Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Edita Sch*****, vertreten durch Lirk-Ramsauer-Perner Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Zumtobel-Kronberger Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Aufhebung eines Kaufvertrages und Zahlung (S 396.000,-- sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 29. September 1999, GZ 1 R 127/99y-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 29. März 1999, GZ 6 Cg 70/98t-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit S 17.540,-- (hierin enthalten S 2.925,-- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Nach den maßgeblichen - und gemäß § 510 Abs 3 erster Satz ZPO ebenfalls nur verkürzt wiederzugebenden - Feststellungen kaufte die Klägerin mit Kaufvertrag vom 10./17. 4. 1997 von der beklagten Partei als Bauträgerin des Bauprojektes "K*****" in Aigen eine Eigentumswohnung im dritten Obergeschoß. In den vorangegangenen Besprechungen mit einem von der beklagten Partei eingeschalteten selbständigen Immobilienmakler legte die Klägerin ausdrücklich Wert darauf, nur eine Wohnung ohne Balkon erwerben zu wollen, wobei es in den damals bereits vorliegenden Prospektunterlagen der beklagten Partei hieß, dass auf Balkone zu Gunsten von Loggien verzichtet wird, und auch auf einer Computerzeichnung der als "Turmblock" gestalteten und damals bereits baugenehmigten Anlage Balkone nicht vorgesehen waren. Lediglich auf Seite 5 der einen Bestandteil des Kaufvertrages bildenden technischen Anlagen war festgehalten, dass "Abänderungen im Ausführungs- und Lieferumfang möglich sind, wenn sich hiemit nach Ansicht des Architekten und Bauträgers eine technische und gestalterische Verbesserung ergibt." Nach Punkt 4.2. des Kaufvertrages sollten nur "unwesentliche Änderungen in der Ausführung oder Abweichungen vom Bauplan unberücksichtigt bleiben." Die Klägerin dachte hiebei nur an Änderungen im Innenbereich, nicht im entferntesten jedoch, dass hievon auch die Errichtung von Balkonen umfasst sein könnte. Tatsächlich wurde das Objekt in der Folge jedoch mit Balkonen ausgeführt, worauf die Klägerin - nach längerem Schriftverkehr - mit Schreiben vom 2. 12. 1997 ihren Rücktritt vom Vertrag erklärte und die Rückzahlung ihrer geleisteten Kaufpreisanzahlung in Höhe von S 396.000,-- verlangte.
Mit der am 24. 3. 1998 eingebrachten Klage stellte sie das Begehren, dass der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Kaufvertrag aufgehoben sei und die beklagte Partei die vorgenannte Kaufpreisanzahlung sA zurückzuzahlen habe.
Beide Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren - unter Abweisung bloß eines geringfügigen Zinsenmehrbegehrens, welches mangels Anfechtung in Rechtskraft erwuchs - statt. Während das Erstgericht von einem wesentlichen, durch die beklagte Partei veranlassten Geschäftsirrtum im Sinne des § 871 ABGB ausging, der gemäß § 877 ABGB zur Rückabwicklung führe, qualifizierte das Berufungsgericht den Anspruch als solchen wegen Nichterfüllung nach § 918 ABGB zufolge dauernder Unmöglichkeit (Leistungsvereitelung), weil die beklagte Partei eine den vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin nicht entsprechende und nunmehr auch nicht mehr rückführbare Umplanung vorgenommen habe. Das mangelnde Kaufinteresse der Klägerin an einer balkonlosen Wohnung hätte die beklagte Partei lediglich ihrerseits zu einem Rücktrittsrecht nach Punkt 5.2. des Kaufvertrages (§ 6 BTVG) berechtigt. Die beklagte Partei habe daher auch gemäß § 921 ABGB das bereits empfangene Entgelt zurückzuerstatten.
Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, "da davon ausgegangen werden kann, dass über Veranlassung von Bauträgern zur Erleichterung der Abwicklung von Bauvorhaben vergleichbare Vertragsbestimmungen in Bauträgerverträge aufgenommen werden, sodass den behandelten Fragen der Auslegung solcher Vertragsbestimmungen Bedeutung über den vorliegenden Anlassfall hinaus zukommt."
