Bleibt festzuhalten, dass durch das Budgetbegleitgesetz 2009 mit Wirkung vom 1. Juni 2009 (vgl Art VIII Abs 4c JGG 1988; Art 19 Z 3 Budgetbegleitgesetz 2009) § 27 Abs 1 JGG dahin gehend abgeändert wurde, dass in den in § 5 Z 2 JGG angeführten Fällen, also insbesondere auch beim Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB, nunmehr das Geschworenengericht für die Durchführung des Hauptverfahrens zuständig ist (vgl Schroll in WK 2 § 27 JGG Rz 3). Da allerdings keine der Beteiligten einen Antrag auf Fällung eines Unzuständigkeitsurteils stellte (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 495), hat dieser Verfahrensverfehler auf sich zu beruhen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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