Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Manfred Mögele (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Michael K. B*****, wirklicher Amtsrat iR, ***** vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erhöhung der Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. April 1999, GZ 7 Rs 102/99t-53, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28. Oktober 1998, GZ 15 Cgs 198/97k-46, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Urteil und damit auch das Urteil des Erstgerichtes wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es lautet:
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei für die Folgen des Dienstunfalles vom 19. 9. 1958 ab 22. 7. 1996 eine höhere als die mit rechtskräftigem Bescheid zuerkannte Versehrtenrente von 50 vH der Vollrente (samt Zusatzrente) zu gewähren, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.029,44 bestimmten halben Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 338,24 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der am 30. 10. 1926 geborene Kläger erlitt am 19. 9. 1958 einen Dienstunfall, für dessen Folgen die beklagte Partei ihm eine Versehrtenrente gewährt. Zuletzt ist über seinen Verschlimmerungsantrag mit Bescheid vom 18. 10. 1985 das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 50 vH eingeschätzt und die Rente mit 50 vH der Vollrente einschließlich Zusatzrente für Schwerversehrte abzüglich eines Betrages von S 607,50 monatlich für eine im Jahr 1971 gewährte Rentenabfindung bestimmt worden.
Mit dem Bescheid vom 2. 7. 1997 hat die beklagte Partei den am 22. 7. 1996 bei ihr eingelangten Antrag des Klägers auf weitere Erhöhung der Versehrtenrente abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Klage und begehrte die Zuerkennung einer höheren Versehrtenrente, nämlich einer solchen von 70 vH (AS 21) oder doch wenigstens 55 vH (AS 101) bzw 60 vH (AS 131). Dazu brachte der Kläger vor, die bei ihm als Folgen seines Dienstunfalls bestehenden Gesundheitsstörungen seien nicht in angemessener Weise berücksichtigt worden und die eingetretene Verschlimmerung seiner Leiden rechtfertige jedenfalls die Erhöhung der Rente.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Eine Verschlimmerung der Unfallsfolgen, die eine Erhöhung der mit 50 vH eingeschätzten Versehrtenrente auf 60 vH ergeben könnte, läge nicht vor.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 55 vH der Vollrente (samt Zusatzrente) ab 22. 7. 1996 ab. Dazu stellte es folgenden Sachverhalt fest:
Der 72jährige Kläger war als Finanzbeamter im gehobenen Dienst tätig. Am 19. 9. 1958 erlitt er mit dem Auto einen Dienstunfall, bei welchem er folgende Verletzungen davontrug: Einen offenen Oberschenkelbruch rechts, eine Gehirnerschütterung, einen Bruch des Ober- und Unterkiefers mit Zahnverlust, einen Nasenbeinbruch und einen Bruch des Kahnbeines der linken Hand. Im Jahr 1971 beendete er seinen Dienst als Finanzbeamter und trat aufgrund seines Gesundheitszustandes in den Ruhestand. Mit Wirksamkeit vom 29. 4. 1983 bezieht er Versehrtenrente im Ausmaß von 50 vH der Vollrente samt Zusatzrente für Schwerversehrte.
Gegenwärtig leidet er unter geringgradiger Kurz- und Stabsichtigkeit. Mit Korrektur wird beidseits eine Sehschärfe von 0,8 erzielt. Doppelbilder sind nicht objektivierbar. Eine Augenverletzung, die Kopfschmerzen verursachen würde liegt nicht vor. Die Veränderungen der Linse sind altersgemäß. Grüner Star oder eine Netzhautablösung bestehen nicht. Aus augenärztlicher Sicht ist keine Minderung der Erwerbsfähigkeit gegeben.
Psychisch besteht ein normaler Befund. Die kognitiven Leistungen sowie die cerebrale Belastbarkeit des Klägers liegen innerhalb, bisweilen sogar maßgeblich über dem altersentsprechenden Normbereich. Die Gedächtnisleistungen sind überdurchschnittlich, Auffassungsgeschwindigkeit und Auffassungsumfang sind ungestört. Die Konzentrationsfähigkeit ist qualitativ und quantitativ weit überdurchschnittlich. Psychoorganische Leistungsausfälle in der Reaktionsfähigkeit sind nicht abgrenzbar. Ebenso finden sich keine organisch bedingten Störungen im Bereich der Persönlichkeit. Es bestehen damit keine Zeichen für ein organisches Psychosyndrom oder für einen cerebralen Abbau. Aus dem psychologischen Gesamtprofil ergibt sich keine Minderung der Erwerbsfähigkeit. Aus neurologischer Sicht liegen Beschwerden der Lendenwirbelsäule mit Wirbelgleiten ohne neurologische Ausfälle vor, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit geht damit nicht einher. Auch aus nervenärztlicher Sicht besteht somit keine Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Beim Kläger besteht eine mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit beidseits. Als durch den Dienstunfall verursacht ist dabei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 15 vH anzunehmen, eine darüber hinausgehende progrediente Entwicklung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf den Dienstunfall zurückzuführen.
