Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helena M*****, vertreten durch Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt, gegen die beklagte Partei ***** S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Rudolf Wieser, Dr. Friedrich Hohenauer und Dr. Martin Zanon, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 300.000 S) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 50.000 S; Gesamtstreitwert 350.000 S), infolge außerordentlicher Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. Februar 1999, GZ 2 R 17/99p-11, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 11. November 1998, GZ 41 Cg 148/98b-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt lautet:
"Die beklagte Partei ist schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Betrieb eines Nagelstudios die Bezeichnung "Weltmeister" zu verwenden, sofern nicht ein deutlicher Hinweis darauf erfolgt, dass sie nicht über einen Weltmeistertitel im Nageldesign verfügt.
Der Klägerin wird die Ermächtigung erteilt, das über die Klage ergehende Urteil binnen 6 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei im Textteil je einer Wochenendausgabe der Tageszeitungen "Tiroler Tageszeitung" und "Neue Kronenzeitung, Ausgabe für Tirol" umrandet und mit gesperrt geschriebenen Namen der Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit 115.268 S (darin 14.088 S USt und 30.740 S Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin, die bei der von einer Vereinigung für Naildesign "NNTG" mit dem Sitz in New York im Jahr 1992 in Las Vegas veranstalteten "Weltmeisterschaft im Nageldesign" Weltmeisterin wurde, betreibt aufgrund einer Gewerberechtigung auf dem Gebiete "Kosmetika" (Schönheitspflege) gemäß § 103 Abs 1 lit b Z 30 GewO - eingeschränkt auf das Modellieren von Fingernägeln - in Innsbruck ein Nagelstudio, für das sie unter anderem im Telefonbuch für Innsbruck (Stadt und Land) mit dem Wort Weltmeisterin wirbt.
Die Beklagte, eine 1994 gegründete GmbH betreibt in Innsbruck aufgrund entsprechender Gewerbeberechtigungen sowohl das Frisör- und Perückenmachergewerbe, als auch - mit gesondertem Eingang unter der gleichen Anschrift - ein "Beauty Nail" Nagelstudio. Peter S*****, der Vater des (einzigen) Gesellschafters und Geschäftsführers der Beklagten, hatte im Jahr 1974 den Titel eines "Frisörweltmeisters" errungen und ist als solcher im Raum Innsbruck bekannt. Er war bis Oktober 1997 (neben seinem Sohn) Geschäftsführer der Beklagten und arbeitet auch derzeit in deren Frisörbetrieb mit. Er gestaltete für die Beklagte die in den Innsbruck-Telefonbüchern 1997/98 und 1998/99 (unter N für Nagelstudio) eingeschalteten Inserate, welches folgendes Aussehen haben:
Dabei ist der Anfangsbuchstabe des Zunamens S***** (also S) in der Form eines (umgedrehten) Zunftzeichens als Locke mit Kamm und Schere gestaltet, das Peter S***** seit über 20 Jahren verwendet.
Die Klägerin gründet das aus dem Spruch ersichtliche Klagebegehren auf die Behauptung, die Werbeeinschaltung der Beklagten sei unrichtig, irreführend und daher wettbewerbswidrig. Es werde der Eindruck erweckt, die Beklagte oder deren Geschäftsführer verfüge auch über einen Weltmeistertitel im Nageldesign. Dies sei wettbewerbsrelevant, weil das angesprochene Publikum mit dem Titel "Weltmeister" besondere Fähigkeiten oder eine Sonderstellung verbinde. Peter S*****, der den Weltmeistertitel im Frisörgewerbe errungen habe, sei inzwischen als Geschäftsführer der Beklagten ausgeschieden, sodaß diese den Weltmeistertitel insgesamt zu Unrecht weiter führe.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und wendet ein, die beanstandete Werbeeinschaltung sei weder unrichtig noch irreführend. Sie bringe nur zum Ausdruck, daß der Frisörweltmeister S***** am beworbenen Standort auch ein Nagelstudio betreibe. Vor allem durch die Verwendung der Symbole "Kamm und Schere" sei klargestellt, daß sich das Wort "Weltmeister" auf das Frisörgewerbe beziehe. Niemand werde aus dem Inserat ableiten, daß der Frisörweltmeister S***** auch über einen Weltmeistertitel im Nageldesign verfüge.