Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Walter B*****, vertreten durch Dr. Herbert Pfeifer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 11.350 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2006, GZ 3 R 178/05z-24, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 19. Juli 2005, GZ 7 Cg 236/02w-20, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 686,88 (darin EUR 114,48 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der Beklagte tritt in Österreich für eine Organisation mit der Bezeichnung „Africa Conservation Trust" auf. Er beauftragte die Klägerin im Namen der genannten Organisation, als deren „Chairman/CEO" er sich bezeichnete, mit dem Transport zweier Container mit medizinischen Gütern in eine afrikanische Hafenstadt. Nachdem die zuerst an eine österreichische und in weiterer Folge über Ersuchen des Beklagten an eine US-amerikanische Anschrift der Organisation gerichtete Rechnung nicht bezahlt worden war, bot der Beklagte namens des „Africa Conservation Trust" die monatliche Zahlung von EUR 500 an, was jedoch von der Klägerin nicht akzeptiert wurde.
Diese begehrte nun vom Beklagten die Zahlung des Rechnungsbetrags von EUR 11.350 samt Zinsen und brachte im Wesentlichen vor, der Beklagte sei im Namen einer nicht existierenden Rechtsperson aufgetreten und hafte somit der Klägerin als falsus procurator aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Klägerin habe ihre vertragliche Verpflichtung erfüllt; es liege am Beklagten, sich um die Ausfolgung der im Zielhafen angekommenen Container zu kümmern.
Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die Container seien am Bestimmungshafen nicht eingetroffen; sie seien dort nicht auffindbar. Der „Africa Conservation Trust" sei eine Gesellschaft nach amerikanischem Recht, für die er vertretungsbefugt sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Wohltätigkeitsorganisation „Africa Conservation Trust" sei ein nicht auf Gewinn ausgerichtetes Unternehmen mit Sitz in Virginia, USA. Der Beklagte sei Mitglied des wissenschaftlichen Beirats dieser Kooperation. Diese wäre auch bereit gewesen, die Transportkosten zu zahlen, sofern nachgewiesen worden wäre, dass die Container am Bestimmungsort angekommen sind. Ob die beiden Container im Bestimmungshafen eingelangt seien, sei ungeklärt geblieben. Das Verfahren habe keinen Anhaltspunkt dafür gebracht, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, namens des „Africa Conservation Trust" aufzutreten und für diesen Rechtsgeschäfte abzuschließen. Der Beklagte sei seiner Verpflichtung zur Offenlegung des Vertretungsverhältnisses ausreichend nachgekommen. Nicht er, sondern der „Africa Conservation Trust" sei Vertragspartner der Klägerin geworden.
Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die vom Erstgericht - ohne jegliche beweiswürdigende Begründung - getroffenen Feststellungen über den „Africa Conservation Trust" und die rechtliche Beziehung des Beklagten zu diesem seien einerseits vollkommen mangelhaft begründet und ließen andererseits auch keine abschließende Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen zu, ob es sich bei der genannten Organisation um eine juristische Person handelte und ob der Beklagte zu deren Vertretung berechtigt gewesen sei. Das Erstgericht werde daher im weiteren Verfahren die Rechtsnatur dieser Organisation mit den Parteien zu erörtern und eindeutige und zudem nachvollziehbar begründete Feststellungen zur Beurteilung deren Rechtspersönlichkeit sowie zur Vertretungsbefugnis des Beklagten zu treffen haben. Die Beweislast dafür treffe den Beklagten. Sollte der angeblich Vertretene als Rechtsperson nicht existieren oder der Beklagte nicht über ausreichende Vertretungsmacht verfügt haben, sei für die Haftung des Beklagten als Scheinvertreter gemäß § 49 IPRG österreichisches Recht heranzuziehen; da die Klägerin Kaufmannseigenschaft besitze, hafte der Beklagte dann nach Art 8 Nr 11 EVHGB auf das Erfüllungsinteresse. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtliche Negativfeststellung, wonach ungeklärt geblieben sei, ob die beiden Container tatsächlich im Bestimmungshafen eingelangt sind, nicht. Das Ersturteil sei insoweit mangelhaft begründet, weil das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung mit keinem Wort auf die vorliegenden Beweisergebnisse eingehe. Vor einer neuerlichen Entscheidung bedürfe es auch noch einer Erörterung der auf den gegenständlichen „multimodalen" Beförderungsvertrag anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen mit den Parteien. Der Beklagte habe in erster Instanz auf die Geltung der „FBL - Allgemeine Bedingungen für das Fiata Combined Transport Bill of Lading" verwiesen, das von § 617 HGB abweichende Vereinbarungen über die Verpflichtung zur Zahlung der Fracht enthalte. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Beweislastverteilung in jenen Fällen, in denen der Geschäftspartner vom (Schein )Vertreter Erfüllung oder Schadenersatz mit der Behauptung begehrt, dass der angeblich Vertretene gar nicht existiert habe, fehle; auch zur Auslegung des Art 14 FBL und des § 617 HGB sei keine höchstgerichtliche Judikatur aufgefunden worden. Der dagegen erhobene Rekurs des Beklagten erweist sich als unzulässig, weil darin keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen wird.
Soweit sich der Rekurswerber mit der vom Berufungsgericht angesprochenen Beweislastfrage auseinandersetzt, ist festzuhalten, dass das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen über die Existenz des „Africa Conservation Trust" als Rechtssubjekt nicht übernommen bzw als unvollständig angesehen und dem Erstgericht insoweit eine Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage aufgetragen hat. Solange nicht feststeht, ob es im fortgesetzten Verfahren gelingen wird, zum genannten Beweisthema eindeutige Feststellungen zu treffen, stellt sich die Frage nach der Beweislast nicht. Es ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, Rechtsfragen zu beantworten, die für die Entscheidung im konkreten Fall möglicherweise gar nicht von Bedeutung sind. Im Übrigen tritt der Rekurswerber der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass Art 8 Nr 11 EVHGB auch auf die Fälle der Nichtexistenz des angeblich Vertretenen (sinngemäß) anzuwenden ist (vgl nur RIS-Justiz RS0061131, RS0019695), nicht entgegen. Diese Bestimmung legt für die (ausreichende) Vertretungsmacht explizit die Beweislast des Vertreters fest, was gleichermaßen für die Frage der Existenz des angeblich Vertretenen gelten muss. Bei derart eindeutiger Rechtslage liegt eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht vor, zumal auch der Rekurswerber seine gegenteilige Auffassung gar nicht sachlich zu begründen versucht.
Da weiters ungeklärt ist, ob das Frachtgut am Bestimmungsort angekommen und abholbereit ist, weil auch dies erst im fortgesetzten Verfahren festgestellt werden muss, erübrigen sich derzeit auch Erörterungen über die Auslegung bestimmter Bestimmungen der „FBL", deren Anwendbarkeit der Rekurswerber im Übrigen bestreitet, bzw des § 617 HGB. Erst wenn über die wesentlichen Sachverhaltselemente Klarheit besteht, kann abgesehen werden, welche der in Betracht kommenden Bestimmungen überhaupt rechtlich von Bedeutung sein können. Entgegen der Auffassung des Rekurswerbers besteht derzeit keine Veranlassung zur Annahme, die Klägerin wäre ihrer Verpflichtung zum Transport bzw zum Bereithalten zur Abholung am Bestimmungsort nicht nachgekommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Der Rekursgegnerin, die auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, steht der Ersatz der Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu.
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