Der Oberste Gerichtshof hat am 4. April 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ali P***** und weitere Angeklagte wegen der teils als Bestimmungstäter gemäß § 12 zweiter Fall StGB begangenen Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Ali P*****, Patrick M*****, Zoran A***** und Tarik A***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Ismail K***** und Cengiz A***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 27. Juni 2001, GZ 35 Vr 2706/99-641, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, der Angeklagten Ali P*****, Zoran A***** und Ismail K*****, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Patrick M*****, Tarik A***** und Cengiz A*****, sowie in Gegenwart der Verteidiger Dr. Oberhofer, Dr. Praxmarer, Dr. Dunst, Dr. Plattner und Dr. Ruth, zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten Ali P*****, Ismail K*****, Patrick M*****, Zoran A*****, Tarik A***** und Cengiz A***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, welches auch in Rechtskraft erwachsene Verurteilungen sieben weiterer Angeklagter, mehrere rechtskräftige Teilfreisprüche und andere Entscheidungen enthält, wurden - soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung - nachgenannte Angeklagten - wie folgt, schuldig erkannt:
1. Ali P***** (zu A 1. und B) der teils als Bestimmungstäter gemäß § 12 zweiter Fall StGB begangenen Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG sowie der Vergehen (zu D 1.) der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, (zu E) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und (zu I.) der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 StGB,
2. Ismail K***** (zu A 3.) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG, (zu C II.) des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG, (zu G 1.) des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB und (zu H) der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB,
3. Patrick M***** (zu A 4., 9., 11. und 12.) der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG, (zu C III. 1. und 2.) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG sowie (zu F) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB,
4. Zoran A***** (iVm dem Urteilsberichtigungsbeschluss vom 16. Jänner 2002, ON 720/30, zu A 5., 11. und 12.) der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG, (zu C IV.) der Vergehen nach § 27 Abs 1 zweiter und sechster Fall SMG sowie der Verbrechen (zu F) des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und (zu G 2.) der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB,
5. Tarik A***** der Verbrechen (zu A 6. und 9.) nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG sowie (zu C VII. 1. und 2.) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG und
6. Cengiz A***** (zu C IX. 1. und 2.) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG.
Danach haben im Großraum Innsbruck, Rotterdam und anderen Orten
A
den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) von den Niederlanden aus- und über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich eingeführt sowie dort in Verkehr gesetzt, und zwar
1. Ali P***** im Jahre 1999 durch gewerbsmäßigen Verkauf einer ziffernmäßig nicht mehr feststellbaren, die Grenzmenge des Abs 6 jedoch jedenfalls mehrfach übersteigenden Menge an qualitativ hochwertigem Kokain an Ismail K*****, den (mittlerweile verstorbenen) Markus P*****, die abgesondert verfolgten Manfred F*****, Ludmilla A*****, Thomas P*****, Nicole V*****, Ramazan G*****, Barbara H***** sowie an zahlreiche weitere, namentlich nicht ausforschbare Drogenabnehmer,
3. Ismail K***** im Jahre 1999 und im Jänner 2000 durch
gewerbsmäßigen Verkauf einer ziffernmäßig nicht mehr feststellbaren,
die Grenzmenge des Abs 6 jedoch jedenfalls mehrfach übersteigenden
Menge an qualitativ hochwertigem Kokain an Patrick M*****, Cengiz
A***** sowie an zahlreiche weitere Personen,
4. Patrick M***** im Jahre 1999 teilweise im bewussten und gewollten
Zusammenwirken mit Zoran A***** als Mittäter (§ 12 StGB) durch
gewerbsmäßigen Verkauf sowie in geringem Umfang auch durch kostenlose
Weitergabe einer ziffernmäßig nicht mehr feststellbaren, die
Grenzmenge des Abs 6 jedoch vielfach übersteigenden Menge an
qualitativ hochwertigem Kokain an Isamail K*****, Zoran A*****, Tarik
A*****, Ali U*****, an den mittlerweile verstorbenen) Markus P*****,
die abgesondert verfolgten Birol B*****, Sandra P*****, Peter W*****,
Dragan M*****, Daniel S***** und an zahlreiche weitere, namentlich
nicht bekannte Drogenabnehmer,
5. Zoran A***** im Jahre 1999 teilweise im bewussten und gewollten
Zusammenwirken mit Patrick M***** als Mittäter (§ 12 StGB) durch
gewerbsmäßigen Verkauf einer ziffernmäßig nicht mehr feststellbaren,
die Grenzmenge des Abs 6 jedoch jedenfalls mehrfach übersteigenden
Menge an qualitativ hochwertigem Kokain an Martin P*****, an die
abgesondert verfolgten Andrea S*****, Manuela R***** sowie an
zahlreiche weitere, namentlich nicht bekannte Drogenabnehmer,
6. Tarik A***** im Jahre 1999 und im Jänner 2000 durch gewerbsmäßigen
Verkauf einer ziffernmäßig nicht feststellbaren, die Grenzmenge des
Abs 6 jedoch jedenfalls mehrfach übersteigenden Menge an qualitativ
hochwertigem Kokain an Peter W*****, Patrick M*****, den abgesondert
verfolgten Helmut M***** sowie an zahlreiche weitere, namentlich
nicht bekannte Drogenabnehmer,
7. .......