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf unter anderem noch die "Negativfeststellung", daß ein Irrtum im Sinne der Behauptungen der Klägerin in keinem Fall feststellbar gewesen sei. Da der Frisörweltmeister Peter S***** nach wie vor im Frisör- und Perückenmacherbetrieb der Beklagten tätig sei, dürfe diese dessen Weltmeistertitel führen. Im übrigen sei für den Durchschnittsbetrachter bei flüchtiger Wahrnehmung aus der Verwendung des Zunftsymbols (Locke mit Kamm und Schere) klar, daß es sich dabei um einen Frisörweltmeister und nicht einen solchen im Nageldesign handle. Die von der Klägerin behauptete Irreführungseignung komme der beanstandeten Inseratenwerbung der Beklagten nicht zu.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es gab eingangs seiner Entscheidungsgründe die Ablichtung des "Weltmeister-Schwamm"-Logos wieder, welches in dieser Größe und Form nicht in den von der Klägerin beanstandeten Telefonbuchinseraten, sondern nur in einem von Peter S***** vorgelegten Zeitungsartikel (ON 5, S 2 = AS 29 - Beil/1), enthalten war, und folgerte in rechtlicher Hinsicht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht, daß aus dem beanstandeten Telefonbuchinserat für alle Betrachter klar hervorgehe, daß der Frisörweltmeister S***** am angegebenen Ort auch ein Nagelstudio betreibe, nicht hingegen etwa, daß er auch Weltmeister im Nageldesign sei. Soweit sich die Klägerin in der Berufung darauf stütze, daß das Nagelstudio von der Gattin des Weltmeisters Peter S***** betrieben werde, sodaß die Beklagte auf wettbewerbswidrige Weise mit einer Sonderstellung eines Mitarbeiters eines anderen Teilbetriebs für einen Teilbetrieb, mit dem dieser nichts zu tun habe, werbe, sei ihr entgegenzuhalten, daß sie sich auf die Differenzierung der Tätigkeit der Beklagten in Teilbetrieben im Verfahren erster Instanz nie berufen, also insoweit eine unbeachtliche Neuerung vorgebracht habe. Die Beklagte überhaupt zur Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "Weltmeister" beim Betrieb eines Nagelstudios zu verurteilen, weil Peter S***** daran nicht mitwirke, wäre ein unzulässiges aliud, nämlich eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Unterlassung, als sie nach dem Wortlaut des Klagebegehrens begehrt werde. Zu überprüfen sei daher nur, ob die beiden Inserate der Beklagten irreführend nach § 2 Abs 1 UWG seien. Im vorliegenden Fall komme es darauf an, ob die Beklagte den Eindruck erwecke, Peter S***** verfüge (auch) über einen Weltmeistertitel im Nageldesign. Welchen Eindruck eine Ankündigung auf den Durchschnittsleser vermittle, sei eine Rechtsfrage, die nach objektiven Maßstäben zu lösen sei. Maßgeblich sei die Verkehrsauffassung, nämlich der Eindruck, der sich bei auch nur flüchtigem Lesen für den Durchschnittsinteressenten ergebe, wobei der Ankündigende bei Mehrdeutigkeit der Ankündigung auch die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen müsse. Dabei sei nunmehr vom Bild eines mündigen und verständigen Verbrauchers auszugehen, also von einem umsichtigen, kritischen und verständigen Verbraucher, der aufgrund ausreichender Information in der Lage sein müsse, seine Entscheidung auf dem Markt frei zu treffen. In das hier von der Beklagten verwendete Logo "Weltmeister Schwamm" seien untrennbar - nämlich in die Initiale von "Schwamm" - und auch unübersehbar eine Haarlocke, ein Kamm und eine Schere integriert, wodurch auch einem flüchtigen Betrachter auf einen Blick die Information erteilt werde, daß sich die - im übrigen nicht besonders hervorgehobene - Auszeichnung "Weltmeister" auf einen Frisör beziehe, der auch ein Nagelstudio betreibe. Ein mündiger und verständiger Verbraucher werde demnach auch bei nur oberflächlicher Betrachtung der Inserate nicht zur Auffassung gelangen, das beworbene Nagelstudio werde von einem Weltmeister im Nageldesign betrieben, sodaß besonders qualitätsvolle Nageldesignleistungen zu erwarten seien. Eine wettbewerblich relevante Irreführung solcher Verbraucher durch die beanstandeten Inserate sei somit auszuschließen, weshalb die Beklagte durch den unmißverständlichen Hinweis auf einen Weltmeistertitel im Frisörgewerbe im Rahmen einer Werbung für ein Nagelstudio nicht gegen § 2 Abs 1 UWG verstoße und daher auch nicht verpflichtet sei, im Rahmen dieser Werbung eigens darauf hinzuweisen, daß sich der Betrieb auf keinen Weltmeistertitel im Nageldesign berufen könne.
