Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Richard Köhler und Dr. Anton Draskovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B***** GmbH, 2. Franz F*****, beide vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 500.000 S), über den "außerordentlichen Revisionsrekurs" der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 9. August 1999, GZ 3 R 130/99f 22, womit der Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 12. Mai 1999, GZ 4 Cg 77/98t 14, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Begründung:
Laut Protokoll der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12. 5. 1999 (ON 13) erhob der Beklagtenvertreter zu Beginn der Tagsatzung unter Hinweis auf den Sitz der Beklagten außerhalb des Sprengels des Erstgerichts die Einrede der Unzuständigkeit und beantragte die Zurückweisung der Klage. Für den Fall der Zurückweisung stellte der Klagevertreter einen (laut Protokoll nicht näher präzisierten) Überweisungsantrag.
Das Erstgericht hob, nachdem es mit Beschluss die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen hatte, diesen Zurückweisungsbeschluss wieder auf und überwies die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Wiener Neustadt.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Beklagten gegen den Beschluss, mit dem der Zurückweisungsbeschluss aufgehoben und die Rechtssache überwiesen wurde, als unzulässig zurück und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es hielt auf Grund der Ausführungen des Erstgerichts in seinem Beschluß vom 29. 6. 1999 (ON 18), mit dem ein Widerspruch der Beklagten gegen das Protokoll der Tagsatzung vom 12. 5. 1999 zurückgewiesen worden ist, sowie auf Grund der Ausführungen des Klagevertreters in der Rekursbeantwortung (ON 24) über den Verhandlungsverlauf für erwiesen, daß der Klagevertreter noch vor Fassung des Zurückweisungsbeschlusses für diesen Fall die Überweisung der Rechtssache an das Landesgericht Wiener Neustadt beantragt habe. Der angefochtene Beschluss sei deshalb durch den gesetzmäßig ausgeführten und hinreichend präzisierten Überweisungsantrag gedeckt, ein Rekurs dagegen gem § 261 Abs 6 ZPO unzulässig.
Der Revisionsrekurs der Beklagten gegen diese Entscheidung ist zulässig: Das Rekursgericht hat ein Rechtsmittel gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen, welche Entscheidung unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar ist ( Kodek in Rechberger , ZPO § 528 Rz 1); höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Die Beklagten vertreten die Ansicht, es liege kein bestimmter und vorbehaltloser Überweisungsantrag der Klägerin vor; auch finde die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses keine gesetzliche Deckung. Das Erstgericht sei nicht berechtigt gewesen, seinen - ebenfalls ohne Rechtsgrundlage ergangenen - Zurückweisungsbeschluss selbst wieder aufzuheben. Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen.
Lehre und Rsp sind überwiegend der Auffassung, daß der Beweis der Unrichtigkeit eines Verhandlungsprotokolls, insbesondere hinsichtlich des Verlaufs und Inhalts der Verhandlung, auch dann angetreten werden kann, wenn ein Widerspruch gegen das Protokoll nicht erhoben wurde ( Gitschthaler in Rechberger , ZPO § 215 Rz 3 mwN); Gleiches muß auch dann gelten, wenn ein solcher Widerspruch - wie hier - zurückgewiesen worden ist. Bei jeder öffentlichen Urkunde iSd § 292 Abs 1 ZPO steht nämlich den Parteien der Beweis der Unrichtigkeit des durch die Urkunde bezeugten Vorgangs offen ( Rechberger in Rechberger , ZPO § 292 Rz 2 mwN). Einen solchen Beweis der Unvollständigkeit des Verhandlungsprotokolls vom 12. 5. 1999 hat hier die Klägerin aus den vom Rekursgericht zutreffend angeführten Gründen erbracht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 528a ZPO). Es ist daher davon auszugehen, daß der Klagevertreter noch vor Fassung des Zurückweisungsbeschlusses die Überweisung der Rechtssache an das Landesgericht Wiener Neustadt für den Fall beantragt hat, daß sich das Erstgericht für unzuständig erklärt. Das vielleicht sogar erst nachträglich insoweit ergänzte Protokoll ON 13, wonach zunächst ein Überweisungsantrag ohne Angabe eines Gerichts gestellt wurde, ist somit widerlegt.
Aus dem Verhandlungsprotokoll ist die Absicht des Erstgerichts klar zu erkennen, seine Unzuständigkeit auszusprechen und die Rechtssache - dem Antrag der Klägerin entsprechend - an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Wiener Neustadt zu überweisen. Es hat sich bei seiner Entscheidung zwar zunächst offensichtlich im Ausdruck vergriffen und die Klage "wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen", diesen Fehler jedoch unmittelbar danach (offenbar auf Hinweis des Klagevertreters, der seinen schon zuvor gestellten Überweisungsantrag wiederholt hat) gleichsam "uno actu" korrigiert und die Rechtssache (wenn auch neuerlich in sprachlich mißglückter Form nach Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses anstelle einer Unzuständigkeitserklärung) an das "offenbar nicht unzuständige Landesgericht Wiener Neustadt überwiesen". Diesem (wie aufgezeigt mehrfach fehlerhaft formulierten) Vorgang kann nach seinem inneren Gehalt nur der Entscheidungswille unterlegt werden, dass das Erstgericht gemäß § 261 Abs 6 ZPO über eine Einrede der örtlichen Unzuständigkeit dahin abgesprochen hat, daß es unzuständig ist und die Rechtssache an das vom Klagervertreter bezeichnete Gericht überwiesen wird. Eine solche Entscheidung ist aber - wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat - nur in ihrer Kostenentscheidung anfechtbar (§ 261 Abs 6 fünfter Satz ZPO). Dem Rekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.
Da durch einen Beschluss auf Aufhebung der Klagezurückweisung in Verbindung mit einer Überweisung der Rechtsssache nach § 261 Abs 6 ZPO die Rechtsdurchsetzung nicht auf eine andere Verfahrensebene verlagert wird, sondern die Rechtssache im streitigen Verfahren verbleibt, ist eine analoge Anwendung der Bestimmungen des § 521a ZPO auf einen solchen Beschluß nicht geboten (vgl 2 Ob 60/95 und RZ 1997/61 zu einem Beschluss nach § 37 ASGG). Die Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.
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