Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Zita G*****, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Monika N*****, vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen Herausgabe (Streitwert 100.000 S) infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 13. April 1999, GZ 3 R 116/99b-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Bludenz vom 20. Jänner 1999, GZ 12 C 775/98a-14, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der beklagten Partei fallen die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zur Last.
Begründung:
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Herausgabe eines Kastens, hilfsweise auf Zahlung von 100.000 S sA ab.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem 52.000 S, aber nicht 260.000 S übersteigenden Geldwert und ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, "inwieweit der Entlehner einer beweglichen Sache petitorischen Rechtsschutz" im Verhältnis zu einem Dritten genieße, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Die Revision ist unzulässig.
1. Die Klägerin leitete den Herausgabe- und den hilfsweise geltend gemachten Schadenersatzanspruch ausschließlich aus einem Verwahrungsvertrag als Klagegrund ab, behauptete sie doch im Verfahren erster Instanz bloß, den streitverfangenen Kasten der Beklagten in Verwahrung gegeben zu haben und die geltend gemachten Ansprüche auf ihre eigene Rechtsstellung als Hinterlegerin zu stützen.
1. 1. Daß das Herausgabebegehren schon deshalb scheitern mußte, weil sich der Kasten - nach den Feststellungen - bereits seit dem Sommer 1998 (Datum der Klageeinbringung 17. September 1998 - Schluß der Verhandlung erster Instanz 13. Jänner 1999) nicht mehr in der Gewahrsame der Beklagten befindet, liegt auf der Hand.
1. 2. Die Klägerin gesteht selbst zu, daß durch bloße Gefälligkeitsverhältnisse, "bei denen für den anderen erkennbar eine rechtsgeschäftliche Bindung nicht beabsichtigt" sei, ein Verwahrungsvertrag nicht begründet werde.
Das Gericht zweiter Instanz verneinte - vor dem Hintergrund der Feststellungen und im Einklang mit grundsätzlichen Erwägungen in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (siehe zuletzt etwa JBl 1999, 47 = ZVR 1999/26) - einen Verwahrungsvertrag zwischen den Streitteilen, weil das Verhalten der Beklagten als bloße Gefälligkeit, mit der "für den anderen erkennbar eine rechtsgeschäftliche Bindung nicht beabsichtigt" gewesen sei, ausgelegt werden müsse. Diese rechtliche Beurteilung der besonderen Umstände des Anlaßfalls läßt zumindest keine gravierende Fehlbeurteilung erkennen; nur eine solche könnte jedoch insofern eine ordentliche Revision zur Lösung einer entscheidungswesentlichen erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO rechtfertigen.
Ist aber im Revisionsverfahren zu unterstellen, daß die Beklagte eine rechtsgeschäftliche Verwahrungspflicht nicht übernahm, so wäre der hilfsweise geltend gemachte Schadenersatzanspruch jedenfalls nur dann gegen die Beklagte durchsetzbar, wenn diese durch eine Herausgabe des Kastens an Dritte in ein absolutes Recht der Klägerin - hier das Eigentumsrecht - deliktisch eingegriffen hätte. Dieser Gesichtspunkt kann im Anlaßfall allerdings auch nicht zum Erfolg des Eventualbegehrens führen, weil die Klägerin im Verfahren erster Instanz gar nicht behauptete, selbst Kasteneigentümerin zu sein, sondern bloß das Vorbringen der Beklagten, Eigentümerin sei eine Dritte, bestritt (ON 9 S. 12 = AS 61), sie ihren Schadenersatzanspruch weiters nicht (auch) auf ein rein deliktisches schadensursächliches Verhalten der Beklagten stützte, ein solches aus den Feststellungen überdies gar nicht ableitbar wäre und die maßgeblichen Tatsachen ferner nur auf eine Eigentümerstellung der Mutter der Klägerin schließen lassen; letzteres wird auch in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen.
1. 3. Nach den unter 1. bis 1. 2. dargelegten Gründen ist nicht zu klären, ob die Klägerin als Entlehnerin des Kastens ihrer Mutter "petitorischen Rechtsschutz" im Verhältnis zur Beklagten in Anspruch nehmen und mit Erfolg auf Ersatz des Kastenwerts als Schaden aus einer Vertragsverletzung klagen kann, weil eine solche Rechtsfrage nur dann zu lösen wäre, wenn der als Klagegrund behauptete Abschluß eines Verwahrungsvertrags zwischen den Streitteilen nicht verneint worden wäre. Die Rechtsfrage, die das Berufungsgericht bewog, die ordentliche Revision zuzulassen, ist somit gar nicht entscheidungswesentlich.
2. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden, sodaß die Revision in Ermangelung einer erheblichen Rechtsfrage, von deren Lösung die Sachentscheidung abhinge, zurückzuweisen ist. Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof dabei auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
3. Die Beklagte beantragte die Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin. Die Begründung, es folge aus "der mannigfaltigen Literatur zu § 972 ABGB", daß ein Entlehner im Verhältnis zu einem Dritten keinen "petitorischen Rechtsschutz" habe, ist jedoch, wie die voranstehenden Ausführungen belegen, verfehlt und läßt eine Bezugnahme auf den wahren Zurückweisungsgrund nicht einmal ansatzweise erkennen. Die Rechtsmittelbeantwortung ist daher einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht dienlich, sodaß die Beklagte deren Kosten gemäß §§ 40, 41 und 50 Abs 1 ZPO selbst zu tragen hat.
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