Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Manuela Majeranowski in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Manfred R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei IAF Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Insolvenz Ausfallgeld (EUR 76.720,94) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. September 2005, GZ 10 Rs 60/05z 89, mit dem das Urteil des Landesgerichts Krems a. d. Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Februar 2005, GZ 15 Cgs 86/99k 84, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der Kläger war beim Verein Art Austrian Reporter Team (in der Folge: Verein) vom 28. 12. 1993 bis 6. 6. 1994 als Vereinssekretär bzw Chefredakteur angestellt. Mit rechtskräftigem Teilurteil des ASG Wien vom 5. 5. 1997 (21 CgA 12/96d) wurde der Verein schuldig erkannt, dem Kläger ATS 946.011,92 brutto (68.749,36 EUR) sA sowie die Prozesskosten von ATS 109.691,33 (EUR 7.971,58) zu bezahlen. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft. Ein Exekutionsverfahren oder sonstige Betreibungsversuche hat der Kläger gegenüber dem Verein nicht angestrengt.
Am 8. 2. 1999 stellte der Kläger beim Landesgericht Krems a. d. Donau den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Vereins. Er brachte vor, dass der Verein seinen Sitz in der K***** in ***** H***** habe und durch Frau Margarete B*****, die ebendort aufhältig sei, vertreten werde. Der Verein sei zahlungsunfähig und überschuldet und habe mehrere Gläubiger. Als kostendeckendes Vermögen seien ein Guthaben bei der Wiener Gebietskrankenkasse von ATS 10.000, eine komplette Computeranlage im Wert von ATS 100.000 Neuwert, ein PKW der Marke „Rover" mit Listenpreis von ca. 90.000 (Liebhaberwert) sowie Außenstände in Höhe von ca. 500.000 ATS vorhanden. Das Konkursgericht schaffte einen Auszug aus dem Vereinsregister der Bezirkshauptmannschaft Krems, einen Grundbuchsauszug, das Pfändungsprotokoll, einen Auszug aus dem Exekutionsregister und „allenfalls" ein im letzten Jahr abgelegtes Vermögensverzeichnis bei. Der organschaftlichen Vertreterin Mag. B***** wurde auch der Erlag eines Kostenvorschusses von ATS 50.000 sowie die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses aufgetragen. Weder der Antrag auf Konkurseröffnung noch die Ladung zu der für den 3. 3. 1999 anberaumten Tagsatzung konnten ihr zugestellt werden. Sie langten mit dem Vermerk „verzogen" an das Konkursgericht zurück. Von der Bezirkshauptmannschaft Krems wurde mitgeteilt, dass ein Verein „A*****" im Verwaltungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Krems nicht existiert. Eine Grundbuchsabfrage betreffend allfälligen Grundbesitz des Vereins verlief negativ. Auch der Kläger konnte zur Tagsatzung am 3. 3. 1999 nicht geladen werden, weil er an der von ihm angegebenen Adresse unbekannt war. Am 25. 3. 1999 fasste das Konkursgericht nachfolgenden Beschluss: „ Der Antrag über das Vermögen des Vereines ... den Konkurs zu eröffnen, wird zurückgewiesen." Als Begründung wurde ausgeführt: " Nach der Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Krems ... ist ein Verein A***** im Verwaltungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Krems nicht existent. Es existiert daher kein konkursfähiger Antragsgegner." Der Beschluss wurde dem Kläger gemäß § 8 ZustG ohne vorhergehenden Zustellversuch durch Hinterlegung zugestellt.
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 27. 9. 1999 wurde der Antrag des Klägers vom 5. 8. 1999 auf Insolvenz Ausfallgeld mit der Begründung abgelehnt, dass die Zurückweisung eines Konkursantrages aus formellen Gründen keinen Anspruch auf Insolvenz Ausfallgeld begründe. Der Kläger begehrt Insolvenz Ausfallgeld von EUR 76.720,94. Er habe mit dem Verein am 28. 12. 1993 einen Dienstvertrag als Vereinssekretär und ab 1. 2. 1994 zusätzlich als Chefredakteur zu einem Bruttomonatsbezug von ATS 59.000 zzgl Spesenersatz abgeschlossen.
Der Verein sei mit Bescheid vom 1. 3. 1995 behördlich aufgelöst worden, besitze aber noch Vermögen; eine Vollbeendigung sei nicht erfolgt. Das Vermögen des Vereins bestehe aus einem Anspruch gegen die Wiener Gebietskrankenkasse von etwa EUR 700, des weiteren sei auch ein PKW Baujahr 1983 vorhanden. Insgesamt liege sohin ein Sachverhalt vor, der der Konkurseröffnung gleichgestellt sei, nämlich die Auflösung eines Vereins gemäß § 24 VerG. Der Kläger habe keinesfalls Agenden der Vereinsleitung wahrnehmen sollen, sondern sei vielmehr nach Wechsel der Funktion als Obmann als schlichter Angestellter an Weisungen der Obfrau gebunden gewesen.
