Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Besenböck als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gora K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen räuberischen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster Fall, 131 erster Fall StGB, AZ 622 Hv 8/05i des Landesgerichtes Korneuburg, über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 12. Mai 2005, GZ 622 Hv 8/05i-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, sowie des Verteidigers Dr. Perl zu Recht erkannt:
I. Das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 12. Mai 2005, GZ 622 Hv 8/05i-22, verletzt im Schuldspruch des Gora K***** wegen der in den Punkten I./2./a. und b. bezeichneten Diebstahlsversuche das Gesetz in dem sich aus dem XX. Hauptstück der Strafprozessordnung sowie aus Art 4 Z 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK ergebenden Verbot der Doppelbestrafung.
II. Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldspruchpunkten I./2./a und b. und demzufolge auch im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung sowie des gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschlusses aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Gora K***** wird von der Anklage, er habe anderen gewerbsmäßig mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung fremde bewegliche Sachen wegzunehmen versucht, und zwar
a) am 20. April 2002 der „Firma" Z***** diverse Kosmetikartikel sowie Lebensmittel im Wert von 37,36 EUR
b) am 9. August 2002 der „Firma" G***** zwei Parfums im Gesamtwert von 81,80 EUR
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
III. In Ansehung des ihm laut den unberührten Teilen des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden Verbrechens des gewerbsmäßigen räuberischen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster Fall, 131 erster Fall StGB (I./1./a, und b.) wird die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in der Straffrage und Beschlussfassung gemäß § 494a StPO an das Erstgericht zurückverwiesen.
IV. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung und seiner Beschwerde auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 12. Mai 2005, GZ 622 Hv 8/05i-22, wurde der unter mehreren Aliasnamen strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte Gora K***** des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten teils räuberisch, teils durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster Fall, 131 erster Fall, 15 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO der Beschluss gefasst, die bedingte Entlassung zu AZ 44 BE 138/04d des Landesgerichtes Wiener Neustadt sowie die bedingte Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe zu AZ 8 Hv 94/02 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu widerrufen. Nach dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruch hat Gora K***** (soweit gegenständlich relevant) in Wien mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig Verfügungsberechtigten nachgenannter Unternehmen fremde bewegliche Sachen
I./2. wegzunehmen versucht, und zwar
a. am 20. April 2002 diverse Kosmetikartikel sowie Lebensmittel im Wert von 37,36 EUR zum Nachteil der „Firma Z*****";
b. am 9. August 2002 zwei Parfums im Gesamtwert von 81,80 EUR zum Nachteil der „Firma G*****".
Über die (ausschließlich) wegen des Ausspruches über die Strafe eingebrachte Berufung des Angeklagten und seine teils ausdrückliche, teils implizierte Beschwerde gegen den gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Widerrufsbeschluss wurde bisher nicht entschieden.
Der Teil des Schuldspruches zu Punkt I./2./a. und b. verletzt - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - zum Nachteil des Verurteilten das Gesetz:
Die Bestrafung des unter dem Namen Nikoloz Ka***** auftretenden Angeklagten wegen der Vorwürfe, er hätte mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz am 20. April 2002 Verfügungsberechtigten der „Firma" Z***** Kosmetikartikel und Lebensmittel im Wert von zusammen 37,36 EUR und am 9. August 2002 Verfügungsberechtigten der „Firma" G***** zwei Parfums im Wert von zusammen 81,80 EUR wegzunehmen versucht, wurde vorerst mit Anträgen des Bezirksanwaltes beim Jugendgerichtshof Wien vom 20. August 2002 und vom 18. Oktober 2002 zu AZ 14 U 215/02b begehrt (ON 3 und ON 9 in ON 15 im Akt AZ 622 Hv 8/05i des Landesgerichtes Korneuburg). Nach Einlangen einer weiteren Diebstahlsanzeige beantragte die Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien am 16. Dezember 2002 (S 1 im Akt AZ 8 Hv 180/92d des Jugendgerichtshofes Wien) „die Einbeziehung des noch beizuschaffenden Aktes AZ 14 U 215/02b gemäß § 56 StPO" und brachte (ersichtlich gemeint) unter Austausch gegen die gleichzeitig zurückgezogenen Anträge auf Bestrafung vom 20. August 2002 und 18. Oktober 2002 einen zunächst drei Tatangriffe umfassenden Strafantrag gegen Nikoloz Ka***** wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB ein (ON 4 in AZ 8 Hv 180/02d des Jugendgerichtshofes Wien). Die Beischaffung des Aktes AZ 14 U 215/02b des Jugendgerichtshofes wurde mit Verfügung vom 3. Jänner 2003 ebenso wie die Ausschreibung des „Nikoloz K*****" zur Aufenthaltsermittlung veranlasst und das Verfahren gleichzeitig gemäß § 412 StPO abgebrochen (S 1 in AZ 8 Hv 180/02d des Jugendgerichtshofes Wien).
