Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Holzweber, Dr. Zehetner und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Kurt H***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB, AZ 4 U 22/97w des Bezirksgerichtes Schwanenstadt, über die vom Generalprokurator gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 30. Jänner 1998, GZ 4 U 22/97w-12, zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:
Der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 30. Jänner 1998, GZ 4 U 22/97w-12, mit dem die Entscheidung über den Widerruf der bedingten Nachsicht der über Kurt H***** mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 22. Juli 1997, GZ 40 E Vr 122/97-11, wegen Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB verhängten einjährigen Freiheitsstrafe dem zuletzt genannten Gericht vorbehalten wurde, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494a Abs 2 erster und dritter Satz, 494b StPO.
Dieser Beschluß wird aufgehoben.
Gründe:
Mit (rechtskräftigem) Urteil des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 30. Jänner 1998, GZ 4 U 22/97w-12, wurde Kurt H***** des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Wochen verurteilt. Zugleich faßte der Bezirksrichter unter Bezugnahme auf "494a Abs 2 letzter Satz StPO" den Beschluß, die Entscheidung über den Widerruf der bedingten Nachsicht der über Kurt H***** mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 22. Juli 1997, GZ 40 E Vr 122/97-11, wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB verhängten (unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschobenen) einjährigen Freiheitsstrafe dem Landesgericht Wiener Neustadt vorzubehalten.
Eine Entscheidung über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht aus Anlaß der gegenständlichen Beschlußfassung des Bezirksgerichtes Schwanenstadt wurde im genannten Verfahren des Landesgerichtes Wiener Neustadt bislang nicht getroffen. Das Widerrufsverfahren wurde von diesem Gerichtshof allerdings aus einem anderen (von der Sperrwirkung des § 494b StPO nicht betroffenen - Mayerhofer StPO4 § 494b E 2) Grund, nämlich wegen Nichtbefolgung einer Weisung (§ 53 Abs 3 StGB), eingeleitet (ON 17, 18, 25, 26/III dA 40 E Vr 122/97 des Landesgerichtes Wiener Neustadt).
Der in Rede stehende (vom öffentlichen Ankläger weder beantragte noch bekämpfte) Vorbehaltsbeschluß, der darauf abstellt, daß dem Bezirksgericht ein Widerruf "nur" in bezug auf ein Jahr nicht übersteigende Strafen zustehe, hier (aber) eine Sanktion von einem Jahr aktuell sei (46 f dA 4 U 22/97w des Bezirksgerichtes Schwanenstadt), steht, wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Denn nach dem klaren Wortlaut des ersten Satzes des § 494a Abs 2 StPO steht dem Bezirksgericht ein Widerruf einer (hier) bedingten Strafnachsicht nur bei Strafen zu, die das Ausmaß von je einem Jahr nicht übersteigen. Damit fiel aber der Ausspruch über den Widerruf der hier aktuellen, bedingt nachgesehenen einjährigen Freiheitsstrafe in die Entscheidungskompetenz des Bezirksgerichtes Schwanenstadt, das fallbezogen somit zufolge Fehlinterpretation der in Rede stehenden Zuständigkeitsvorschrift von der ihm gesetzlich aufgetragenen Beschlußfassung über den Widerruf der aktenkundigen bedingten Strafnachsicht Abstand nahm und diese Entscheidung der Bestimmung des § 494a Abs 2 dritter Satz StPO zuwider dem Landesgericht Wiener Neustadt vorbehielt.
Da das Unterbleiben der gebotenen Entscheidung von der Anklagebehörde unangefochten blieb, ist ein Widerruf der bedingten Nachsicht oder eine Verlängerung der Probezeit aus Anlaß der neuen Verurteilung durch das Bezirksgericht Schwanenstadt zufolge der in § 494b StPO normierten Widerrufspräklusion nicht (mehr) möglich. Dessen ungeachtet kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß der fehlerhafte Vorbehaltsbeschluß zum Nachteil des Verurteilten ausschlägt, weil er dem Landesgericht Wiener Neustadt eine (wenngleich lediglich) formelle Grundlage für die Fassung eines Widerrufsbeschlusses aufgrund der den Gegenstand des bezirksgerichtlichen Urteils bildenden Straftat bietet, weshalb aus Gründen der Rechtssicherheit in sinngemäßer Anwendung des § 292 letzter Satz StPO (SSt 60/25) spruchgemäß zu entscheiden war.
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