8. .......
9. Patrick M***** und Tarik A***** im bewussten und gewollten
Zusammenwirken mit Peter W***** als Mittäter (§ 12 StGB) ca Anfang
September 1999 durch Schmuggel von etwas mehr als 400 Gramm
qualitativ hochwertigem Kokain von Rotterdam über die Bundesrepublik
Deutschland nach Innsbruck, wobei Patrick M***** gewerbsmäßig
gehandelt hat,
10. .......
11. Patrick M***** und Zoran A***** im bewussten und gewollten
Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Kerstin H***** als
Mittäterin (§ 12 StGB) in der letzten Novemberwoche 1999 durch
gewerbsmäßigen Schmuggel von ca 100 Gramm qualitativ hochwertigem
Kokain von Rotterdam über die Bundesrepublik Deutschland nach
Innsbruck,
12. Patrick M***** und Zoran A***** im bewussten und gewollten
Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) Anfang Dezember 1999 durch
gewerbsmäßigen Schmuggel von ca 80 Gramm qualitativ hochwertigem
Kokain von Rotterdam über die Bundesrepublik Deutschland nach
Innsbruck;
13. ......
14. ......
P*****, M***** und A***** verkennen, dass die Geschworenen bei der gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich ihnen zugewiesenen Beweiswürdigung nach der Vorschrift des § 258 Abs 2 ZPO sämtliche aufgenommenen Beweise sowohl einzeln als auch in ihrem Zusammenhang einschließlich des persönlichen Eindrucks sorgfältig zu prüfen haben. Nach Sinn und Zweck des herangezogenen (formellen) Nichtigkeitsgrundes, der in seiner Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleicht, beginnt dessen Wirkungsbereich erst dort, wo die Grenze der freien Beweiswürdigung überschritten wird; wenn also im Rechtsmittel auf aktenkundige Beweisergebnisse hingewiesen wird, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung objektiv erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen wecken. Zwar können sich solche erhebliche Bedenken aus der Aktenlage allenfalls im Zusammenhang mit der Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) ergeben. Die Stichhaltigkeit ihrer Erwägungen ist aber für das Vorliegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ohne Bedeutung. Denn der Inhalt dieser Niederschrift gehört nicht zum Wahrspruch und darf wegen vorhandener Begründungsmängel nicht zum Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde gemacht werden, zumal eine der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO analoge Bestimmung dem § 345 StPO fremd ist (Mayerhofer § 331 E 8, 10 ff; § 345 E 5; § 345 Z 10a E 1 ff; 15 Os 139, 140/00). Mit dem Versuch der Beschwerdeführer, bloß einzelne, isoliert, demnach sinnentstellt hervorgehobene, für sich allein betrachtet ihren Standpunkt allenfalls stützende Verfahrensergebnisse den in der Niederschrift (naturgemäß nicht mängelfrei im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO) dargelegten Erwägungen der Laienrichter gegenüberzustellen und daraus - selbst beweiswürdigend - günstigere Tatsachenvarianten zu folgern, erschöpft sich das Beschwerdevorbringen insgesamt bloß in einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Bekämpfung der allein den Laienrichtern überantworteten Erwägung des Beweiswertes der einzelnen Verfahrensergebnisse.
