Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lazarus als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Walter N***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und eines weiteren Finanzvergehens über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Mai 2001, GZ 12a Vr 2806/99-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Walter N***** wurde der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A I. und B) sowie nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG (A II.) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien im Bereich des Finanzamtes für Körperschaften als für die steuerlichen Agenden nachstehender juristischer Personen Verantwortlicher vorsätzlich in mehrfachen Tathandlungen eine Verkürzung nachangeführter Abgaben bewirkt, nämlich zu A./ des P***** als dessen Geschäftsführer
I./ unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine in zu niedriger Festsetzung gelegene Verkürzung nachgenannter bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben, indem er unrichtige, Erlös und Gewinn zu gering ausweisende Steuererklärungen abgab, so dass darauf beruhende Bescheide erlassen wurden, und zwar
Dagegen richtet sich die auf Z 1, 3, 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Die Formalrüge nach Z 1, welche die Teilnahme von drei im Verhandlungssaal der Hauptverhandlung als Zuhörer beiwohnenden Personen an der Urteilsberatung bzw -findung (nach Aufforderung durch den Vorsitzenden und ohne Möglichkeit der Verteidigung, ihre Identität zu erheben) behauptet, geht ins Leere. Nach dem Protokollergänzungsbeschluss ON 46 handelte es sich bei diesen Personen um drei Rechtspraktikanten, welche (zu Ausbildungszwecken) zwar bei der Beratung anwesend waren, aber weder an dieser noch der Abstimmung "teilgenommen" haben. Dies ist aber nicht mit Nichtigkeit bedroht (vgl Mayerhofer StPO4 § 257 E 3).
Gleichfalls ins Leere geht die auf eine angebliche Ausssageentschlagung gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO der Zeugin Anneliese W***** in der Hauptverhandlung auf Z 3 gestützte Beschwerde: Nicht nur, dass die Zeugin W***** nach dem Inhalt des - berichtigten (ON 46) - Protokolls über die Hauptverhandlung auf das ihr zugebilligte Entschlagungsrecht (§ 152 Abs 1 Z 1 StPO) ausdrücklich verzichtet hat, geschah deren Vernehmung auch nicht in der unmittelbar zum Urteil führenden Hauptverhandlung (in welcher das Vernehmungsprotokoll einverständlich verlesen wurde (S 297), weil diese danach neu durchgeführt wurde (§ 276a StPO).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) ist es für die Klärung der Fragen der Verantwortlichkeit und Aufgabenstellung des Angeklagten unbedeutend, ob die Zeugin W***** an einer Vorstandssitzung teilgenommen bzw beigewohnt hat oder nicht, sodass die behauptete Aktenwidrigkeit nicht erheblich ist (und auch nichts Entscheidendes betrifft). Die Infragestellung (auf Tatsachenebene) der Verantwortlichkeit des Angeklagten als Heimleiter bzw Geschäftsführer für die steuerlichen Agenden beider juristischer Personen und als solcher seiner Weisungsbefugnis gegenüber der Zeugin W***** als Buchhalterin, weiters die Bekämpfung der Meinung der Tatrichter von der Unglaubwürdigkeit des Angeklagten und der Glaubwürdigkeit der Zeugin W***** stellen sich nicht als Aufzeigen formaler Mängel (Unvollständigkeit und unzureichende Begründung) dar, sondern (unter Hervorhebung isolierter Verfahrensergebnisse und deren Untersuchung auf ihren Beweiswert) als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung.
Zu Recht blieb auch das Erhebungsergebnis, wonach bis zum Jahr 1993 die wesentlichen Agenden des Asylvereins vom damaligen Obmann Mag. Josef S***** wahrgenommen worden wären (S 145) - als aus dem Kontext gerissen im Sinn verfälscht - im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang der Darstellung auf Seiten 145, 147 unerwähnt; im Übrigen behauptet die Beschwerde nicht, dass Mag. S***** und nicht der Angeklagte zu den Tatzeiten die steuerlichen Agenden wahrgenommen hätte. Ebenso wie die Mängelrüge, die sie teils ergänzt, richtet sich auch die Tatsachenrüge (Z 5a) nach Art einer Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung und entbehrt somit der prozessordnungsgemäßen Darlegung sich aus den Akten ergebender erheblicher Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachenfeststellungen. Die Rechtsrüge nach Z 9 lit a meint, dass nicht nachvollziehbar sei, wie - nach der Feststellung: "Der Angeklagte ... hätte auch nicht angemeldete Kräfte beschäftigt." sohin - durch die Nichtanmeldung von ihm beschäftigter Kräfte, eine Verkürzung der vom Studentenheimverein zu zahlenden Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen hätte bewirken können. Die Beschwerde lässt damit - die Konstatierung aus dem Zusammenhang reißend - außer Acht, dass damit keineswegs die Anstellung von Personen durch den Angeklagten als Privater für sich persönlich, sondern als hiezu Befugter für die juristischen Personen gemeint ist. Die Ausführungen sind daher - einschließlich der Bemängelung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite - nicht prozessordnungskonform.
Gleiches trifft für den behaupteten Mangel von Feststellungen zur Verpflichtung der Führung von Lohnsteuerkonten zu, weil insoweit die Konstatierungen US 8, 9 übergangen werden.
Schließlich meint die Rüge, das Erstgericht habe es unterlassen, Feststellungen zur Beurteilung der jeweiligen Steuerpflicht des Vereines betreffend Gewerbesteuer für die Jahre 1985 und 1989 sowie Körperschaftssteuer für das Jahr 1994 (Urteilsfaktum A I.) zu treffen, obwohl dies nicht nur auf Grund der Rechtslage, sondern auf Grund "der Beweisergebnisse" geboten gewesen wäre, was sich schon "aus den diesbezüglichen Ausführungen des Zeugen G*****" (S 97) erkläre.
Abgesehen davon, dass jene Teile der Aussage nicht konkret genannt werden, die einer solchen nicht entgegenstehen würden, läuft die Beschwerde (unter Übergehung der dargelegten umfassenden Steuerpflicht des Vereins hinsichtlich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nach § 31 BAO) darauf hinaus, die dem Angeklagten angelastete subjektive Tatseite in Zweifel zu ziehen. Damit entspricht die Beschwerde einmal mehr nicht dem Gebot des unbedingten Festhaltens am Urteilssachverhalt.
Trotz einleitender Zitierung unterlässt die Beschwerde jene Umstände deutlich und bestimmt zu bezeichnen, die Nichtigkeit nach Z 9 lit b bzw Z 10 des § 281 Abs 1 StPO begründen sollen, und ist daher gleichfalls nicht prozessordnungskonform.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, sodass über die Berufungen das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§§ 285d, 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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