Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vielhaber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander B***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 17. November 1998, GZ 30b Vr 3990/98-62, sowie über die implizite Beschwerde gemäß § 498 Abs 3 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiß, des Angeklagten Alexander B***** und seines Verteidigers Dr. Kresbach zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen und der Beschwerde des Angeklagten wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander B***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt, weil er in Wien
1. am 26. April 1998 Sabine K***** durch einen Schuß mit einem Revolver Kaliber 357 Magnum in den Kopf, wodurch es zu einer massiven Bluteinatmung und einer Luftembolie kam, vorsätzlich getötet und
2. ab 1994 bis zum 26. April 1998 unbefugt eine Schußwaffe, nämlich einen Revolver Marke Uberti Kaliber 357 besessen hat.
Die Geschworenen haben die Hauptfragen nach Mord (A) und dem Vergehen nach dem Waffengesetz (B) bejaht und Zusatzfragen (1 und 6) nach Zuständen des § 11 StGB verneint. Eventualfragen zur Hauptfrage A (I bis IX), darunter solche in Richtung der Vergehen nach § 81 Z 1 StGB (VIII) und § 287 Abs 1 iVm § 81 Z 1 StGB (IX), sowie darauf bezogene Zusatzfragen (2 bis 5) blieben demgemäß unbeantwortet.
Die nur gegen den Schuldspruch wegen Mordes aus § 345 Abs 1 Z 8, 10a und 12 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist aus den von der Generalprokuratur zutreffend aufgezeigten Gründen nicht berechtigt.
Der Instruktionsrüge (Z 8) zuwider ist die Rechtsbelehrung weder undeutlich noch mißverständlich. Den Geschworenen wurde nicht nur die Wissenskomponente eines Tötungsvorsatzes zutreffend erläutert (S 2, 9 f der Belehrung), sondern auch die zur Tatbestandsverwirklichung nötige Willenskomponente (S 2; vgl Leukauf/Steininger, Komm3 RN 17, Mayerhofer/Rieder StGB4 E 13 f und 17 bis 18a, je zu § 5).
Entgegen der Beschwerdemeinung ist die zur Abgrenzung von (bedingtem) Vorsatz und (bewußter) Fahrlässigkeit gegebene Erklärung auch in Ansehung der Eventualfragen VIII und IX einwandfrei. Dem zur Unterscheidung bereits ausreichenden Gesetzestext (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 31a) wurden - wie der Beschwerdeführer selbst einräumt:
korrekte - Erläuterungen beigefügt, welche keine Eignung erkennen lassen, die Geschworenen irrezuleiten.
Mit der Tatsachenrüge (Z 10a) wird nach Inhalt und Zielsetzung insgesamt nur der Versuch unternommen, die der Anfechtung entrückte, gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich den Geschworenen zugewiesene Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen. Der Angeklagte zeigt weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung entstandene Mängel in der Sachverhaltsermittlung noch aktenkundige Beweisergebnisse auf, die im Hinblick auf seine Verantwortung zum angenommenen Ladezustand der Waffe (S 17/II, aber auch 15 f, 39, 41, 48/II), zur Ursache der Schußabgabe (S 107/I, 20 bis 23, 40, 49 f/II, jedoch auch 32, 107/I, 27, 36, 52 f, 203/II) und zur Schußanzahl (einerseits S 107, 139/I, andererseits 20, 23 f/II), seine psychische und physische Verfassung zur Tatzeit (S 105, 111/I, 10 f, 13, 56, 66, 70 f, 88, 107, 233/II), die Anhaltspunkte für die Abgabe von zwei Schüssen (S 63, 107, 139, 273, 304/I, 31, 49, 58 f, 74, 83, 85 f, 94, 153, 161 f, 167 f, 205 f/II) und die Gutachten der Sachverständigen Dr. Elisabeth F***** und Ingo W***** (insbesondere S 337, 407 ff/I, 193, 197, 221/II) geeignet sein könnten, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der wahrspruchmäßig festgestellten entscheidenden Tatsachen aufkommen zu lassen.
