Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Robert Ploteny als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Florian F*****, vertreten durch Dr. Paul Sutterlüty, Dr. Wilhelm Klagian und Dr. Klaus Brändle Rechtsanwältepartnerschaft in Dornbirn, wider die beklagte Partei IAF Service GmbH, ***** vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Insolvenz Ausfallgeld (EUR 7.153 sA) über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 1. Februar 2005, GZ 25 Rs 6/05a 10, mit dem das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits und Sozialgericht vom 4. November 2004, GZ 33 Cgs 148/04y 6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung:
Der Kläger war ab 1. 2. 2001 bei der Firma R***** GesmbH Co beschäftigt. Über dieses Unternehmen wurde am 1. 12. 2003 das Konkursverfahren eröffnet. Am 3. 1. 2004 beendete der Kläger das Arbeitsverhältnis durch vorzeitigen Austritt gemäß § 25 KO. In der Zeit vom 1. 12. 2003 bis 23. 3. 2004 besuchte der Kläger die 3. Klasse der Bauhandwerkerschule.
§ 7 des Kollektivvertrags über die Ausbildung von Bauhandwerkerschülern vom 10. 11. 1995 legt fest, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer während der Laufzeit einer Klasse und bis zum Ablauf von drei Monaten nach Ende derselben, keine rechtswirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses aussprechen können.
Der Kläger begehrte von der Beklagten Insolvenz Ausfallgeld von EUR 8.522, darin Kündigungsentschädigung vom 4. 1. bis 3. 4. 2004 (einschließlich aliquoter Sonderzahlungen) von EUR 3.308 und „Schadenersatz" vom 4. 4. bis 26. 6. 2004 (einschließlich aliquoter Sonderzahlungen) von EUR 4.079,20.
Mit Teilbescheiden vom 3. 2. und 26. 4. 2004 wurde dem Kläger Insolvenz Ausfallgeld von EUR 1.369, darin enthalten Kündigungsentschädigung vom 4. bis 10. 1. 2004 in Höhe von EUR 234, zuerkannt. Die darüber hinausgehenden Ansprüche wurden als nicht gesichert abgelehnt.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger den Zuspruch von EUR 7.153 an (restlicher) Kündigungsentschädigung und Schadenersatz jeweils einschließlich aliquoter Sonderzahlungen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Gemäß § 3 Abs 3 IESG seien der Berechnung des Insolvenz Ausfallgeldes für gesicherte Ansprüche die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen zugrunde zu legen. Der Gesetzgeber differenziere also bei den Kündigungsfristen zwischen gesetzlichen oder kollektivvertraglichen, bei den Kündigungsbeschränkungen normiere er ausschließlich die Bedachtnahme auf die gesetzlichen. Kollektivvertragliche Kündigungsbeschränkungen seien also bei der Berechnung der gesicherten Ansprüche nach dem IESG außer Betracht zu lassen.
Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge.
Rechtlich führte es aus, dass nach dem Wortlaut des § 3 Abs 3 IESG nur auf gesetzliche Kündigungsbeschränkungen Bedacht zu nehmen sei, nicht aber auf kollektivvertragliche Beschränkungen oder gar auf einzelvertragliche Vereinbarungen. Dem Gesetzgeber könnte unterstellt werden, dass ihm einerseits der Begriff der kollektivvertraglichen Kündigungsbeschränkungen geläufig war und ihm andererseits auch bekannt war, dass in einer Reihe von Kollektivverträgen (§ 10 des KV für die Angestellten der Sparkassen; § 18 des KV für Angestellte der Versicherungsunternehmungen/Innendienst) solche kollektivvertragliche Kündigungsbeschränkungen im weiteren Sinn bestehen. Wenn der Gesetzgeber auch solche Einschränkungen hätte berücksichtigt wissen wollen, hätte er die Formulierung des § 3 Abs 3 IESG nicht auf gesetzliche Kündigungsbeschränkungen beschränkt.
§ 3 Abs 3 IESG regle auch die Sicherung von Ansprüchen, soweit befristete Arbeitsverhältnisse betroffen seien. Betrachte man den vorliegenden Kollektivvertrag, sei die dort normierte Kündigungsbeschränkung eher mit einer Befristung zu vergleichen.