In der gegen dieses Urteil erhobenen und auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision wird dem Berufungsgericht eine "unzutreffende Vertragsauslegung entgegen § 914 ABGB objektiv nach der Verkehrsanschauung" vorgeworfen; es hätte sich bei der Vorstellung der Klägerin von einer balkonlosen Wohnung nur um ein "unmaßgebliches Motiv" gehandelt; die Einteilung der gekauften Wohnung sei "völlig unverändert geblieben", und "lediglich zusätzlich" ein Balkon dazugekommen, was auch nach dem WEG zulässig sei.
Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der primär die Zurückweisung des erhobenen Rechtsmittels mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage beantragt wird.
Die Revision zeigt in der Tat keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf. Voraussetzungen dafür ist nach dieser Gesetzesstelle, dass die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung ist - worauf auch das Berufungsgericht an sich zutreffend hinwies - von der Vertragsauslegung der zwischen den Parteien vor Kaufvertragsabschluss gepflogenen mündlichen Absprachen einerseits und der Vertragsurkunde samt Anhängen andererseits geprägt. Steht die Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen mit den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung im Einklang, so liegt nach ständiger Rechtsprechung keine erhebliche Rechtsfrage vor, kommt doch der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0042776; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 502). Von einem (unbeachtlichen) Motivirrtum in der Vorstellung der Klägerin kann nach den maßgeblichen Feststellungen jedenfalls keine Rede sein. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass es sich bei der von der beklagten Partei - nach Baugenehmigung bewusst (und ohne Rücksprache mit der Käuferin) - vorgenommenen Ausführungsänderung um keine, von Punkt 4.2. des Kaufvertrages gedeckte und unberücksichtigt zu bleibende "unwesentliche" Änderung handelte, ist keineswegs so zu beurteilen, dass es sich hiebei um eine wesentliche Verkennung der Rechtslage mit einem unvertretbaren Auslegungsergebnis handelte, welches vom Obersten Gerichtshof im Sinne der Rechtssicherheit zu korrigieren wäre. Ob (in casu) unter Umständen auch eine andere Auslegung vertretbar wäre, ist aber ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (4 Ob 2375/96k; 6 Ob 46/99d). Daran vermag auch das Argument des Berufungsgerichtes, dass auch andere Bauträger "vergleichbare" Vertragsbestimmungen aufnehmen würden - eigentlich nur eine Mutmaßung - nichts zu ändern: Die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestimmungen ist nämlich nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung in aller Regel nicht für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam und kann daher nur dann Gegenstand einer darauf gestützten Revision sein, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, dass die Auslegung nicht gesetzeskonform sei (RS0042871). Derartiges behauptet jedoch die Revisionswerberin selbst nicht einmal, sind doch ihre - ein anderes Auslegungsergebnis anstrebenden - Rechtsmittelausführungen ausschließlich auf den vorliegenden Einzelfall abgestellt. Eine Verallgemeinerung dahingehend, dass es einer Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, dass allenfalls auch bei anderen Bauvorhaben zunächst balkonlose Wohnungen zur Errichtung geplant und anschließend davon abweichend mit Balkonen errichtet würden, ist jedenfalls nicht möglich und zulässig. Darauf, dass die Klägerin im hier zur Beurteilung anstehenden Fall bei im Inneren völlig unveränderter Wohnungseinteilung einen Balkon zusätzlich erhalten habe und die Errichtung eines solchen nach Begründung von Wohnungseigentum bei entsprechenden Mehrheiten auch zulässig sei, kommt es in concreto schon deshalb nicht an, weil nach den Feststellungen eben eine Wohnung ohne Balkonanlage Gegenstand des Kaufvertrages war und die nachträgliche Umplanung samt Umgestaltung durch die Beklagte einseitig ohne Konsens mit der Klägerin erfolgte. Ob dies (wie in der Revisionsbeantwortung ausgeführt) auch noch Irrtumsanfechtungsansprüche rechtfertigen könnte, ist hiebei eine für das gefundene (klagestattgebende) Rechtsergebnis nur rechtstheoretische Überlegung, die eine Zulässigkeit des Rechtsmittels ebenfalls nicht begründen kann.
Da die klagende Partei auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, hat sie auch Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten für die Revisionsbeantwortung (RS0035962, 0035979).
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