Die Subsumtionsrüge (Z 12) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die vermißte Feststellung über ein vorsätzliches Tötungshandeln des Angeklagten ist im Wahrspruch enthalten (Bejahung der Hauptfrage A). Auf andere als die im Verdikt der Geschworenen konstatierten Tatsachen kann eine Subsumtionsanfechtung prozeßordnungskonform nicht gestützt werden, was der Beschwerdeführer bei Erörterung von Möglichkeiten abweichender Bewertung der Verfahrensergebnisse verkennt.
Der von der Abstimmung der Geschworenen ausgeschlossene Schwurgerichtshof ist dem Beschwerdestandpunkt zuwider nicht befugt, urteilsmäßig Feststellungen über vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten des Angeklagten zu treffen (§ 329 StPO). Nicht an dieser Rechtslage orientierte Einwände bedürfen daher keiner Erörterung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 75 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren; zugleich wurde die bedingte Nachsicht einer dreimonatigen Freiheitsstrafe widerrufen. Den Strafausspruch bekämpfen Angeklagter wie Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer Reduzierung beziehungsweise Erhöhung des Strafmaßes, beide indes ohne Erfolg.
Dem Angeklagten ist zwar zuzugeben, daß seine Alkoholisierung in der Tat zu Unrecht als erschwerend gewertet wurde. Die durch Alkoholkonsum bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit ist grundsätzlich (§ 35 StGB) strafmildernd, sofern sie nicht durch den Vorwurf, den der Genuß des Alkohols den Umständen nach begründet, aufgewogen wird; einen Erschwerungsgrund stellt die Alkoholisierung jedoch nur in Ausnahmefällen dar. Vorliegend fällt die Vorwurfsabwägung zu Ungunsten des Angeklagten aus, hat er doch im Wissen darum, daß er im alkoholisierten Zustand zu Aggressionshandlungen neigt (US 13), eine exzessive Zechtour unternommen (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 35 E 3, 4b, 4c). Anhaltspunkte für eine Rechtfertigung der Bewertung seiner Alkoholisierung als erschwerend sind hingegen nicht hervorgekommen, weshalb dem Berufungswerber insoweit Recht zu geben ist.
Im übrigen aber ist seine Argumentation verfehlt. Daß er im Zuge dieser Zechtour von mehreren Personen angegriffen und verletzt wurde, wurde ihm - der in der Berufung der Staatsanwaltschaft vertretenen Auffassung zuwider auch zutreffend - als (wenngleich nicht allgemein begreifliche) besondere Gemütsbewegung ohnedies als Milderungsgrund zugutegehalten, desgleichen sein teilweises Geständnis und sein reuiges Verhalten unmittelbar nach der Tat.
Die Kritik an der Einbeziehung der Täterpersönlichkeit in die Beurteilung des für die Strafzumessung entscheidenden Schuldfaktors verkennt das Wesen der Bestimmungen der §§ 32 ff StGB. Darnach nämlich sind Persönlichkeitsmerkmale des Täters für das Maß der Tatschuld jedenfalls dann von Bedeutung, wenn sie bei der Begehung der Tat zum Ausdruck gekommen sind. Worin dem Geschworenengericht eine Verletzung dieses Grundsatzes unterlaufen sein sollte, lassen die Berufungsausführungen nicht erkennen.
Daß der Angeklagte die Tat aus Unbesonnenheit begangen hätte, ist der Aktenlage ebensowenig zu entnehmen wie das Vorliegen von Umständen, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen. Mit den angeführten außerstrafrechtlichen Nachteilen wiederum werden keine Umstände aufgezeigt, die Einfluß auf die Straffestsetzung haben.
Der Entfall des Erschwerungsgrundes der Alkoholisierung wird indes durch das - und darin ist der Staatsanwaltschaft beizupflichten - stärker zu gewichtende Handlungsunrecht kompensiert. Demgemäß sieht sich der Oberste Gerichtshof zu einer Korrektur des vom Geschworenengericht gefundenen Strafmaßes, aber auch zu einer Abänderung der Widerrufsentscheidung nicht bestimmt.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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