Aus dieser Sicht versagt die unberechtigte Kritik des Ali P***** an den - seiner Meinung nach nicht nachvollziehbaren - Erwägungen der Geschworenen in der Niederschrift zur Hauptfrage 46 (fortl. Z 124), denen zufolge sie sich beim Schuldspruch des Angeklagten wegen des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 StGB (I) nur pauschal von den "TÜ" (= Telefonüberwachungsprotokollen) sowie von der "Unglaubwürdigkeit der Zeuginnen" leiten ließen. Der Beschwerde zuwider konnte von den Laienrichtern nicht verlangt werden, aus der Vielzahl der vorgehaltenen und verlesenen Telefonüberwachungsprotokolle (vgl insb S 97 bis 107 ON 509/22 und S 417 bis 467 ON 569/26), aus denen der Rechtsmittelwerber lediglich zwei ihm genehme zitiert, gerade die ihn belastenden genau zu bezeichnen. Dass im konkreten Fall bei den "hunderten vernommenen Zeugen" nur die Zeugen Michaela S*****, Nicole V*****, Ina R***** und Kerstin D***** gemeint sein können, räumt selbst der Beschwerdeführer ein. Ob der Angeklagte diesen Frauen einen "Standplatz" auf dem Straßenstrich (vgl hiezu ZV R***** S 235/26) oder in einem bestimmten Bordell zugewiesen hat, ist für die Schuldfrage bedeutungslos. Patrick M***** hinwieder wendet sich unter dem genannten Nichtigkeitsgrund erfolglos mit Hinweis auf drei im Akt erliegende Schreiben der Stiftung Maria Ebene, Lukasfeld, und der Tiroler Krankenanstalten GmbH je vom 31. Mai 2000 sowie der Zukunftsschmiede V***** GmbH (Therapeutische Einrichtung zur Rehabilitation) vom 27. Juni 2000 und auf die ihn (seiner Meinung nach) dazu glaubwürdig für drogenabhängig und suchtkrank erklärende Verantwortung sowohl gegen die von den Geschworenen verneinten (uneigentlichen) Zusatzfragen 7 (fortl. Z 14), 23 (fortl. Z 46), 33 (fortl. Z 66) und 37 (fortl. Z 74), ob Patrick M***** bei Begehung der tataktuellen Suchtgiftverbrechen (laut Hauptfragen 4 = fortl. Z 13; 12 = fortl. Z 45; 17 = fortl. Z 65 und 19 = fortl. Z 73) selbst an ein Suchtmittel gewöhnt war und die Taten vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, als auch gegen die dazu niedergeschriebenen Erwägungen "aufwendiger Lebenswandel".
Dieses Vorbringen übersieht, dass der Beschwerdeführer bei der sicherheitsbehördlichen Vernehmung die Frage: "Sind Sie süchtig?" mit einem eindeutigen "Nein" beantwortet (S 213/1) und erst in der Hauptverhandlung über Befragen seines Verteidigers behauptet hat, "zum damaligen Zeitpunkt bis zu seiner Verhaftung" süchtig gewesen zu sein (S 273 ON 510/22). Dass die Laienrichter unter Verwertung des gewonnen persönlichen Eindrucks der ersten, dem Angeklagten nachteilige Verantwortungsvariante gefolgt sind, ist ein Akt freier Beweiswürdigung, der im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbar ist. Nicht zielführend sind die weiteren - abermals nur mit Bezugnahme auf die eigene Verantwortung - zur Stützung der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe "keinen aufwendigen Lebenswandel geführt", ins Treffen geführten Einwände: Er (M*****) habe für Weitergabe lediglich an sechs im Wahrspruch (Hauptfrage 4 = fortl. Z 13) namentlich genannte Personen und für Eigenverbrauch nur 120 Gramm qualitativ hochwertiges Kokain zur Verfügung gehabt, wohingegen dort zusätzlich nicht nur andere mit Namen bezeichnete Personen, sondern auch "zahlreiche weitere, namentlich nicht bekannte Drogenabnehmer" angeführt sind. Ferner habe sich ab Jahresmitte 1999 seine finanzielle Situation gravierend verschlechtert (keine Arbeit, kein Einkommen, steigende Inanspruchnahme von Bankomat- und Mastercard). Zudem habe er insgesamt 162.000 S Schulden gehabt. Denn alle diese Umstände könnten durchaus auch vermehrtes Dealen von Kokain bedingt haben. Somit trachtet er erneut bloß unzulässig, die Beweiswürdigung der Geschworenen zu seinen Gunsten zu verändern.
