Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Juni 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ernst Peter R***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 12. Jänner 2000, GZ 14 Vr 1003/99-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe und des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Ernst Peter R***** wurde der Verbrechen (I) des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und (II 1, 2, 3 und 4) des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (III 1, 2, 3, 4) des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB und (IV) der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Attnang Puchheim
(I) zwischen 1987/1988 und 24. November 1989 mit der am 24. November 1975 geborenen, unmündigen Cornelia F***** sowie zwischen 1988 oder 1990 und 17. Februar 1992 mit der am 17. Februar 1978 geborenen, unmündigen Bianca F***** wiederholt den Beischlaf unternommen;
(II) außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an unmündigen Personen vorgenommen oder von unmündigen Personen an sich vornehmen lassen, und zwar:
(1) ab 1983 bis spätestens 24. November 1989 an der am 24. November 1975 geborenen Cornelia F***** dadurch, dass er wiederholt seinen Finger in die Scheide des Mächens einführte, das Mädchen an der Brust und im Scheidenbereich betastete und an deren Brust schleckte, an ihr einen Oralverkehr durchführte und von ihr an seinem Glied Handonanie betreiben ließ,
(2) zwischen 1986 und spätestens 17. Februar 1992 an der am 17. Februar 1978 geborenen Bianca F***** dadurch, dass er sie wiederholt über und unter der Kleidung im Geschlechts- und Brustbereich betastete, mit seinem Finger zwischen ihre Schamlippen fuhr und das Mädchen über seine Aufforderung seinen erigierten Penis in die Hand nahm,
wobei Ernst R***** während der zu Pkt 1. und 2. beschriebenen Tathandlungen den dort genannten Tatopfern Cornelia und Bianca F***** jeweils pornographische Filme vorführte,
(3) zwischen 1995 und spätestens Ende der Sommerferien 1999 an der am 5. September 1987 geborenen Sabrina G***** dadurch, dass er sie wiederholt über und unter der Kleidung am Brust- und Geschlechtsbereich streichelte und betastete, in ihre Hose griff und ihr Gesäß betastete,
(4) zwischen 1995 und etwa April 1999 an der am 5. Juli 1988 geborenen Tamara G***** dadurch, dass er sie wiederholt am Geschlechts- und Brustbereich über und unter der Kleidung streichelte und betastete, in ihre Hose fuhr und sie am Gesäß betastete;
(III) unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber einer seiner Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht unterstehenden minderjährigen Person, nämlich seiner im folgenden genannten Nichten, diese zur Unzucht missbraucht, nämlich:
(1) ab 1983 bis zuletzt 1992 Cornelia F***** durch die zu Pkt I und II 1 beschriebenen Tathandlungen, sowie dadurch, dass er diese Tathandlungen auch noch nach dem 24. November 1989 fortsetzte;
(2) zwischen 1986 und 17. Februar 1992 Bianca F***** durch die zu Pkt I und II 2 beschriebenen Tathandlungen,
(3) zwischen 1995 und spätestens Ende der Sommerferien 1999 Sabrina G***** durch die zu Pkt II 3 beschriebenen Tathandlungen,
(4) zwischen 1995 und etwa April 1999 Tamara G***** durch die zu Pkt II 4 beschriebenen Tathandlungen.
(IV) Im Jahre 1983 dadurch, dass er vor der damals achtjährigen Cornelia F***** ins Waschbecken ejakulierte, eine Handlung, die geeignet war, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter 16 Jahren zu gefährden, vor einer unmündigen Person vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu befriedigen.
Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Soweit die Mängelrüge (Z 5) die Feststellungen des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite als unzureichend begründet moniert und als Scheinbegründung, "getragen von der Absicht, die während des Erkenntnisverfahrens unterlassene Hinterfragung der subjektiven Tatseite auf diese Weise zu sanieren" bezeichnet, bekämpft sie lediglich die vom Erstgericht aus dem objektiven Tatgeschehen in subjektiver Hinsicht abgeleiteten, mit den Denkgesetzen in Einklang stehenden Folgerungen und damit unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter, wobei die Beschwerde im Übrigen nicht darlegt, warum sich nach den Denkgesetzen oder allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss auf die zu begründende Tatsache überhaupt nicht ziehen ließe oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar sei, weswegen sie nicht ausreichend substantiiert ist.
Gleiches gilt für die Kritik an den beweiswürdigenden Erwägungen der Erkenntnisrichter zum Umfang der Tathandlungen betreffend die Tatopfer Sabrina und Tamara G***** sowie deren Dauer bei Sabrina G***** bis Ende der Sommerferien 1999.
Entgegen der Beschwerdebehauptung hat das Erstgericht ausführlich begründet und denklogisch korrekt dargelegt, wie es zu diesen Annahmen gekommen ist und warum es zu Art und Intensität der Berührungen die Angaben der Geschädigten vor der Sicherheitsbehörde (S 85, 87) und die sich damit deckenden Depositionen des Angeklagten (S 33, US 16) den Feststellungen zugrundegelegt und sich zur Tatzeit bei Sabrina G***** auf deren aus dem Gedächtnisprotokoll und den Depositionen vor der Untersuchungsrichterin hervorgehenden Angaben (vgl ON 16, US 16) gestützt hat, wobei es auch darauf eingegangen ist, warum davon abweichende Aussagen die Feststellungen nicht zu tragen vermögen.
Wenn die Beschwerde unter (isolierter) Heranziehung der den Angeklagten entlastenden Aussagen der Zeuginnen Tamara und Sabrina G***** vor der Untersuchungsrichterin sowie unter Berufung auf den Zweifelsgrundsatz die Ableitung für den Angeklagten insofern günstigerer Schlüsse begehrt, als (ihrer Meinung nach) nur flüchtige Berührungen der Geschwister G***** über der Bekleidung festzustellen gewesen wären, bekämpft sie wiederum unzulässig und unbeachtlich die Beweiswürdigung der Tatrichter. Damit erübrigt sich aber auch ein Eingehen auf die Frage, inwieweit nur flüchtige sexualbezogene Berührungen dem Tatbestand des § 207 Abs 1 StGB aF zu unterstellen gewesen wären.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) erschöpft sich zum einen nur in einem unzulässigen Verweis auf Punkt 3 der Mängelrüge, zum anderen begehrt sie - ohne sachbezogene Begründung - die Unterstellung der Tathandlungen an den Geschwistern G***** unter die Bestimmung des § 207 Abs 1 StGB aF. Solcherart entbehrt sie der gesetzmäßigen Ausführung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrundes.
Die in der Hauptverhandlung weiters angemeldete Berufung "wegen Schuld" war (weil im Schöffenverfahren nicht vorgesehen) gleichfalls zurückzuweisen (§§ 283 Abs 1, 294 Abs 4 StPO).
Über die Berufung des Angeklagten (wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche) wird demnach das hiefür zuständige Oberlandesgericht Linz zu befinden haben (§ 285i StPO).
Die rechtsirrige Unterstellung des mit Cornela F***** vor 1989 durchgeführten Oralverkehrs mit Einführen des Fingers in die Scheide unter § 207 Abs 1 StGB nF (die Vornahme eines Oralverkehrs sowie das Einführen des Fingers in die Scheide sind nach der neuen Rechtslage unter § 206 Abs 1 StGB zu subsumieren, bei Begehung eines derartigen Deliktes vor Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes 1998 BGBl I 1998/153 ist infolge Günstigkeitsvergleiches das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB alte Fassung verwirklicht), wirkte sich nicht zum Nachteil des Angeklagten aus, sodass ein amtswegiges Vorgehen des Obersten Gerichtshofes nach § 290 Abs 1 StPO nicht geboten war.
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