Die gegen das zweitinstanzliche Urteil gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch der Vorinstanz zulässig, weil diese von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwich. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt:
§ 2 Abs 1 UWG unterstellt alle im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gemachten zur Irreführung geeigneten Angaben - einschließlich bildlicher Darstellungen gemäß § 39 Abs 1 UWG - über geschäftliche Verhältnisse der verschuldensunabhängigen Unterlassungspflicht. Es ist nicht entscheidend, ob solche Angaben objektiv richtig oder falsch sind, sondern ob sie auf einen nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Publikums nach ihrem "Gesamteindruck" bei der Betrachtung mit zumindest durchschnittlicher Aufmerksamkeit einen irrigen Eindruck erwecken können; dabei muß der Werbende immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Der Gesamteindruck kann auch durch einzelne, als Blickfang besonders herausgestellte Teile der (Gesamt )Ankündigung so entscheidend geprägt sein, daß ein aufklärender anderer Teil der Ankündigung nicht (mehr) ins Gewicht fällt (für viele: Kucsko, Wettbewerbs-, Marken-, Muster- und Patentrecht4 39 ff jeweils mN aus der Rechtsprechung).
Nach diesen Grundsätzen kann aber die Rechtsauffassung der Vorinstanz(en) nicht geteilt werden, daß der durchschnittliche Betrachter (Leser) der Telefonbuchanzeigen der Beklagten ohne jeden (erheblichen) Zweifel die Angabe dahin verstehen wird, der Frisörweltmeister S***** betreibe im angegebenen Standort ein Nagelstudio, sei jedoch nicht Weltmeister im Nageldesign. Abgesehen davon, daß selbst die von den Vorinstanzen unterstellte Deutung nicht zutrifft (das Nagelstudio betreibt vielmehr die Beklagte, während der Weltmeister weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der Beklagten, sondern bloß Mitarbeiter in deren Frisörteilbetrieb ist), ist doch der Auffassung der Klägerin zu folgen, daß zumindest ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Personen (die Peter S***** nicht direkt als Frisörweltmeister kennen) diesen Inseraten entnehmen wird, das unter dem Buchstaben N (für Nagelstudio) beworbene Nagelstudio der Beklagten werde vom Weltmeister S***** betrieben oder könne sich zumindest auf dessen Rat und Mitarbeit stützen. Diese Deutung ist jedoch nach dem vorliegenden Sachverhalt unrichtig. Die sie bewirkende Angabe ist demnach irreführend und somit gemäß § 2 UWG zu untersagen.
Da diese irreführenden Angaben in Telefonbuchausgaben für Innsbruck Stadt- und Land von den ansprochenen Interessent(inn)en längere Zeit hindurch wahrgenommen werden konnten, ist auch das Interesse der Klägerin an der Urteilsveröffentlichung gemäß § 25 Abs 3 UWG grundsätzlich zu bejahen. Das Veröffentlichungsbegehren erscheint unabhängig davon, daß gegen sein Ausmaß von der Beklagten im gesamten Verfahren keine konkreten Einwände erhoben wurden, auch im begehrten Umfang gerechtfertigt.
Aus diesen Erwägungen ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm §§ 50, 52 ZPO. Da die Klägerin nicht begründet hat, warum sie einen nicht an ihrem Wohnsitz, der zugleich Sitz des Prozeßgerichtes ist, wohnenden Rechtsanwalt zugezogen hat, stehen ihr die verzeichneten Mehrkosten (doppelter statt einfacher Einheitssatz bei den vom Erstgericht durchgeführten Streitverhandlungen sowie vierfacher statt dreifacher statt dreifacher Einheitssatz für die Berufung) als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig nicht zu (Fucik in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 41).
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