Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Raimund P***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 19. Juni 2002, GZ 3 U 128/02k-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiß, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Das Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 19. Juni 2002, GZ 3 U 128/02k-16, verletzt insoweit, als Raimund P***** des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht auch für die Zeit nach dem 5. September 2001 bis 19. Juni 2002 schuldig erkannt wurde, § 267 (§ 447) StPO.
Dieses im Übrigen unberührt bleibende Urteil wird im bezeichneten Umfang des Schuldspruchs sowie im Strafausspruch (einschließlich des Beschlusses gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO) aufgehoben und dem Bezirksgericht Lienz aufgetragen, im Umfang der Aufhebung dem Gesetz gemäß zu verfahren.
Die Bezirksanwältin beim Bezirksgericht Lienz wird mit ihrer gegen das Urteil erhobenen Berufung und Beschwerde auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
Mit Bestrafungsantrag vom 5. September 2001 legte die Bezirksanwältin beim Bezirksgericht Lienz Raimund P***** das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB zur Last, weil er "im Zeitraum 1. 6. 2000 bis dato" seine Unterhaltspflicht gegenüber seinen ehelichen Kindern Karin und Georg P***** gröblich verletzt habe (AZ 3 U 128/02k, ON 3 in ON 10). In der am 19. Juni 2002 (gemäß § 459 StPO) in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführten Hauptverhandlung wurde der Bestrafungsantrag verlesen. Der Zeuge Florian P***** gab als informierter Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Lienz an, der Beschuldigte habe seit der Anzeigeerstattung freiwillig lediglich einmal 200 S bezahlt, ansonsten seien seit Jänner 2002 Beträge durch Lohnpfändung hereingebracht worden; der Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1. März 1998 bis 30. Juni 2002 betrage insgesamt 8.304,92 EUR. Ein Schlussantrag der Bezirksanwältin (§ 457 StPO) scheint im Hauptverhandlungsprotokoll nicht auf.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 19. Juni 2002, GZ 3 U 128/02k-16, wurde Raimund P***** in Abwesenheit des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt. Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde vom Widerruf der in der Vorverurteilung (AZ 3 U 23/98k des Bezirksgerichtes Lienz) gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen.
Die Formulierung des Urteilsspruchs, in dem als Tatzeit der "Zeitraum 1. 6. 2000 bis dato" angeführt wird, bringt unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe, die sich ausdrücklich auf den bis 30. Juni 2002 angefallenen Unterhaltsrückstand sowie auf die nach dem Bestrafungsantrag vom Beschuldigten freiwillig geleisteten bzw exekutiv hereingebrachten Zahlungen beziehen, zum Ausdruck, dass der Schuldspruch den Zeitraum vom 1. Juni 2000 bis zur Urteilsfällung (19. Juni 2002) umfasst.
Gegen diese Entscheidung hat (nur) die Bezirksanwältin Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe sowie Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO angemeldet. Eine Entscheidung des Landesgerichtes über diese Rechtsmittel steht noch aus.
Der (- in Rechtskraft erwachsene -) Schuldspruch steht - wie der Generalprokurator in seiner dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz insofern nicht im Einklang, als Raimund P***** die Verletzung der Unterhaltspflicht auch für die Zeit nach dem 5. September 2001 (Tag der Verfassung des Bestrafungsantrages) bis zum 19. Juni 2002 (Tag der Urteilsfällung) angelastet wird, obwohl sich der Bestrafungsantrag nur auf jene Taten beziehen konnte, die bis zum Tag seiner Abfassung begangen worden waren (Mayerhofer StPO4 § 262 E 38; RZ 1989/37).
Diese Anklageüberschreitung hat sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt, weil dadurch der Deliktszeitraum gegenüber dem vom Strafantrag umfassten Tatzeitraum um mehr als neun Monate verlängert wurde. Rechtserheblich ist die Tatzeit deshalb, weil es sich beim Vergehen nach § 198 StGB um ein Dauerdelikt handelt (Markel in WK2 § 198 Rz 63).
Demzufolge war über die Feststellung der Gesetzesverletzung hinaus gemäß § 292 letzter Satz StPO - wie im Tenor ersichtlich - mit teilweiser Urteilsaufhebung in Verbindung mit dem Auftrag zu gesetzmäßiger Vorgangsweise und Verweisung der Bezirksanwältin mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung vorzugehen.
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