Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Handler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Vjekoslav F***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ Vr 65/99 des Landesgerichtes Feldkirch bzw 24d Vr 2016/99 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, im Zuständigkeitsstreit zwischen dem Landesgericht Feldkirch und dem Landesgericht für Strafsachen Wien nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Das Strafverfahren steht dem Landesgericht Feldkirch zu.
Gründe:
Am 27. Jänner 1999 wurden zum AZ Vr 65/98 des Landesgerichtes Feldkirch Vorerhebungen gegen Vjekoslav F***** wegen des Verdachtes strafbarer Handlungen nach § 159 StGB und § 114 ASVG eingeleitet.
In dieses Verfahren wurde am 1. März 1999 eine Nachtragsanzeige des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg gegen den Genannten wegen Verdachtes des in Wien und Feldkirch begangenen Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB einbezogen.
Nach Abtretung des Verfahrens an das Landesgericht für Strafsachen Wien, Rückabtretung an das Landesgericht Feldkirch und abermaliger Abtretung des Verfahrens an das Landesgericht für Strafsachen Wien sprach das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 21. Juni 1999, AZ 21 Ns 128/99, aus, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien zur Führung der Strafsache nicht zuständig ist und übermittelte die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck, das mit Beschluss vom 6. Juli 1999, AZ 6 Ns 1233/99, die Zuständigkeit des Landesgerichtes Feldkirch verneinte und die Akten gemäß § 64 Abs 1 StPO zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonfliktes dem Obersten Gerichtshof vorlegte.
Unbestritten ist, dass für das Strafverfahren gegen Vjekoslav F*****, den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma S***** GmbH mit Sitz in Wien und letzter Betriebsstätte in Feldkirch, (*****), soweit es den Verdacht der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 (Abs 1 Z 1 und Z 2) StGB, nach § 114 ASVG und des Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB zum Gegenstand hat, im Hinblick auf die Tatbegehung teils in Wien, teils in Feldkirch und das Zuvorkommen des Landesgerichtes Feldkirch, dieses Gericht zuständig ist (§§ 51, 56 Abs 2 StPO).
Strittig hingegen ist die Schadenshöhe zum Tatverdacht in Richtung betrügerischer Krida nach § 156 StGB (Beiseiteschaffen oder Veräußerung von vier seinerzeit auf das genannte Unternehmen zugelassenen Kraftfahrzeugen).
Während das Oberlandesgericht Wien aus den bisherigen Verfahrensergebnissen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Überschreitung der Wertgrenze des § 156 Abs 2 StGB und damit für die Zuständigkeit des Schöffengerichtes und die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ableitete, vertrat das Oberlandesgericht Innsbruck die Auffassung, dass "die in den Unterlagen angeführten Fahrzeugmarken, Typenbezeichnungen sowie die jeweiligen Zulassungsdaten die hohe Wahrscheinlichkeit begründen, dass der Gesamtwert der mutmaßlichen Tatobjekte über 500.000 S lag und demzufolge durch die angezeigte Tat ein 500.000 S übersteigender Schaden herbeigeführt wurde bzw herbeigeführt werden sollte ... Da als Tatort dieses Delikts Wien angenommen werden muss", sei das Landesgericht Feldkirch zur Führung der gegenständlichen Strafsache nicht zuständig.
Da den Akten nur in einem Fall die Erstzulassungsdaten, im übrigen aber keinerlei sonstige, für die Werte der Fahrzeuge bestimmende Kriterien zu entnehmen waren, beauftragte der Oberste Gerichtshof das Oberlandesgericht Innsbruck zunächst mit weiteren Erhebungen, die mit Ausnahme der restlichen Erstzulassungsdaten kein Ergebnis erbrachten; insbesondere konnte nicht geklärt werden, wo sich die in Rede stehenden Fahrzeuge derzeit befinden. Die von der Kriminalabteilung für Vorarlberg beim V***** eingeholte Auskunft ergab, das der Gesamtwert der Fahrzeuge laut Eurotax 524.000 S beträgt; Zustand und Kilometerleistung blieben dabei außer Betracht.
Von den widerstreitenden Auffassungen der über die Zuständigkeit ihnen untergeordneter Gerichte uneinigen Gerichtshöfe zweiter Instanz kommt jener des Oberlandesgerichtes Wien im Ergebnis Berechtigung zu.
Die Verlässlichkeit der auf der Grundlage der dazu vorliegenden Verfahrensergebnisse vorgenommenen aktuellen Bewertung, die fallbezogen noch dazu durch eine bloß geringe Wertgrenzenüberschreitung akzentuiert ist, scheitert an der hier unmöglichen, grundsätzlich aber unabdingbaren Begutachtung der Tatobjekte bzw. Konkretisierung der hiefür wesentlichen wertmaßgebenden Faktoren und entspricht solcherart nicht einmal den Anforderungen eines Anschuldigungsbeweises. Eine tragfähige Grundlage für die Annahme eines 500.000 S übersteigenden Schadens liegt somit nicht vor.
Darüber hinaus fehlen aber auch - dem Standpunkt des Oberlandesgerichts Innsbruck zuwider - Anhaltspunkte für die Annahme, dass als Tatort Wien "angenommen werden muss". Denn im Hinblick auf die letzte Betriebsstätte des Unternehmens in Feldkirch ist auf Grund der bisher vorliegenden Erhebungsergebnisse primär davon auszugehen, dass ein allfälliger Eingriff in die Befriedigungsrechte der Gläubiger gleichfalls dort stattfand oder veranlasst wurde, wobei die bloße Abmeldung der in Rede stehenden Fahrzeuge in Wien die hier ausschlaggebenden objektiven Tatbestandserfordernisse für sich allein nicht erfüllt und insoweit ohne Relevanz ist.
Das Landesgericht Feldkirch ist danach - entgegen der in ihrem abweichenden Ergebnis unbegründet gebliebenen Stellungnahme der Generalprokuratur - im Strafverfahren gegen Vjekoslav F***** örtlich und sachlich zuständig.
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