Tarik A***** kritisiert in seiner Tatsachenrüge ebenfalls die
Beantwortung der ihn treffenden (uneigentlichen) Zusatzfragen 13 (=
fortl. Z 26) zur Hauptfrage 7 (= fortl. Z 25) und 25 (= fortl. Z 50)
zur Hauptfrage 13 (= fortl. Z 49) als verfehlt, weil er in der (für
ihn glaubwürdigen) Verantwortung auf seine eigene Sucht hingewiesen habe.
Er übergeht dabei jedoch seine Antwort auf die Frage der vernehmenden Beamten, ob er süchtig sei, er habe "höchstens 7-8 Nasen Cocain konsumiert" (S 167/3). Weder im Vorverfahren (S 165 ff und ON 108/3) noch in der Hauptverhandlung (S 327 ff ON 511/22) hat er sich auf seine (angebliche) Sucht berufen. So gesehen besteht auch der in einer gemäß § 35 Abs 2 StPO zur Stellungnahme der Generalprokuratur neuerlich behauptete Widerspruch zwischen den Feststellungen in den Zusatzfragen 13 und 25 einerseits und in der Hauptfrage 31 (= fortl. Z 103 = richtig: Schuldspruch C VII. 2.) nicht.
Die drei Beschwerdeführer vermögen daher aus den Akten weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§§ 3, 232 Abs 2, 254, 302 StPO) zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, noch aktenkundige Beweise zu bezeichnen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (vgl Mayerhofer aaO § 345 Z 10a E 3). Ihr Vorbringen erschöpft sich vielmehr insgesamt bloß in einer unzulässigen Bekämpfung der laienrichterlichen Beweiswerterwägungen.
Zur Beschwerde des Angeklagten A*****:
Entgegen der - bloß auf isoliert hervorgehobene Verantwortungsdetails der Mitangeklagten H***** (S 125/22), M***** (S 255 f/22), P***** (S 107 ff, 167/2 und S 137/22) und des sich insoweit uneingeschränkt schuldig bekennenden Beschwerdeführers (S 217 und 223/22) gestützten - Fragestellungsrüge (Z 6) war der Schwurgerichtshof nicht verpflichtet, zur Hauptfrage 39 (= fortl. Z 114 = Schuldspruch F wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch) eine Eventualfrage nach Diebstahl ohne die Qualifikation des Einsteigens und Verwendens eines widerrechtlich erlangten Schlüssels (§ 129 Z 1 StGB) in das Fragenschema aufzunehmen.
Denn bei einer Anklage wegen des - wie hier - gemäß § 129 Z 1 StGB qualifizierten Verbrechens des Diebstahls ist eine solche (§ 314 StPO) nicht zu stellen. Sie ist den Geschworenen nur dann vorzulegen, wenn es sich um rechtlich verschiedene Beurteilungen derselben Tat handelt und jene rechtliche Wertung, welche der Hauptfrage zugrundeliegt, die mit der Eventualfrage angestrebte Tatbeurteilung ausschließt (Mayerhofer aaO § 314 E 15). § 129 Z 1 StGB normiert im Gesetz namentlich angeführte, einen höheren Strafsatz bedingenden Erschwerungsgründe, die zwar den Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) bilden, aber auch - wie vorliegend - in die Hauptfrage aufgenommen werden können (§ 317 Abs 2 StPO), sofern die Geschworenen ausdrücklich darüber belehrt werden, dass sie diese mit einer entsprechenden Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) bejahen können (Mayerhofer aaO § 316 E 8 und 9). Dies ist aber im konkreten Fall sowohl durch den Hinweis auf die allgemeine Rechtsbelehrung (§ 325 Abs 2 StPO) als auch durch wiederholte Hinweise in der angeschlossenen gemäß § 321 StPO schriftlich erteilten Rechtsbelehrung (S 1, 2, 16 f) sowie durch den Vermerk auf jeder Seite des StPOFormProt 15 (Fragen an die Geschworenen) ausreichend erfolgt.
