Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Kreibich Kleibel Kommanditpartnerschaft in Salzburg, wegen 17.880,10 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 9. November 2005, GZ 5 R 79/05i-18, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 12. August 2005, GZ 57 Cg 29/05h-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.000,98 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 166,83 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die klagende Partei, die ihren Sitz in Innsbruck hat, begehrte mit ihrer beim Landesgericht Innsbruck eingebrachten Klage von der beklagten Partei, die ihren Sitz in Salzburg hat, 17.880,10 EUR sA als Schadenersatz wegen (listiger) Irreführung, allenfalls Vertragsverletzung sowie ungerechtfertigter Bereicherung. Sie sei von der beklagten Partei mit der Erbringung von Speditionsleistungen beauftragt worden, auf dieses Geschäft seien die Bestimmungen der Allgemeinen österreichischen Speditionsbedingungen (AÖSp) anzuwenden. Danach sei die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gemäß § 65 lit b AÖSp gegeben.
Die beklagte Partei erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit und führte hiezu aus, sie sei selbst Spediteur und kontrahiere ausschließlich nach den AÖSp. Daraus ergebe sich, dass das Landesgericht Salzburg sachlich und örtlich zuständig sei (§ 75 Abs 1 JN).
Unstrittig ist, dass in Bezug auf das nach den Klagebehauptungen den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Rechtsgeschäft kein urkundlicher Beleg über eine zwischen den Streitteilen abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarung für Innsbruck existiert. Das Erstgericht wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Der Gerichtsstand des § 65 lit b AÖSp werde nicht schon durch die generelle Unterwerfung unter die AÖSp begründet, sondern erfordere eine ausdrückliche Zuständigkeitsvereinbarung der Streitteile, wobei § 104 Abs 1 JN den urkundlichen Nachweis der Zuständigkeitsvereinbarung verlange.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil jüngere Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 65 lit b AÖSp im Bestreitungsfall eines urkundlichen Nachweises der Gerichtsstandsvereinbarung oder der Geltung der dieser Gerichtsstandsvereinbarung enthaltenden AÖSp bedürfe. Das Rekursgericht schloss sich der erstgerichtlichen Begründung des Zurückweisungsbeschlusses an. Der urkundliche Nachweis der Gerichtsstandsvereinbarung sei (im Bestreitungsfall) unabdingbar. Der Revisionsrekurs der klagenden Partei, mit dem sie die Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen dahin anstrebt, dass das angerufene Landesgericht Innsbruck für örtlich zuständig erklärt werde, ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Rekursgerichts (§ 526 Abs 2 zweiter Satz ZPO) - nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat noch zur fast gleichlautenden Bestimmung des § 67 AÖSp aF zu 6 Ob 25/66 (= SZ 39/17 = EvBl 1966/240) ausgesprochen, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung selbst dann des urkundlichen Nachweises bedarf, wenn bei Rechtsgeschäften zwischen Spediteuren die AÖSp als stillschweigend vereinbart gelten. Diesen Grundsatz hat der Oberste Gerichtshof auch noch in zwei späteren Entscheidungen (6 Ob 239/74 = SZ 47/146; 6 Ob 738/76 = HS 11.879; RIS-Justiz RS0046747) bekräftigt. Dieser Auffassung sind Simotta (in Fasching/Konecny2 § 104 JN Rz 53) und Schütz (in Straube3 Anh I zu § 415 HGB, § 65 AÖSp Rz 2 f - ungeachtet der späteren Änderung und Neufassung des § 65 AÖSp mit der AÖSp-Novelle 1989 gefolgt. Das Rekursgericht ist daher gesicherter Rsp des Obersten Gerichtshofs gefolgt, die auch im Schrifttum nicht auf (beachtliche) Kritik gestoßen ist (vgl Kodek in Rechberger2 § 502 ZPO Rz 3; Zechner in Fasching/Konecny2 § 502 Rz 29 mwN).
Da die klagende Partei keine substantiellen Zweifel an der Richtigkeit der bisherigen Rsp des Obersten Gerichtshofs hervorzurufen vermag, liegt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO vor (Zechner aaO mwN). Weder die „Globalisierung und Dynamisierung des Wirtschaftslebens" noch moderne technische Hilfsmittel des (internationalen) Handelsverkehrs lassen den Zweck des Erfordernisses eines urkundlichen Nachweises, der darin liegt, Einwendungen und verfahrensaufwendige Beweisaufnahmen im Zuständigkeitsstreit und damit Zuständigkeitsstreitigkeiten überhaupt nach Tunlichkeit auszuschließen, in den Hintergrund treten. Das Erfordernis des urkundlichen Nachweises hat nicht nur Beweissicherungsfunktion, sondern soll auch Übereilungsschutz bieten (Warnfunktion). Dass im Falle grenzüberschreitender Prozesse anderes gilt (vgl. Art 23 Abs 1 lit b EuGVVO; Art 17 LGVÜ) zwingt keineswegs zu einer Änderung der Beurteilung reiner Inlandssachverhalte, zumal ein allenfalls höheres inländisches Schutzniveau demjenigen zugutekommt, der allenfalls höhere Risken grenzüberschreitender Vertragsbeziehungen meidet.
Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Revisionsrekurses hingewiesen.
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