Der Kläger sei auch nicht mit einem Lehrling nach dem Berufsausbildungsgesetz zu vergleichen. Gemäß § 59 Abs 1 lit b SchOG seien Schulen zur fachlichen Weiterbildung, unter anderem Bauhandwerkerschulen, zur Erweiterung der Fachausbildung von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung gedacht. Eine Schulpflicht bestehe nicht. Im Unterschied dazu, seien die Berufsschulen berufsbildende Pflichtschulen, die entweder als ganzjährige Berufsschulen, lehrgangsmäßige Berufsschulen oder saisonmäßige Berufsschulen organisiert sein könnten. Damit zeige sich, dass sich der Schulbesuch, an den der hier vorliegende Kollektivvertrag anknüpfe, von der Schulpflicht des Lehrlings so unterscheide, dass eine wertende Gleichstellung nicht zulässig erscheine. Im Übrigen sprächen andere Bestimmungen des KV wie etwa die Teilrefundierung des Lohns an den Arbeitgeber durch das AMS dafür, dass die hier zu beurteilende Kollektivvertragsbestimmung im Sinn einer beschäftigungspolitischen Maßnahme zu werten sei.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass es sich vorliegend „um die Auslegung einer kollektivvertraglichen Bestimmung handle, sodass im Zusammenhang mit § 3 Abs 3 IESG ein weiterer Personenkreis betroffen sei, weshalb keine nur einzelfallbezogene Rechtsfrage vorliege."
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag „das Klagebegehren" (gemeint wohl: das angefochtene Urteil) im Sinn einer vollinhaltlichen Klagsstattgebung abzuändern und dem Kläger die Verfahrenskosten zuzusprechen.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zurückzuweisen, da die Entscheidung vorliegend nicht von einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO abhängt.
Von der hier nicht zu lösenden Frage, welche Ansprüche dem Arbeitnehmer im Konkurs seines (vormaligen) Arbeitgebers zustehen, ist die Frage zu unterscheiden, in welchem Umfang Insolvenz Ausfallgeld gebührt.
Diesbezüglich sieht § 3 Abs 3 IESG aber eindeutig vor, dass der Berechnung des Insolvenz Ausfallgeldes für gesicherte Ansprüche nur die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen unter Bedachtnahme auf die Kündigungstermine und die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen zugrundezulegen sind.
Die Auslegung des Kollektivvertrags über die Ausbildung von Bauhandwerkerschülern erübrigt sich, da nach dem völlig klaren Gesetzeswortlaut des § 3 Abs 3 IESG kollektivvertragliche Kündigungsbeschränkungen gerade nicht erfasst sind.
Diesbezüglich kann auch nicht vom Vorliegen einer Gesetzeslücke im Sinn einer „planwidrigen Unvollständigkeit" (vgl Bydlinski in Rummel³ § 7 Rz 2 mwH) gesprochen werden, bezieht der Gesetzgeber doch bei den Kündigungsfristen neben den gesetzlichen, bewusst auch die kollektivvertraglichen ein.
Abgesehen davon, dass das vom Rechtsmittelwerber ins Treffen geführte „Gleichstellungsargument" schon deshalb versagt, da der Lehrling gerade noch keinen Beruf ausübt, sondern sich in der besonders sensiblen Phase der Ausbildung zu einem bestimmten Beruf befindet, scheitert die Gleichstellung einer, im Zusammenhang mit einer Weiterbildungsmaßnahme geregelten kollektivvertraglichen Kündigungsbeschränkung mit den im BAG angeführten Kündigungsbeschränkungen am klaren Willen des Gesetzgebers. Im Übrigen bestehen auch in der Lehre keine Bedenken dagegen, dass als gesetzliche Kündigungsbeschränkungen (nur) Bestimmungen über den allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz in Betracht kommen (vgl Holzer Reissner Schwarz, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, 441), dass jedoch kollektivvertragliche Kündigungsbeschränkungen unbeachtlich sind (Holzer Reissner Schwarz aaO, 449; Gamerith in Bartsch Pollak Buchegger KO4 § 25 Rz 30 mwH).
Der Rekurs ist daher zurückzuweisen.
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