Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer, im Verfahren AZ 21 Rk 127/04v des Landesgerichtes Innsbruck wegen des Verdachtes des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über den Antrag des (Subsidiar-)Antragstellers Dipl. Ing. Dr. P***** auf “Delegierung des Strafverfahrens” nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe:
Nachdem von der Staatsanwaltschaft Innsbruck am 20. August 2004 mehrere Anzeigen des Antragstellers gegen Richter des Oberlandesgerichtes und Landesgerichtes Innsbruck gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt worden waren, stellte Dipl. Ing. Dr. P***** am 24. August 2004 den an die Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck gerichteten Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB gegen die im Antrag genannten Richter und begehrte darin (neuerlich) unter anderem “die Delegierung des Strafverfahrens an das für seinen USA-Wohnsitz zuständige Gericht, den US-District Court for the Northern District of California in San Francisco”, weil die Nichtdurchführung von zielführenden Erhebungen durch die Staatsanwaltschaft Innsbruck und Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck beweise, dass ein der StPO entsprechendes Verfahren an einem Gericht in Österreich und von einer Staatsanwaltschaft in Österreich nicht durchgeführt werden könne.
Im Rahmen der gemäß § 590 Abs 2 Geo erfolgten Stellungnahmen sprachen sich inhaltlich sowohl die Oberstaatsanwaltschaft als auch das Oberlandesgericht unter Hinweis auf die bereits erfolgte Zurückweisung eines gleichgelagerten Antrags durch den Obersten Gerichtshof gegen diese Delegierung als unzulässig aus.
Der Antrag war zurückzuweisen, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für eine Delegierung an ein außerhalb Österreichs gelegenes Gericht mangelt. Wie dem Antragsteller bereits mehrfach zur Kenntnis gebracht wurde, sieht § 63 Abs 1 StPO ausdrücklich eine Delegierung durch den Obersten Gerichtshof nur für den Umfang der Republik Österreich vor. Die sich aus der Gerichtshoheit ergebende Befugnis der inländischen Strafgerichtsbarkeit ist grundsätzlich durch die Staatsgrenzen limitiert. Ihre Ausübung jenseits dieser Grenzen, soweit sie über den Umfang bloßer Mitteilungen hinausgeht und durch prozessrechtliche Maßnahmen rechtserhebliche Wirkungen außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches der österreichischen Gesetze entfaltet, entbehrt im Fall der begehrten Delegierung des Verfahrens an ein Gericht der Vereinigten Staaten von Amerika auch einer völkerrechtlichen Grundlage und würde somit einen unzulässigen Eingriff in ausländische Hoheitsrechte darstellen (vgl EvBl 1961/448, 15 Nds 89/03).
Zur Anregung einer Delegierung nach § 62 letzter Satz StPO ist grundsätzlich festzuhalten, dass eine Delegierung zu erfolgen hat, wenn ein Verfahren gegen einen Richter oder Staatsanwalt des zuständigen Gerichtes oder eines diesem unterstellten Gerichtes zu führen ist, also wenn feststeht, dass dieses Verfahren tatsächlich geführt wird ( Fabrizy StPO 9 § 62 Rz 1). Nach der Aktenlage liegt ein Subsidiarantrag auf Einleitung der Voruntersuchung gegen Richter des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck vor. Ob ein Verfahren gegen Richter des zuständigen Gerichtes zu führen ist, steht noch nicht fest.
Abgesehen davon, dass ein solcher Antrag kein Prozessrechtsverhältnis begründet (vgl Markel , WK-StPO § 1 Rz 19 ff; EvBl 1969/249), liegen dem Obersten Gerichtshof keine (auch für den Fall bestehender Ausgeschlossenheit, hier mit deklarativer Wirkung; Lässig , WK-StPO § 70 Rz 1) Entscheidungen vor, aus denen sich ableiten lässt, dass - objektiviert - bei so vielen der dort ernannten Richter jene besonderen Umstände vorhanden sind, die geeignete Gründe für Zweifel an ihrer vollen Unparteilichkeit darzustellen vermögen, dass ein zur individuellen Entscheidung berufener Spruchkörper - auch unter Berücksichtigung aller beim bezughabenden Gericht ernannten Richter bei dem in Rede stehenden Gericht - nicht mehr gebildet werden kann (15 Ns 21/02). Gründe, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen, liegen keineswegs schon in einem dienstlichen Begegnungsverhältnis, wie es sich als ein mehr oder weniger enger Kontakt überall dort ergibt, wo Richter an einem Gericht oder in einem Spruchkörper arbeiten (RIS-Justiz RS0096723).
Erst wenn infolge den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechend festgestellter (§ 74 StPO) Befangenheit der Richter eines Gerichtshofes ein Senat zur Entscheidung über den Subsidiarantrag mit unbefangenen, bei diesem Gericht ernannten Richtern nicht mehr besetzt werden kann, wäre eine Delegierung erforderlich (15 Ns 4/05; Mayerhofer/Hollaender , StPO 5 § 62 E 12b).
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