Als weitere Folge des Unfalles besteht eine Verkürzung des rechten Oberschenkels nach achsengerecht stabil geheiltem Bruch, eine Falschgelenkbildung im Bereich des linken Kahnbeines mit glaubhaft schmerzhafter endlagiger Bewegungseinschränkung sowie verringerter Belastbarkeit des Handgelenkes. Es liegen erhebliche degenerative Veränderungen aller Abschnitte der Wirbelsäule vor, welche die subjektiven Beschwerden in ausreichendem Maß erklären. Im Vergleich zum Jahr 1985 (Erhöhung der Versehrtenrente auf 50 vH der Vollrente) ist eine deutliche Steigerung der aktiven Beweglichkeit des Hüft- und Kniegelenkes eingetreten. Es ist auch zu einer absoluten und relativen Zunahme des Oberschenkelumfanges gekommen. An der linken oberen Extremität ist eine Abnahme der Umfangmaße sowohl am Oberarm als auch am Unterarm eingetreten, die Vorderarmdrehung ist im Seitenvergleich nicht behindert. Die Beweglichkeit des Handgelenkes in der Scheitelebene beträgt 75-0-50. Das bedeutet im Vergleich zu 1985 eine Zunahme der aktiven Beweglichkeit des Handgelenkes. Behauptete Schmerzen im Genick sowie Durchblutungsstörungen des Gehirns stehen nicht in Kausalzusammenhang mit dem Unfall im Jahr 1958. Nach unfallchirurgischer Bewertung besteht eine unfallskausale Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 40 vH.
Zusammenfassend liegt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Gesamtausmaß von 55 vH vor. Gegenseitige Leidensbeeinflussung besteht nicht, der Zustand besteht aus unfallchirurgischer und HNO-ärztlicher Sicht seit zumindest 22. 7. 1996.
Zu den vom Kläger nach Schluß der Verhandlung erstatteten Ausführungen über seine angebliche Hirnleistungsschwäche merkte das Erstgericht an, daß das neurologische Gutachten unter Berücksichtigung eines durchgeführten psychologischen Tests ausdrücklich keine Anhaltspunkte für eine solche Hirnleistungsschwäche erbracht habe.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von § 94 Abs 1 B-KUVG aus, wonach bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung einer Rente maßgebend waren, auf Antrag oder von Amts wegen die Rente neu festzustellen sei. Als wesentlich gelte eine Änderung der Verhältnisse nur, wenn durch sie die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch mehr als drei Monate um mindestens 10 vH geändert werde, durch die Änderung ein Rentenanspruch entstehe oder wegfalle oder die Schwerversehrtheit entstehe oder wegfalle. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 18. 10. 1985 habe die beklagte Partei die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers mit 50 vH festgestellt. Damit falle er in den Kreis der Schwerversehrten nach § 103 Abs 3 B-KUVG. Bei seinen Ausführungen, die letzte rechtskräftige Feststellung der MdE sei mit Urteil des OLG Wien vom 5. 1. 1984 mit dem Ausmaß 40 vH erfolgt, übersehe er den Bescheid vom 18. 10. 1985 wie auch den Umstand, daß ihm bereits laufend eine Rente im Umfang von 50 vH der Vollrente samt Zusatzrente ausbezahlt worden sei. Nach den Feststellungen habe die MdE zwischenzeitlich ein Ausmaß von 55 vH erreicht. Durch diese Verschlimmerung seit dem letzten Erhöhungsbescheid um 5 vH sei keine der im § 94 Abs 1 B-KUVG genannten Voraussetzungen erfüllt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, bestätigte aber das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe, daß es das Klagebegehren auf Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 50 vH der Vollrente (samt Zusatzrente) abwies. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer tadellosen Beweiswürdigung. Der in der Berufung enthaltenen Rechtsrüge hielt das Gericht zweiter Instanz entgegen, daß sie nicht gesetzmäßig dargestellt sei, erhebe der Kläger doch dort nur die inhaltlich begründungslos bleibende Behauptung, das Erstgericht habe den Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt. Soweit er die Feststellung vermisse, an einem organischen Psychosydrom zu leiden, gehe die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sodaß sie auch insoweit nicht gesetzkonform ausgeführt sei. Mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge sei eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes nicht vorzunehmen. Der Berufung sei daher ein Erfolg zu versagen, wobei die Maßgabebestätigung "im Hinblick auf den Prozentsatz im Spruch" vorzunehmen gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt die Abänderung im Sinne einer vollen Stattgebung des Klagebegehrens und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision insoweit nicht Folge zu geben, als die Gewährung einer 50 vH der Vollrente übersteigenden Versehrtenrente begehrt werde.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zum Revisionsgrund der Nichtigkeit führt der Kläger aus, die Vermutung des Berufungsgerichtes, wonach der stationäre Krankenhausaufenthalt des Klägers Anfang 1998 nicht auf das Bestehen eines organischen Psychosyndroms zurückzuführen gewesen sei, stelle eine Verletzung der grundsätzlichen Verfahrensvorschriften dar, weil es nicht Aufgabe eines Gerichtes sein könne, Wertungen zu fachärztlichen Bestätigungen anerkannter Krankenanstalten vorzunehmen. Damit werden aber Gesichtspunkte der Beweiswürdigung geltend gemacht, die vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen sind. Eine Nichtigkeit des angefochtenen Urteils wird mit diesen Ausführungen nicht dargetan.