Soweit die Instruktionsrüge (Z 8) auch unter diesem Nichtigkeitsgrund zur Hauptfrage 39 eine Eventualfrage ohne Einbruchsqualifikation reklamiert, weiters an der Tatsache vorbei argumentiert, dass in dem dieser Hauptfrage zugrundeliegenden Wahrspruch unmissverständlich nicht auch der Typenschein als Diebstahlsobjekt angeführt ist, und in der Beschwerde nicht konkret dargelegt wird, welche zusätzlichen Unterscheidungskritierien zwischen widerrechtlicher "Erlangung" und widerrechtlicher "Verwendung" der tataktuellen Schlüssel in die - auch in dieser Hinsicht vom Vorsitzenden rechtskonform, erschöpfend und verständlich abgefasste - Rechtsbelehrung aufzunehmen gewesen wären (vgl hiezu die Rechtsbelehrung S 24), ist sie nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.
Angesichts der mehrfachen Hinweise (sowohl in der schriftlichen Rechtsbelehrung als auch im Fragenkatalog) auf die Möglichkeit der Geschworenen zu allfälligen Beschränkungen im Sinn des § 330 Abs 2 StPO bedurfte es keiner zusätzlichen und geänderten Belehrung zu den Hauptfragen nach dem Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch über die Möglichkeit, "gewisse Qualifikationsmerkmale" zu streichen.
Die Subsumtionsrüge (Z 12) bestreitet die dem Angeklagten A***** im Wahrspruch zu den Hauptfragen 5 (= fortl. Z 17 = Schuldspruch A 5.), 18 (= fortl. Z 69 = Schuldspruch A 11.) und 20 (= fortl. Z 77 = Schuldspruch A 12.) angelastete Gewerbsmäßigkeit nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG. Sie setzt sich dabei jedoch schlichtweg über die von den Geschworenen verneinte Suchtgiftmittelgewöhnung dieses Angeklagten (vgl die darauf bezugnehmenden uneigentlichen Zusatzfragen 9, 35 und 39 = fortl. Z 18, 70 und 78) hinweg und leitet ua aus der Tatsache seiner Verurteilung auch wegen Eigenkonsums von Kokain nach § 27 Abs 1 SMG (Schuldspruch C IV.) - eigenmächtig, weil auch hier selbst beweiswürdigend - ab, dass "auf diese Sucht auch sämtliche Urteilsfakten zurückzuführen sind, die eine Anwendung des § 28 Abs 3 zweiter Fall [gemeint: Satz zwei] Suchtmittelgesetz ermöglicht".
Solcherart wird der geltend gemachte materielle Nichtigkeitsgrund indes nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Denn der Oberste Gerichtshof ist bei seiner Entscheidung darüber strikt an das im Wahrspruch konstatierte subjektive und objektive Tatsachensubstrat gebunden und kann die Richtigkeit der Gesetzesanwendung nur auf dieser Grundlage prüfen. Auf behauptete Beweisergebnisse des Strafverfahrens, die in den Wahrspruch nicht eingeflossen sind, kann dieser materielle Anfechtungspunkt demnach nicht gestützt werden (Mayerhofer aaO § 345 Z 12 E 8 f, 15 f iVm § 281 E 26 f, 30 jeweils mit zahlreichen Judikaturhinweisen).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Geschworenengericht verhängte über die Angeklagten nach § 28 Abs 3 SMG, § 28 Abs 1 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Ali P***** unter Einbeziehung des rechtskräftigen Schuldspruchs, AZ 20 Vr 3424/99, Hv 5/00 des Landesgerichtes Innsbruck vom (richtig) 10. August 2000 (wegen §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und 15 StGB), sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. Februar 2000, AZ 23 E Vr 2238/99, Hv 174/99 (wegen § 164 Abs 1, 2 und 3 StGB sechs Monate Freiheitsstrafe), fünfeinhalb Jahre als Zusatzstrafe, ferner über Ismail K***** vier Jahre, über Patrick M***** fünf Jahre, über Zoran A***** unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 11. Februar 2000, AZ 29 E Vr 2700/99, Hv 136/99 (wegen §§ 109 Abs 3 Z 1, 83 Abs 1, 107 Abs 1 und 125 StGB drei Monate Freiheitsstrafe), zusätzlich vier Jahre und neun Monate, über Tarik A***** dreieinhalb Jahre und über Cengiz A***** nach § 27 Abs 1 SMG, § 28 Abs 1 StGB drei Monate.
