Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Mezera als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Vladimir H***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung als Beteiligter nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1, Abs 2 lit a und lit b FinStrG sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. August 1999, GZ 12 a Vr 5805/99-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die (angemeldete) Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung (gegen den Ausspruch über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Vladimir H***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung als Beteiligter nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1, Abs 2 lit a und lit b FinStrG (I a, b und c) sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
I. durch Übergabe von ihm hergestellter "Deckungsrechnungen" der V***** GmbH Verka A***** zur Ausführung von vorsätzlich in mehrfachen Tathandlungen bewirkten Verkürzungen nachstehender Abgaben beigetragen, nämlich eine in unterbliebener Entrichtung gelegene Verkürzung von selbst zu berechnenden Abgaben bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar
a) vom 11. März 1993 bis 11. Februar 1994 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe der von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen, indem darin unberechtigt Vorsteuern aus "Deckungsrechnungen" geltend gemacht sowie Zahlungen unterlassen wurden, 812.375 S an Umsatzsteuervorauszahlung für die Monate Jänner bis Dezember 1993;
b) von Februar 1993 bis Jänner 1994 unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht hinsichtlich Kapitalertragssteuer für Verka A***** infolge Verwendung für ihre persönlichen Zwecke zugeflossene, aus dem durch ertragsmindernde Verbuchung von "Deckungsrechnungen" der V***** GmbH (über fingierte, tatsächlich durch die Verka A***** GmbH mit eigenen Mitteln erbrachten Leistungen) samt darauf entfallender, infolge (unberechtigter) Geltendmachung als Vorsteuer nicht abgeführter Umsatzsteuer stammende Beträge an tatsächlich erzieltem Gewinn als verdeckte Gewinnausschüttung, indem Verka A***** ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr (§§ 93, 94, 96 EStG 1988) unterließ, 773.846 S an Kapitalertragssteuer für die Monate Jänner bis Dezember 1993;
c) von Februar 1993 bis Jänner 1994 unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten, indem bei der Verka A***** beschäftigte Arbeiter nicht erfasst und Zahlungen unterlassen wurden, 446.067 S an Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe (samt Zuschlag) für die Monate Jänner bis Dezember 1993;
II. vom 27. Jänner bis 26. Dezember 1993 falsche Urkunden, nämlich insgesamt zehn im Urteil detailliert angeführte Rechnungen und Zahlungsbestätigungen der V***** GmbH, durch Nachmachen der Unterschrift des Geschäftsführers Slobodan V***** mit dem Vorsatz hergestellt, dass diese im Rechtsverkehr durch Aufnahme in die Belegsammlung der Buchhaltung der Verka A***** GmbH und Vorweisung gegenüber der Finanzbehörde zum Nachweis einer Tatsache, nämlich Erbringung der angeführten Leistungen durch den Rechnungsaussteller und Bezahlung der ausgewiesenen Beträge durch die von Verka A***** geführte Gesellschaft, sowie des Rechtes auf Geltendmachung der darin ausgewiesenen Umsatzsteuer als Vorsteuer gebraucht werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich eine auf die Z 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie ist nicht im Recht.
Sowohl die Mängel- (Z 5) als auch die Tatsachenrüge (Z 5a) versuchen mit gleicher Argumentation lediglich die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Frage zu stellen; sie vermögen jedoch weder einen formellen Begründungsmangel noch sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Die Beschwerde greift nämlich nur die Aussage der Zeugin A***** und das Schriftgutachten isoliert heraus, missachtet aber die vom Erstgericht entsprechend § 270 Abs 5 StPO auf Grund der Gesamtheit der Beweisergebnisse gezogenen Schlüsse (US 10 bis 14). Diese Beweiswürdigung ist logisch fehlerfrei und entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens. Dass aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch andere Schlüsse möglich wären, begründet keinen der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 145, 147; § 281 Z 5a, E 17). Mit dem Gutachten des Sachverständigen N***** und den von ihm auf Grund von Kopien schlechter Qualität mit der notwendigen Vorsicht gezogenen Schlussfolgerungen haben sich die Tatrichter ohnedies eingehend auseinandergesetzt (US 13).
Die Rechtsrügen (Z 9 lit a und 10) sind nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Die prozessordnungsgemäße Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert nämlich das Festhalten an allen getroffenen Urteilsfeststellungen und den Nachweis, dass dem Erstgericht bei deren Beurteilung ein Rechtsirrtum unterlaufen ist.
Die Beschwerde übergeht jedoch jene Konstatierungen, wonach der Angeklagte nicht als (verdeckter) Stellvertreter von Slobodan V*****, sondern ohne Auftrag mit Fälschungsvorsatz gehandelt hat (US 8/9). Die neuerlich gegen das Gutachten des Schriftsachverständigen erhobenen Einwände bekämpfen wiederum nur in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung.
Unverständlich ist schließlich der in der Strafzumessungsrüge (Z 11) erhobene Einwand einer unterlassenen Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 17 Abs 6 FinStrG, betrifft doch diese Bestimmung nur den Verfall, welcher vorliegend weder in Frage kommt noch ausgesprochen wurde.
Das weitere Vorbringen, wonach bei der Straf- bemessung nicht berücksichtigt worden sei, daß der Angeklagte ohne Beschäftigung und Einkommen ist, zeigt keinen nichtigkeitsbegründenden Fehler in der Strafzumessung auf, sondern stellt lediglich einen Berufungsgrund dar.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO).
Auch die angemeldete Berufung wegen Schuld war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten in den Prozessgesetzen nicht vorgesehen ist.
Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung (gegen den Strafausspruch) das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO).
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