Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Pjotr W***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. August 2000, GZ 8b Vr 5468/00-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zu Last.
Gründe:
Pjotr W***** wurde des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 3. Juli 2000 in Wien Evelina S***** mit gegen sie gerichteter Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht hat, indem er sie zu Boden riß, sich auf sie legte, sie an beiden Armen festhielt und mit Gewalt niederdrückte, wobei er mit der Hand in ihren Slip hineinfuhr und sodann an der Scheide berührte und versuchte, ihr den Slip herunterzureißen.
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider stützt sich die Feststellung, der Angeklagte hätte versucht, der Zeugin S***** den Slip auszuziehen, ebenso auf deren Aussage wie diejenige, dass die Zeugin sein eregiertes Glied spürte, als er ihr unter den Rock griff (S 43, 82, 147), sodass Aktenwidrigkeit - die im Übrigen nur in der unrichtigen Wiedergabe des Inhalts von im Akt erliegenden Urkunden oder anderen Beweismitteln, jedoch nicht in der Bestreitung der von den Tatrichtern daraus beweiswürdigend gezogenen Schlüsse bestehen kann - nicht vorliegt. Mangels Konkretisierung ist der Einwand "bei Entfall dieser Feststellungen hätte das Erstgericht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung finden müssen" nicht erwiderungsfähig. Außerdem haben die Tatrichter entgegen dem - der Sache nach Unvollständigkeit (Z 5) monierenden - Beschwerdeeinwand in der Subsumtions- rüge (Z 10) ohnedies angenommen, dass der Angeklagte nur den Hosenschlitz geöffnet hatte und die Zeugin zum Zeitpunkt der unfreiwilligen Abstandnahme von der geplanten Durchführung des Beischlafs noch nicht entkleidet war (US 4, 7).
Die Rechtsrüge (Z 10, inhaltlich Z 9 lit a) lässt eine gesetzmäßige Darstellung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes vermissen. Hiefür wird nämlich nicht nur ein striktes Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt gefordert, sondern auch der ausschließlich auf dessen Basis geführte Nachweis, dass dem Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes, sei es auch zu Folge eines Feststellungsmangels, ein Rechtsirrtum unterlaufen ist. Dabei darf weder ein konstatierter Umstand übergangen, noch die Entscheidungsgrundlage eigenmächtig erweitert werden. In eben diese prozessualen Fehler verfällt die Beschwerde, indem sie mit dem Einwand, zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs hätte es noch der Entkleidung des Angeklagten und der Zeugin bedurft, sodass die Tat nicht einmal ins Versuchsstadium getreten sei, die Urteilskonstatierungen in ihrer Gesamtheit negiert, wonach der Angeklagte Evelina S***** in vorgefasster Vergewaltigungsabsicht zu Boden gerissen, niedergedrückt und schließlich versucht hat, ihr den Slip herunterzureißen (US 2, 4, 7 und 8). Die Behauptung, die Annahme der Tatrichter, der Angeklagte habe einen Geschlechtsverkehr durchführen wollen, sei "rein hypothetisch" und "mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht vereinbar", stellt lediglich unter Bezugnahme auf spekulative eigene Beweiserwägungen (Rückschlüsse aus dem Stadium der Entkleidung des Angeklagten und der Zeugin, Art der Berührung) einen unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung in Form einer Schuldberufung dar und ist ebenfalls zur gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge nicht geeignet.
Die weiters in der Berufung vorgebrachte Ansicht, die Tatrichter hätten insofern gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall (StPO) verstoßen, als sie als Grundlage für die Ablehnung gänzlicher oder teilbedingter Strafsnachsicht das massive und rücksichtslose Vorgehen des Angeklagten gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht des Opfers herangezogen haben, verkennt, dass es zulässig ist, zur Begründung der Prognoseentscheidung nach §§ 37, 43 und 43a StGB (Strafzumessung im weiteren Sinn) auf besondere Umstände des Einzelfalls zu verweisen, mögen diese auch bereits Grundlage für die Strafdrohung gewesen sein (15 Os 144/99).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1, zum Teil Z 1 StPO).
Über die Berufung wird das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).
Nicht nachvollziehbar ist allerdings der Antrag des Beschwerdeführers, seiner Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben, "nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten" und die Sache zu nochmaliger Verhandlung an das zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen (S 197). Denn der Nichtigkeitsgrund des § 281a StPO (Entscheidung über einen Anklageeinspruch oder Versetzung in den Anklagestand durch ein unzuständiges Oberlandesgericht), auf den § 288a StPO abstellt, konnte im vorliegenden Fall von vornherein nicht verwirklicht worden sein, weil gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft kein Einspruch erhoben worden ist (ON 12).
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