Bei der Strafbemessung wertete es
bei Ali P***** erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit vier Vergehen, die Wiederholung (richtig) der Vergehen der Nötigung und (gemeint) die Bestimmung mehrerer Personen zum Verbrechen des Suchtgiftschmuggels sowie fünf einschlägige Vorstrafen, mildernd das teilweise Geständnis;
bei Ismail K***** erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit zwei Vergehen, die Wiederholung der Vergehen der Körperverletzung und nach § 27 Abs 1 SMG sowie eine einschlägige Vorstrafe, mildernd das teilweise Geständnis;
bei Patrick M***** erschwerend das Zusammentreffen (richtig) dreier Verbrechen mit zwei Vergehen und die Wiederholung des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Alter unter 21 Jahren und das Geständnis;
bei Zoran A***** erschwerend das Zusammentreffen von (richtig) vier Verbrechen mit fünf Vergehen und die Wiederholung des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, mildernd das Geständnis;
bei Tarik A***** erschwerend das Zusammentreffen (richtig) zweier Verbrechen mit einem Vergehen und die Wiederholung des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, mildernd das Geständnis;
bei Cengiz A***** erschwerend die Wiederholung des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, mildernd das teilweise Geständnis.
Dagegen richteten sich die ungegründeten Berufungen der genannten Angeklagten.
Das Geschworenengericht hat die Strafzumessungstatsachen im Wesentlichen nicht nur richtig und vollständig festgestellt, sondern diese (im Ergebnis) auch zutreffend gewichtet und über die Angeklagten differenzierte (auch im Verhältnis zueinander ausgewogene) Sanktionen verhängt, die sowohl der personalen Täterschuld als auch dem Unrechtsgehalt der Taten gerecht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die (gemäß § 333 StPO ua gemeinsam über die zu verhängenden Strafen entscheidenden) drei Berufs- und acht Laienrichter mehrere Monate hindurch Gelegenheit hatten, sich mit Vorleben, Werdegang, Charakter und Persönlichkeit der sechs Berufungswerber sowie mit den ihnen vorgeworfenen Straftaten eingehend zu befassen, somit unmittelbar ein verlässliches Bild von den Täterpersönlichkeiten zu gewinnen.
Angesichts zweier Vorstrafen wegen Körperverletzungs- und Eigentumsdelikten rechtfertigt - der Berufung des Ali P***** zuwider - die Tatsache, dass er "im Jahre 1999, sohin erst wenige Monate vor seiner Verhaftung [20. Dezember 1999] ins Milieu abgeglitten ist", keine Reduzierung der über ihn verhängten Zusatzstrafe, weil er insbesondere beim Suchtgiftschmuggel von ca 100 bis 140 Gramm hochwertigem Kokain eine entscheidende Rolle gespielt und mehrere Mittäter dazu bestimmt hat.
Entgegen der Berufung des Ismail K***** hat dieser sich in der Hauptverhandlung zum gravierenden Vorwurf des Suchtgiftverbrechens (A 3.) nur teilweise schuldig bekannt (vgl S 277/22) und lediglich eingestanden, Tamara G***** einmal vorsätzlich verletzt zu haben (Schuldspruch H; vgl S 281 f/22). Die Verurteilung vom 28. Juni 1996 wegen des Vergehens nach § 134 Abs 1 StGB steht im Widerspruch zur Behauptung, er habe bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt. Die über ihn verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren ist somit tat- und schuldangemessen.
