Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Thumb als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anyison N***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Fall SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 24. Februar 1999, GZ 8 Vr 791/98-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Anyison N***** wurde des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er am 12. Dezember 1998 in Schärding den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge, nämlich rund 500 Gramm Kokain und Heroin (146 +/- 6,3 Gramm Reinsubstanz Kokain und 20 +/- 1,0 Gramm Reinsubstanz Heroin) nach Österreich eingeführt hat, wobei er in der Absicht gehandelt hat, sich durch die wiederkehrende Begehung von Suchtgiftschmuggel dieser Art eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Der gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Wenngleich das bekämpfte Zwischenerkenntnis (S 135) entgegen § 238 Abs 2 StPO nicht sofort, sondern erst im Urteil (US 6 bis 7) begründet wurde, verfielen die von der Verfahrensrüge (Z 4) relevierten Beweisanträge zu Recht der Abweisung. Bei der begehrten (auf bloße Erkundung abstellenden) Einholung eines orthopädischen Gutachtens zum Beweise dafür, daß der Angeklagte die Schuhe niemals getragen habe (S 134), hat nämlich der Antragsteller die erforderliche nähere Begründung (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19 ff) unterlassen, weshalb durch dieses Beweismittel auch kurzzeitiges Tragen (etwas) zu großer Schuhe ausgeschlossen werden kann.
Der Antrag auf Vernehmung des diensthabenden Zugbegleiters (ebenfalls S 134) wiederum enthält kein Beweisthema und entspricht daher nicht den formellen Voraussetzungen, deren Fehlen durch nachgeholte Ausführungen in der Rechtsmittelschrift nicht mehr sanierbar ist (aaO E 40,41).
Das Vorbringen zur Mängelrüge (Z 5), welches sich auf einen anderen männlichen Schwarzafrikaner im Zug, einen Notizzettel mit der Zahl 250 und einer Be-FreeHandy-Nummer sowie auf einen in der Beweiswürdigung des Urteils (US 5) enthaltenen Schreibfehler (140 statt 146 Gramm Kokain Reinsubstanz) bezieht, releviert keine entscheidenden Tatsachen, worunter nur solche zu verstehen sind, die auf die rechtliche Beurteilung der Tat oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß üben.
Mit der Tatsachenrüge (Z 5a), in welcher der Beschwerdeführer die Feststellungen über den Vorsatz zur Einfuhr sowie zur Gewerbsmäßigkeit kritisiert und auf seine (vom Schöffensenat als unglaubwürdig abgelehnte) Darstellung verweist, vermag der Nichtigkeitswerber keine sich aus den Akteninhalt ergebenden erheblichen Bedenken an der Richtigkeit entscheidender Tatsachen zu wecken. Die inhaltlich gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter gerichteten (aber nicht überzeugenden) Ausführungen verfehlen somit auch die Ausrichtung an den Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdebehauptungen (Z 10), die Feststellungen zur großen Suchtgiftmenge und zur Gewerbsmäßigkeit seien lediglich eine Wiedergabe des Gesetzestextes, ohne auf den konkreten Fall abzustellen, übergehen die diesbezüglich ausreichenden Konstatierungen in ihrer Gesamtheit (US 1 bis 3) und verfehlen deshalb sowie durch die neuerliche Infragestellung des Urteilssachverhaltes die prozeßordnungsgemäße Darstellung.
Dem Beschwerdeführer ist noch zu seiner Berufungsbehauptung, die Heranziehung der vier- bzw zehnfachen Überschreitung der Grenzmenge als Erschwerungsgrund stelle bei den angenommenen Qualifikationen des Abs 2 und 3 des § 28 SMG einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot dar, zu erwidern, daß er damit (inhaltlich) nicht das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO aufzeigt, weil das Erstgericht durchaus zulässig das die Grenzmenge mehrfach übersteigende Suchtgiftquantum, soweit es nicht Voraussetzung für die Qualifikationsannahmen war, als besonders schulderhöhende Tatsache für die Begründung des Strafausmaßes hervorgehoben hat (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 11 E 12a; 13 Os 83,85/98).
Letztlich ist zu bemerken, daß der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittelantrag unter anderem begehrt, der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben, nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten und die Sache zur nochmaligen Verhandlung vor das zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen. Der Oberste Gerichtshof "vernichtet" die Hauptverhandlung nach der erwähnten Gesetzesbestimmung aber nur im Falle des Vorliegens des Nichtigkeitsgrundes des § 281a StPO (Unzuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz, der die Versetzung in den Anklagestand ausgesprochen hat), verweist die Sache an das zuständige Gericht erster Instanz und ordnet die nötige Verfahrensverbesserung an. Da im vorliegenden Strafverfahren ein Oberlandesgericht gemäß §§ 214 und 218 StPO nicht tätig war, ist nicht nachvollziehbar, worin der Angeklagte den Nichtigkeitsgrund nach § 281a StPO erblickt. Auf diesen Beschwerdeantrag war daher nicht weiter einzugehen.
Insgesamt war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht den Formvorschriften entsprechend bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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