Der Oberste Gerichtshof hat am 12. August 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lokay als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hidir K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. Jänner 1999, GZ 11 Vr 1174/98-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Hidir K***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 24. und 25. März sowie am 9. April 1998 in Blumau außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Silvia J***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafs genötigt hat, indem er sie unter Gewaltanwendung und durch Drohung, sie umzubringen, in ihr Zimmer brachte, sie (dort) entkleidete, ihre Arme festhielt, ihre Beine auseinanderdrückte, mit seinem Penis in ihre Scheide eindrang und den Geschlechtsverkehr vollzog.
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist unbegründet.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung (S 209 f) mehrerer von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 15. Juli 1998 gestellter (S 188 f) und in der am 27. Jänner 1999 gemäß § 276a StPO wegen Zeitablaufs neu durchgeführten Hauptverhandlung pauschal wiederholter "Beweisanträge Nummer 2, 5, 6" (S 209) in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt, weil sie allesamt von vorneherein ungeeignet waren, irgendeinen entlastenden Umstand in der Schuldfrage zu erbringen.
Für die begehrte Vorlage "des [nicht weiter spezifizierten] Leintuches" wurde überhaupt kein Beweisthema angegeben. Das Begehren auf Vorlage "der sichergestellten Unterwäsche" für eine gerichtsmedizinische Untersuchung, "ob diese zerrissen ist", wofür die Aktenlage keinen Anhaltspunkt bietet, läuft zum einen auf die Aufnahme eines unzulässigen Erkundungsbeweises hinaus, zum anderen wurden ein Damenslip und ein Damenunterhemd ohnehin vom gerichtsmedizinischen Institut der Universität Innsbruck (wenngleich auf eventuelle Spermaspuren) untersucht; es wurde dabei keine Beschädigung festgestellt (S 109 f).
Inwiefern die Durchführung eines Ortsaugenscheins (am Arbeitsplatz, und zwar) in der Küche, im Umkleidebereich und im Ausgangsbereich der Therme Blumau sowie die Untersuchung des Opel Ascona des Angeklagten durch einen Kfz-Sachverständigen zum Beweis dafür, daß es an der Beifahrertüre keine Kindersicherung gibt und auch bei "Vornahme" (gemeint: Betätigung) der Zentralverriegelung die Beifahrertür jederzeit geöffnet werden kann, die tatrelevante Drohung mit dem Umbringen und die tatkausalen Gewaltakte im Zimmer des Opfers widerlegen könnten, wurde im Beweisantrag nicht dargetan, sondern erst - prozessual verspätet - in der Beschwerde nachgetragen.
Somit wurde die Durchführung der beantragten Beweise - im Ergebnis - zu Recht verweigert.
Das (undifferenziert) auf Z 5 und 5a gestützte Vorbringen hinwieder beschränkt sich im wesentlichen auf den Versuch, Widersprüche in den Aussagen der Zeugin Silvia J***** über die (fallbezogen keine entscheidende Tatsache betreffenden) datumsbezogenen Zeitpunkte der an ihr verübten Unzuchtsverbrechen herauszuarbeiten und das festgestellte Tatgeschehen unter den von ihr geschilderten Umständen als "wider jegliche Lebenserfahrung" und für den Beschwerdeführer "nicht vorstellbar" darzustellen. Dabei läßt der Nichtigkeitswerber jedoch prozeßordnungswidrig außer acht, daß die Tatrichter gemäß den Regeln der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) in einer Gesamtschau aller maßgebenden Beweisergebnisse (so etwa des Dienstplanes, der Aussage des Zeugen Manfred S*****, der wechselnden Verantwortung des Angeklagten) sowie unter Verwertung des von diesen gewonnenen persönlichen Eindrucks nicht nur die problematische Persönlichkeit des Unzuchtsopfers berücksichtigt, sondern auch dessen Widersprüche kritisch hinterfragt und gewürdigt haben, ihm aber nur in bezug auf das "deliktsrelevante Verhalten" volle Glaubwürdigkeit zuerkannt, dem Angeklagten hingegen in entscheidenden Punkten nicht geglaubt haben (US 8 ff).
Die als durch kein Beweisergebnis gedeckt kritisierten erstgerichtlichen Feststellungen, wonach einerseits sich Silvia J***** vor der zweiten Vergewaltigung am 25. März 1998 auf dem Besucherparkplatz der Therme Blumau gewehrt habe (US 6 oben), andererseits der Angeklagte bei dieser Vergewaltigung ein Präservativ verwendet habe (US 6 erster Absatz), betreffen keine für die Verbrechensverwirklichung entscheidenden Umstände. Im übrigen finden sie - entgegen dem Beschwerdevorwurf - in den als glaubwürdig beurteilten Aussagen der genannten Zeugin ihre beweismäßige Deckung (S 55 letzter Absatz und S 184 oben). Schließlich bestand keine Veranlassung, im Urteil die Frage zu erörtern, "wieso die Zeugin überhaupt einen Pyjama angehabt hat".
Somit zeigt der Beschwerdeführer weder einen formalen Begründungsmangel auf (Z 5), noch weckt er auf Aktengrundlage erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a), sondern trachtet bloß nach Art einer unzulässigen Schuldberufung die zu seinem Nachteil ausgefallene Beweiswürdigung des Schöffengerichtes in Frage zu stellen und seiner Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen.
Unverständlich ist der Rechtsmittelantrag (S 260), "nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten und die Sache zur nochmaligen Verhandlung zu verweisen", weil vorliegend kein Gerichtshof zweiter Instanz über einen Anklageeinspruch entschieden oder die Versetzung in den Anklagestand ausgesprochen hat (§ 281a StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher als offenbar unbegründet gemäß § 285d Abs 1 Z 2 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die zudem erhobene Berufung das Oberlandesgericht Graz zuständig ist (§ 285i StPO).
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