Der vom Angeklagten Patrick M***** mit der Behauptung, er habe die Taten zum Teil (Schuldspruch A 9.) in einem Zustand "weitgehend herabgesetzter Zurechnungsunfähigkeit" durch Drogenkonsum begangen, zusätzlich reklamierte Milderungsgrund liegt selbst bei verständiger Leseart (gemeint offenbar: herabgesetzter Zurechnungsfähigkeit) nicht vor. Denn dass er als PKW-Lenker - wie er selbst eingesteht - vor Antritt des Suchtgifttransports von Rotterdam nach Österreich "vollkommen mit Kokain voll war" und ihn die Mittäter mit der Konterbande "allein fahren" ließen, kann ihm unter den gegebenen Umständen keinesfalls als mildernd zugerechnet werden. Das "Geständnis" und das "Alter unter 21 Jahren" zur Tatzeit wurden bei der ausgemessenen Strafhöhe zureichend berücksichtigt. Einer breiteren Erörterung dieser Tatsachen im Sinne des Berufungsvorbringens bedurfte es nicht. Die vom Erstgericht mit fünf Jahren Freiheitsstrafe geschöpfte Sanktion ist vor allem wegen des dem Schuldspruch A 4., 9., 11. und 12. zugrundeliegenden bedeutenden Unrechtsgehaltes und Gesinnungsunwertes einer (primär beantragten) Reduktion unzugänglich. Die Verhängung einer eventualiter begehrten teilbedingten Freiheitsstrafe ist wegen der Gefährlichkeit der Person des Angeklagten auch unter dem Aspekt des § 41 Abs 3 iVm § 43a Abs 4 StGB ausgeschlossen.
Das Rechtsmittel des Angeklagten A***** hinwieder enthält zur Stützung des Berufungsantrages, die Freiheitsstrafe "deutlich herabzusetzen", nichts Substantiielles. Der Berufungswerber ergeht sich lediglich weitwendig in Beweiswerterwägungen nach Art einer Schuldberufung und trachtet mit bereits in der Nichtigkeitsbeschwerde erfolglos vorgetragenen Argumenten (unzulässig) den ihn treffenden Wahrspruch und den darauf beruhenden Schuldspruch wegen dreier Verbrechen zu seinem Vorteil zu verändern. Dieses Vorbringen ist im Berufungsverfahren unbeachtlich, weil auch hier primär von im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tatsachen auszugehen ist. Soweit er mit Bezugnahme auf den labilen Zustand seiner Ehegattin und die Sorgepflicht für zwei minderjährige Kinder sowie unter Verneinung generalpräventiver Erfordernisse eine Herabsetzung der verhängten Zusatzstrafe von vier Jahren und neun Monaten als notwendig erachtet, versagen auch diese Einwände.
Ebensowenig ist Tarik A***** im Stande, vom Tatgericht unberücksichtigt gebliebene, zusätzliche Gründe darzulegen, die geeignet wären, sein Verschulden und den Unwert seiner Taten in ein günstigeres Licht zu rücken. Seine Ansicht, die Aus- und Einfuhr einer großen Suchtgiftmenge einerseits und das Inverkehrsetzen derselben andererseits, sei als "einheitliche Tat" zu betrachten, ist verfehlt. Denn nach gefestigter Rechtsprechung handelt es sich dabei um zwei gesonderte, real konkurrierende Verbrechen (vgl Foregger/Litzka/Matzka SMG § 27 Anm. VI. 2.). Der Aktenlage folgend, ist der zusätzlich relevierte Milderungsgrund, "dass er sich zum Zeitpunkt der Begehung der Straftaten in einer durch regelmäßigen Kokainkonsum beeinträchtigten Gemütsverfassung befand und in seiner Willensbildung und Entscheidungsfähigkeit zumindest beeinträchtigt war", nicht gegeben. Schuld und Unrecht des ihm insgesamt zur Last liegenden strafbaren Verhaltens werden auch dadurch nicht gemindert, dass er bei der Aus- und Einfuhr von 400 Gramm an qualitativ hochwertigem Kokain (A 9.) weder "Initiator noch Financier" der Schmuggelfahrt war.
Die Berufung des Cengiz A***** schließlich übergeht, dass dieser nur zum Erwerb einer nicht großen Suchtgiftmenge ein volles und reumütiges Geständnis abgelegt, den Verkauf von Kokain aber bestritten hat (vgl S 145 bis 149/22). Der Tatzeitraum "im Verlauf des Jahres 1999 bis Frühjahr 2000" (C IX.) ist der Berufung zuwider keinesweges "sehr kurz". Die Annahme seiner Gewöhnung an ein Suchtmittel im Sinn des § 27 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz SMG widerspricht der Aktenlage. Angesichts mehrerer Vorstrafen wegen einer Vielzahl von verschiedenen Vermögensdelikten bis November 1995 kann eine bisher nicht erfolgte Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz nicht zusätzlich mildernd sein, noch viel weniger zu einer Herabsetzung der (maßvoll) verhängten Freiheitsstrafe führen.
Aus den dargelegten Gründen war somit auch den unbegründeten Berufungen ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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