Die beklagte Partei bestritt. Anspruch auf Insolvenz Ausfallgeld gebühre nur bei Vorliegen eines Tatbestandes nach § 1 Abs 1 IESG. Die Abweisung eines Konkursantrags aus formalen Gründen schaffe keinen Anspruch auf Insolvenz Ausfallgeld. Überdies sei der Kläger Obmann des Vereins gewesen und habe auch nach Abschluss des Dienstvertrags Einfluss auf den Verein ausgeübt und als Bevollmächtigter Rechtsgeschäfte und rechtsverbindliche Erklärungen für den Verein geschlossen bzw abgegeben. Er habe unternehmertypische Handlungen gesetzt. Auf Grund der atypischen Konstruktion des Dienstverhältnisses sei davon auszugehen, dass der Kläger in einem Näheverhältnis der Obfrau gestanden sei, über die finanziellen Verhältnisse Bescheid gewusst habe und behauptet habe Privatvermögen investiert zu haben. Eine solche Vorgehensweise halte dem Fremdvergleich nicht stand.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe in seinem Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Vereins ua angegeben, dass der Verein bereits aufgelöst sei. Ebenso habe er behauptet, dass der Verein über kostendeckendes Vermögen verfüge und eintreibbare Außenstände in nicht unbeträchtlicher Höhe vorhanden seien. Die vom Konkursgericht durchgeführten Erhebungen haben zu dem Ergebnis geführt, dass der Verein im Sprengel des Landesgerichts Krems nicht existent sei und die ehemalige Obfrau unbekannt verzogen sei. Das Konkursgericht habe über keine Informationen verfügt, die es ihm ermöglicht hätten zu entscheiden, ob die grundlegenden Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung gegeben waren oder nicht. In dieser Situation habe es den Beschluss vom 25. 3. 1999 gefasst. Dieser Beschluss stelle inhaltlich weder eine Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses mangels hinreichenden Vermögens noch eine Ablehnung der Eröffnung des Konkurses gemäß § 68 KO und auch keine Zurückweisung des Konkurseröffnungsantrags wegen örtlicher Unzuständigkeit gemäß § 64 KO dar. Tatsächlich habe das Konkursgericht den Antrag des Klägers zurückgewiesen, weil ihm keine hinreichenden Informationen für eine inhaltliche Beurteilung der Begründetheit des Konkurseröffnungsantrags zur Verfügung gestanden seien.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stünden die einer Konkurseröffnung gleich zu haltenden Tatbestände, wenn es die Teleologie bzw der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung gebiete, für eine vorsichtige Analogie offen. Der Oberste Gerichtshof sei daher zur Ansicht gelangt, dass die amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 2 AlöschG unter § 1 Abs 1 Z 3 IESG (Ablehnung eines Antrags auf Eröffnung des Konkurses mangels hinreichenden Vermögens) zu subsumieren sei.
Des weiteren habe der Oberste Gerichtshof in einem Fall, in dem das Konkursgericht den Konkurseröffnungsantrag „mangels Nachweises eines verwertbaren Vermögens" abgewiesen, in der Begründung der Entscheidung jedoch ausgeführt habe, dass die amtswegigen Erhebungen den Mangel jeglichen Vermögens ergeben hätten, dies ebenfalls unter § 1 Abs 1 Z 3 IESG subsumiert.
Im vorliegenden Fall komme eine erweiternde Auslegung nicht in Betracht, weil der Beschluss des Konkursgerichts hinsichtlich der Zurückweisung des Konkursantrags des Klägers weder im Spruch noch in den Entscheidungsgründen einen Hinweis darauf enthalte, dass das Konkursgericht davon ausgegangen wäre, dass ein hinreichendes Vermögen nicht bestehe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses aus formalen Gründen erfolgte, nämlich wegen der Nichtexistenz eines konkursfähigen Antragsgegners. Die Abweisung eines Konkursantrags aus formalen Gründen gebe jedoch keinen Anspruch auf IAG.
Auch die Unterstellung unter die im § 1 Abs 1 Z 4 und 5 IESG genannten Sicherungstatbestände komme nicht in Betracht. Der Konkurseröffnung gleichgestellt sei die Ablehnung der Eröffnung des Konkurses gemäß § 68 KO. Nach dieser Bestimmung werde die Eröffnung des Konkurses deshalb abgelehnt, weil eine juristische Person aufgelöst und das Vermögen bereits verteilt ist. Auch diese Umstände könnten dem Zurückweisungsbeschluss des Konkursgerichts nicht entnommen werden. Dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Z 5 IESG gegeben wären, werde in der Berufung nicht mehr behauptet.
Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil - soweit ersichtlich - der Oberste Gerichtshof noch nicht zu der Frage Stellung genommen habe, ob ein Zurückweisungsbeschluss wie der Gegenständliche im Konkursverfahren einem Sicherungstatbestand iSd § 1 Abs 1 IESG gleichzuhalten sei.
Die Revision des Klägers ist entgegen der, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Auffassung des Berufungsgerichts unzulässig. Der Entscheidung kommt aus den in der Folge darzulegenden Gründen keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende, weitreichende Bedeutung zu.
Kernstück der Rechtsrüge bildet die Auffassung des Rechtsmittelwerbers, dass die in § 1 Abs 1 Z 3 bis 5 einer Konkurseröffnung gleichgestellten Tatbestände analog auf den gegenständlichen Fall anzuwenden seien. Der Zweck des § 1 IESG liege darin, dass sich ein Arbeitnehmer, dem sein Arbeitgeber entweder durch Insolvenz oder durch Ablehnung eines Antrags auf Konkurseröffnung mangels hinreichenden Vermögens, durch Auflösung ohne Zurückbleiben von Vermögen oder auf andere gleichartige Weise abhanden komme, mit seinen aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden finanziellen Ansprüchen an den Insolvenzausfall Geld Fond wenden könne. Die Situation des Revisionswerbers im konkreten Fall sei zumindest ebenso schützwürdig wie andere Sachverhalte, die vom § 1 IESG erfasst seien. Der Revisionswerber sei Angestellter eines ehemals existierenden Vereins gewesen und habe gegen diesen Anspruch auf Zahlung des Klagsbetrags. Dieser Dienstgeber sei ihm dadurch abhanden gekommen, dass er per 1. 3. 1995 aufgelöst worden sei und daher ab diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht mehr existent gewesen sei. Die Feststellungen hätten ergeben, dass „aus den Registern kein Vermögen des Vereins hervorgehe". Der Revisionswerber habe zwar in erster Instanz das Vorhandensein von Vermögen behauptet, der diesbezügliche Beweis sei ihm jedoch misslungen. Es sei daher davon auszugehen, dass der amtswegig aufgelöste Verein über kein Vermögen mehr verfüge. Es wäre mit dem Normzweck des § 1 IESG unvereinbar, würde man einem Arbeitnehmer Insolvenz Ausfallgeld nur deshalb versagen, weil der Arbeitnehmer zwar Vorhandensein vom Vermögen vermutet habe, ihm aber der Nachweis des Vermögens wegen Auflösung der Rechtsperson und Abhandenkommen der Obfrau des dienstgebenden Vereins und wegen Mangel an Beweisen nicht möglich sei. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass der Dienstgeber völlig vermögenslos gewesen sei.
Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten: Der Revisionswerber erkennt offenbar selbst, dass seine erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung der Verein sei vermögenslos , eine seinem bisherigen Vorbringen krass widersprechende Neuerung darstellt. Auch im Berufungsverfahren begehrte der Revisionswerber nämlich die ergänzende Feststellung, dass der Verein über „Vermögen verfügte und dieses bis zum Konkursantrag nicht verteilt war" (S 3 der Berufung). Bei seinen Ausführungen geht der Rechtsmittelwerber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Weiters übergeht er den Umstand, dass die Tatbestände des § 1 Abs 1 Z 3 bis 5 IESG sämtliche die
Wie auch bei sonstigen juristischen Personen ist zwischen der Auflösung des Vereins (§ 24 und § 26 VerG) und der Vollbeendigung nach Verteilung des gesamten Vermögens zu unterscheiden (9 ObA 17/96 = ARG 4773/15/96).
Dass hier der Fall einer amtswegigen Löschung wegen Vermögenslosigkeit vorliegt, ergibt sich weder aus dem Sachverhalt noch wurde es behauptet (vgl 8 ObS 60/00g). Der Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 4 IESG setzt ebenfalls voraus, dass nach Auflösung einer juristischen Person oder einer Handelsgesellschaft das Vermögen verteilt wurde. Bei Schaffung des § 1 Abs 1 Z 5 IESG ist nur an jene Fälle gedacht worden, in denen der Arbeitgeber nicht mehr auffindbar und kein Vermögen im Inland vorhanden ist (Liebeg IESG² § 1 Rz 120).
Auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die analoge Anwendung eines der in § 1 Abs 1 IESG angeführten Tatbestände auf den Fall zu erfolgen hat, dass ein Verein von der Vereinsbehörde aufgelöst wurde und wegen völliger Vermögenslosigkeit als „voll beendet" anzusehen ist, ist somit nicht einzugehen, da im vorliegenden Fall das Erfordernis der Vermögenslosigkeit gerade nicht festgestellt wurde.
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
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