Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Marcin J***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Juli 2005, GZ 031 Hv 78/05y-72, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Marcin J***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (A.) und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (B.) schuldig erkannt.
Danach hat er am 23. November 2004 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit drei nicht ausgeforschten Mittätern (§ 12 StGB) A.) Antonio Piedro M***** eine schwere Körperverletzung dadurch absichtlich zugefügt, dass er ihm eine Vielzahl von Faustschlägen und Fußtritten versetzte, wodurch er Brüche der rechten seitlichen Augenhöhlenwand mit Dislokation der Bruchfragmente und Verdrängung des geraden seitlichen Augenmuskels nach innen, einen Bruch des rechten Augenhöhlenbodens mit Dislokation der Frakturfragmente in die Kieferhöhle, einen Bruch im Bereich der inneren Augenhöhlenwand im unteren Abschnitt, Brüche beider äußeren und inneren Kieferhöhlenwände mit Blutfülle der Kieferhöhlen, einen Trümmerbruch des Nasenbeins mit zahlreichen Frakturfragmenten sowie mehrere Brüche im Bereich des harten Gaumens innen und links sowie ein massives Monokelhämatom rechts, ein kleines Monokelhämatom links und eine deutliche Schwellung im Bereich des Nasenrückens, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit erlitt;
B.) dadurch, dass er Einrichtungsgegenstände, Flaschen und Gläser im Lokal „M*****" zu Boden warf, fremde Sachen vorsätzlich beschädigt und zerstört.
Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Im Hinblick auf das vom Erstgericht festgestellte bewusste und gewollte Zusammenwirken des Beschwerdeführers mit drei bisher nicht ausgeforschten Mittätern betrifft die Frage, welcher der Täter welche Verletzung zugefügt hat keine entscheidende Tatsache. Im Übrigen liegt eine hiezu behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) nicht vor, weil im Urteil das Ergebnis des medizinischen Gutachtens korrekt zitiert (vgl S 39/II) und die Täterschaft des Angeklagten überdies auf die Aussage des Zeugen Antonio Piedro M***** gestützt wurde (US 8/9).
Auch die weitere, vermeintliche Aktenwidrigkeit, Bernd H***** habe entgegen den Urteilsgründen widersprüchliche Aussagen gemacht, ist nicht gegebenen. Dieser Zeuge hat in der Hauptverhandlung zunächst zwar angegeben, er sei bewusstlos gewesen und habe nicht gesehen, wie Antonio Piedro M***** geschlagen wurde, doch hat er dann auf weiteres Befragen ausgesagt, er sei sich absolut sicher, dass der Nichtigkeitswerber „dabei war". Daran anschließend hat er über ausdrücklichen Vorhalt seine Angaben vor dem Untersuchungsrichter, wonach er gesehen habe, wie der Angeklagte auf M***** hingeschlagen habe, als richtig bestätigt (S 31/II).
Die subjektive Tatseite wurde nicht nur substanzlos auf die „äußere Tatseite" gestützt. Die Tatrichter haben - wie die Beschwerde im Übrigen richtig zitiert - auf die Heftigkeit der gezielten Fußtritte in das Gesicht des Zeugen M***** verwiesen. Aus der massiven Brutalität des Angeklagten sei zu erkennen, dass das alleinige Ziel des Angriffes war, Antonio Piedro M***** schwer am Körper zu verletzen (US 8).
Ein Begründungsmangel liegt daher insgesamt nicht vor. Die Subsumtionsrüge (Z 10) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht den gebotenen Vergleich zwischen festgestelltem Sachverhalt und angewendetem Recht vornimmt, sondern die konstatierte Absicht, einen anderen mit seinen Fußtritten schwer zu verletzen (US 6), außer Acht lässt. Demgegenüber argumentiert sie urteilsfremd, es sei nur ein Vorsatz gemäß § 5 Abs 1 StGB vorgelegen, allenfalls ein solcher, an einem Angriff mehrerer iSd § 91 Abs 2 StGB teilzunehmen. Die Strafzumessungsrüge (Z 11) behauptet, das Erstgericht habe die Grenzen der Strafbefugnis überschritten, weil es nicht von den bei richtiger rechtlicher Beurteilung anzuwendenden Strafsätze des § 84 oder des § 91 Abs 2 StGB ausgegangen sei. Damit missachtet der Nichtigkeitswerber jedoch, dass der Schuldspruch wegen § 87 Abs 1 StGB erfolgte und daher die Strafe nach dieser Gesetzesstelle auszumessen war. Eine Überschreitung des dort angeführten Strafrahmens ist nicht erfolgt.
Obwohl sich die Nichtigkeitsbeschwerde inhaltlich nur gegen den Schuldspruch A.) richtet, wird beantragt, das angefochtene Urteil zur Gänze, also auch im Schuldspruch B.) aufzuheben. Diesbezüglich fehlt es aber an der deutlichen und bestimmten Bezeichnung von gesetzlichen Nichtigkeitsgründen oder von Tatumständen, die solche bilden sollen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).
Die (angemeldete) Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld war ebenso zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist.
Unverständlich ist schließlich der Rechtsmittelantrag „... nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten ...". Denn der - damit der Sache nach relevierte - Nichtigkeitsgrund des § 281a StPO konnte im vorliegenden Verfahren gar nicht verwirklicht worden sein, weil der Angeklagte nach der Aktenlage keinen Einspruch gegen die Anklageschrift erhoben hat (S 471/I).
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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