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt der Kläger die sich aus der Maßgabebestätigung des Berufungsgerichtes ergebende Fassung des Urteilsspruches. Diesen Ausführungen ist insoweit beizupflichten, als das Berufungsgericht offenbar übersehen hat, daß der Kläger bereits aufgrund des rechtskräftigen Bescheides vom 18. 10. 1985 eine Versehrtenrente im Ausmaß von 50 vH der Vollrente (samt Zusatzrente) bezieht und er im vorliegenden Rechtsstreit die Zahlung einer höheren Versehrtenrente begehrt. Das Berufungsgericht hatte daher keine Veranlassung, ein in dieser Form gar nicht gestelltes Klagebegehren auf Gewährung einer Versehrtenrente von 50 vH abzuweisen. Wie sich aus dem gesamten Urteil ergibt, wollte das Berufungsgericht in Wahrheit aber nur ein das Ausmaß von 50 vH der Vollrente (samt Zusatzrente) übersteigendes Rentenbegehren abweisen, so wie auch der angefochtene Bescheid lediglich über das Erhöhungsbegehren abgesprochen hat. Da der seinerzeitige Bescheid vom 18. 10. 1985 durch die vorliegende Klage nicht berührt wurde, er insbesondere dadurch auch nicht außer Kraft getreten ist, erübrigt sich jede Entscheidung über ein Rentenbegehren bis zum Ausmaß von 50 vH der Vollrente (samt Zusatzrente). Da der Entscheidungswille des Berufungsgerichtes hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, kann der verfehlte Urteilsspruch des Berufungsgerichtes mittels einer Maßgabebestätigung korrigiert werden. Dafür, daß das Berufungsgericht im Sinne der Befürchtung des Klägers ihm die bereits rechtskräftig gewährte Versehrtenrente von 50 vH (samt Zusatzrente) entziehen hätte wollen, bestehen keine Anhaltspunkte.
Eine weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt der Revisionswerber in der Annahme des Berufungsgerichtes, seine Rechtsrüge sei nicht gesetzeskonform ausgeführt worden. Insoweit ist aber die Mängelrüge nicht berechtigt. Unter der Überschrift "Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache" hatte der Kläger in seiner Berufung geltend gemacht, das Erstgericht habe "nicht alle Tatsachenfeststellungen getroffen, die für eine Beurteilung nach der Rechtsnorm des § 94 Abs 1 B-KUVG erforderlich sind", ohne zu sagen, welche rechtlich erheblichen Tatsachen dies sein sollen. Ob der Kläger wie er behauptet an einem organischen Psychosyndrom oder unter einem cerebralen Abbau leidet, ist kein Umstand, ohne den die rechtliche Beurteilung nicht verläßlich vorzunehmen gewesen wäre, sondern ein Umstand der Feststellung des Gesundheitszustandes des Klägers, der sich aufgrund der irrevisiblen Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen ergibt. Vielmehr haben die Tatsacheninstanzen eben eine solche Hirnleistungsschwäche nicht festgestellt, weshalb auch bei der rechtlichen Beurteilung nicht von einer solchen auszugehen ist. Entscheidend war vielmehr die Feststellung, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers nunmehr 55 vH beträgt, woraus in rechtlicher Hinsicht der Schluß gezogen wurde, daß eine solche Verschlimmerung zu einer Erhöhung der Versehrtenrente nicht ausreichen könne.
Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung rügt der Kläger abermals die vom Berufungsgericht getroffene Maßgabebestätigung; insoweit gilt daher das oben zur Mängelrüge Gesagte. Davon abgesehen wäre die rechtliche Beurteilung mangels Vorliegens einer gehörig ausgeführten Rechtsrüge in der Berufung auch vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen, allerdings der Urteilsspruch im Sinne einer Maßgabebestätigung dahin zu berichtigen, daß das Rentenbegehren insoweit abgewiesen werde, als eine höhere Rente als die bereits rechtskräftig zuerkannte von 50 vH begehrt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Mit Rücksicht auf die durch die Maßgabebestätigung des Berufungsgerichtes eingetretene Rechtsunsicherheit und die sich daraus ergebende rechtliche Schwierigkeit erscheint es angezeigt, dem Kläger nach Billigkeit die halben Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen. Dabei war allerdings der Einheitssatz nur mit 60 % anzusetzen, weil für eine Verdreifachung des Einheitssatzes keine Grundlagen bestehen.
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