Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juli 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Annerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Sasa D***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 148 erster Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Jänner 2009, GZ 054 Hv 22/07z-36, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil und der Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht aufgehoben, es wird eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an den Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit seiner Berufung und der Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sasa D***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 148 erster Fall, 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Ivica N***** als Mittäter (§ 12 StGB) gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz andere durch die Vorgabe, Suchtgift zu besitzen und verkaufen zu wollen, zur Übergabe von Bargeld verleitet (A) und zu verleiten versucht (B), wodurch die Getäuschten an ihrem Vermögen geschädigt wurden und werden sollten, indem er
A. Andreas S***** eine Kugel mit 0,8 Gramm weißem Pulver um einen Betrag von 50 Euro als Kokain verkaufte und
B. „insgesamt drei weitere Kugeln mit weißem Pulver und ein Säckchen mit krautähnlichem Inhalt zum Verkauf als Suchtgift an weitere Personen unmittelbar bereit hielt".
Der dagegen aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt schon aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu.
Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) die Urteilsannahme, wonach der Angeklagte bewusst bloß Suchtgift optisch ähnliche Substanzen als Suchtgift verkaufte und zum Verkauf bereit hielt, als unzureichend begründet moniert, wendet sie sich zutreffend gegen die Begründung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite.
Die Beweiswürdigung der Tatrichter erschöpft sich nämlich insoweit in der unbegründet gebliebenen Behauptung, der Angeklagte habe „unglaubwürdig" angegeben, „nicht gewusst zu haben, dass sich in den Kugeln tatsächlich kein Suchtgift befunden habe" (US 10), der wertungsfreien Wiedergabe der - diese leugnende Verantwortung stützenden - Bekundungen des abgesondert verfolgten Ivica N***** (US 10) und einem Verweis auf die - nach Ansicht der Tatrichter - „damit in unauflöslichem Widerspruch stehenden unmittelbaren Wahrnehmungen" (US 14) und die „detaillierten Ausführungen der eingeschrittenen Polizeibeamten" Ronald M***** und Viktor L***** (US 17), denen allerdings Anhaltspunkte für das Vorliegen der subjektiven Tatseite des Betrugs gerade nicht zu entnehmen sind. Zutreffend zeigt die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf, dass nach der Aktenlage die ermittelnden Kriminalbeamten die beiden später Festgenommenen vielmehr erst ab der Übergabe einer Kugel mit weißer Substanz an Andreas S***** beobachtet hatten, dabei selbst von einem Suchtgiftgeschäft ausgingen und demzufolge weder in ihrem Bericht zu einer auf Täuschung, unrechtmäßige Bereicherung oder Schädigung Dritter gerichteten Täterintention Stellung nahmen, noch Auskünfte über allenfalls davor erfolgte Manipulationen oder Vereinbarungen geben konnten, die Rückschlüsse auf Betrugsvorsatz zulassen würden (ON 2 S 115 ff).
Dazu kommt, dass die Urteilsannahmen zum Schuldspruch B (US 8, 9 f) eine Subsumtion des Täterverhaltens unter §§ 146, 148 erster Fall, 15 StGB mangels Feststellungen zu einer ausführungsnahen Handlung (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 123) nicht zu tragen vermögen, worauf die Beschwerde aus Z 9 lit a ebenfalls mit Recht hinweist. Schon der aufgezeigte Begründungsmangel führt bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zur Aufhebung des Urteils und des Beschlusses auf Widerruf bedingter Strafnachsicht, zur Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und zur Verweisung an den - zufolge Änderung des § 29 Abs 2 StPO (Wegfall des Einflusses der Bestimmung des § 39 StGB auf die Zuständigkeit) mit dem am 1. Juni 2009 in Kraft getretenen Budgetbegleitgesetz 2009 (BGBl I 2009/52) - nunmehr zuständigen Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien (§§ 285e, 288 Abs 2 Z 1, 514 Abs 5 vierter Satz StPO).
Mit seiner Berufung und der Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Da der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach § 389 StPO zu kassieren war, fallen dem Angeklagten auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
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