Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 2000 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richterin Mag. Strebl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang G***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, AZ 19 Vr 1112/99 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom 11. Mai 2000, AZ 9 Bs 141/00 (= ON 283), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Wolfgang G***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Gründe:
Gegen Wolfgang G***** behängt beim Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 19 Vr 1112/99 eine Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, weil er dringend verdächtig ist, am 2. November 1998 in St. Nikolai/Sausal mit dem derzeit flüchtigen Erich V***** als Beteiligte nach § 12 erster Fall StGB einer Bediensteten des dortigen Postamtes durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung von Waffen Bargeld von 191.570,04 S mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz abgenötigt zu haben, indem er eine Langwaffe und Erich V***** eine Faustfeuerwaffe gegen die Bedienstete richteten.
Der Beschuldigte, über den am 30. August 1999 vom Oberlandesgericht Düsseldorf nach vorläufiger Anhaltung rückwirkend ab 10. August 1999 die Auslieferungshaft verhängt worden war (S 457/IV), wurde am 8. November 1999 von der Bundesrepublik Deutschland an Österreich ausgeliefert und befindet sich seit 11. November 1999 in Untersuchungshaft (S 168 ff IV).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Graz einer Haftbeschwerde des Beschuldigten nicht Folge gegeben und die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1 und Abs 2 Z 1 und 3 lit a, b und c StPO bis längstens 11. Juli 2000 angeordnet.
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde ist nicht im Recht.
Soweit der Beschwerdeführer die Annahme des dringenden Tatverdachtes bestreitet, setzt er sich mit der ausführlichen Begründung des Oberlandesgerichtes nicht auseinander, sondern versucht lediglich, die Stichhaltigkeit der Täterbeschreibungen des Raubopfers Maria L***** und deren Kollegin Heidemarie K***** welche das Alter der Täter mit 20 bis 30 Jahren geschätzt hatten, durch den Vergleich mit dem tatsächlichen Alter des Beschwerdeführers (50 Jahre) in Zweifel zu ziehen. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass das Oberlandesgericht die Annahme des dringenden Tatverdachtes auf eine Reihe gewichtiger, von der Beschwerde nicht erörterter Verfahrensergebnisse, nicht aber auf die Altersangaben dieser beiden Zeugen stützte, welche zudem unter dem Aspekt zu beurteilen sind, dass die beiden Täter Vollvisierhelme getragen haben.
Der Hinweis auf das photogrammetrische Gutachten Dris R***** (ON 259), durch welches dargelegt werden sollte, dass der Beschuldigte aufgrund der Größenverhältnisse als Täter nicht in Frage komme, geht fehl, weil darnach die Körpergröße der beiden Posträuber nicht, wie vom (170 cm großen) Beschwerdeführer behauptet, mit 184+/-3 cm, sondern mit 174+/-3 cm errechnet wurde.
Der Einwand, das Oberlandesgericht habe zur Begründung der Tatbegehungsgefahr bloß eine "abstrakte Rückfallgefahr" angenommen, geht ins Leere, wurden doch mit den Vorverurteilungen nach dem Waffengesetz und wegen Vermögensdelikten, dem unregelmäßigen Einkommen sowie der prekären finanziellen Situation (vgl sichergestellte Unterlagen ON 251) zutreffend jene bestimmten Tatsachen aufgezeigt, welche mit Grund befürchten lassen, der Beschwerdeführer werde auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens neuerlich eine strafbare Handlung mit schweren (Z 3 lit a) oder zumindest mit nicht bloß leichten Folgen (Z 3 lit b) begehen, welche gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist, wie die ihm nunmehr angelastete strafbare Handlung mit schweren Folgen.
Weil dieser Haftgrund allein bereits die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt, war auf die gegen die ebenfalls angenommene Fluchtgefahr vorgebrachten Einwendungen nicht weiter einzugehen.
Angsichts der sich aus dem Vorleben und der aktuellen Anlasstat ergebenden Persönlichkeitsstruktur des Beschuldigten kann die Haft durch gelindere Mittel nach § 180 Abs 5 StPO nicht erfolgversprechend substitutiert werden.
Der Behauptung schließlich, es sei zu unvertretbaren Verfahrensverzögerungen gekommen - womit ersichtlich die allein grundrechtsrelevante Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft releviert wird - fehlt es schon an der fundamentalen Anfechtungsvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges, weil dieser Umstand nicht zum Gegenstand einer dafür vorgesehenen Beschwerde an die Ratskammer nach § 113 StPO gemacht wurde. Von einer unverhältnismäßig langen Haft kann aber auch im Hinblick auf die nach der Verdachtslage in Betracht kommende Freiheitsstrafe von 5 bis 15 Jahren und die Vorstrafenbelastung des Beschwerdeführers einerseits sowie die erst ab 10. August 1999 zu berücksichtigende Haftdauer andererseits keine Rede sein.
Da somit Wolfgang G***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, war die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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