Die Einbeziehung des Aktes AZ 14 U 215/02b des Jugendgerichtshofes ist den Akten nicht zu entnehmen.
Soweit rekonstruierbar nur auf der Grundlage des Strafantrages vom 16. Dezember 2002 und des Geständnisses (S 431 in AZ 8 Hv 180/02d des letztlich gemäß BGBl I 2003/30 zuständigen Landesgerichtes für Strafsachen Wien) erfolgte eine Verurteilung des „Nikoloz Ka*****" mit unmittelbar nach seiner Verkündung in Rechtskraft erwachsenem Urteil der Einzelrichterin vom 2. Juli 2003, GZ 8 Hv 180/02d-34 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, (unter anderem) hinsichtlich der Vorwürfe des versuchten Diebstahles am 20. April 2002 zum Nachteil der „Firma" Z***** und am 9. August 2002 zum Nachteil der „Firma" G***** (Schuldspruchpunkt A./II./1 und 2.) wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß §§ 127, 130 erster Fall, 15 StGB.
Der nach dem Akteninhalt beim Jugendgerichtshof Wien verbliebene Akt AZ 14 U 215/03b wurde auf Grund der in BGBl I 2003/30 getroffenen Regelung an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien abgetreten, dort in der Folge unter AZ 16 U 767/03f geführt und blieb trotz der genannten Verurteilung des Angeklagten vom 2. Juli 2003 zu GZ 8 Hv 180/02d-34 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien bis zur am 6. April 2005 (S 1d in ON 15 in AZ 622 Hv 8/05i des Landesgerichtes Korneuburg) erfolgten Abtretung an das Landesgericht Korneuburg zu AZ 622 Hv 8/05i abgebrochen (S 1c verso in ON 15 in AZ 622 Hv 8/05i des Landesgerichtes Korneuburg). Nach antragsgemäßer Einbeziehung gemäß § 56 StPO (S 1b umseits in AZ 622 Hv 8/05i des Landesgerichtes Korneuburg) in das beim Landesgericht Korneuburg gegen den unter dem Namen „Gora K*****" auftretenden Angeklagten anhängige Strafverfahren erfolgte nach Durchführung einer Hauptverhandlung am 12. Mai 2005 (ON 19) auf der Grundlage der mündlich durch die Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung modifizierten (S 122 in AZ 622 Hv 8/05i des Landesgerichtes Korneuburg) Anträge auf Bestrafung des Bezirksanwaltes beim Jugendgerichtshof Wien vom 20. August 2002 und vom 18. Oktober 2002 ein neuerlicher auf die Tatangriffe vom 20. April 2002 sowie vom 9. August 2002 gegründeter Schuldspruch; dies obwohl die Rückziehung der genannten Anträge auf Bestrafung unter Austausch gegen den Strafantrag vom 16. Dezember 2002 ebenso wie die Verurteilung vom 2. Juli 2003 durch die Einzelrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Wien aus dem am 18. April 2004 beim Landesgericht Korneuburg eingelangten Vorstrafakt AZ 8 Hv 180/02d des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ersichtlich waren und Gora K***** auch darauf verwies, mehrere Diebstähle von Kosmetika in Wien begangen, dafür jedoch bereits eine Strafe verbüßt zu haben (S 17 in AZ 622 Hv 8/05i des Landesgerichtes Korneuburg).
Die neuerliche Verurteilung wegen strafbarer Handlungen, derentwegen der Angeklagte schon früher strafgerichtlich verurteilt wurde, verstößt gegen das sich aus dem XX. Hauptstück der Strafprozessordnung sowie aus Art 4 Z 1 des 7. Zusatzprotokolles zur EMRK ergebenden Verbot der Doppelbestrafung und gereichte ihm zum Nachteil, sodass spruchgemäß zu verfahren war.
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