Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Anwesenheit der Richteramtsanwärterin Mag. Holy als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Matthias G***** wegen des teilweise im Stadium des Versuches gemäß § 15 Abs 1 StGB verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 21. April 1998, GZ 14 Vr 1331/97-28, und die Beschwerde des Angeklagten gemäß § 498 Abs 3 Satz 3 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die implizierte Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Matthias G***** des teilweise im Stadium des Versuches gemäß § 15 Abs 1 StGB verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (AA) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erste und zweite Alternative SMG (BB) schuldig erkannt.
Danach hat er überwiegend in Zell am Moos den bestehenden Vorschriften zuwider
zu AA/ Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachte, dadurch teils in Verkehr gesetzt, teils in Verkehr zu setzen versucht, daß er zumindest 11.216,5 Gramm Cannabisharz mit einem THC-Gehalt von zumindest 5,4 %, somit zumindest 605,691 Gramm reines THC, und LSD an nachgenannte Personen verkaufte oder zu verkaufen trachtete, wobei er jeweils in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nämlich
1. von Oktober bis Dezember 1997 dem Andreas B***** zumindest 300 Gramm Cannabisharz und 5 LSD-Trips,
2. von November 1997 bis Jänner 1998 in wiederholten Angriffen dem Sami T***** 500 Gramm Cannabisharz,
3. von Ende August 1997 bis Jänner 1998 dem Jürgen S***** etwa 200 Gramm Cannabisharz,
4. zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Jahre 1997 dem Andreas F***** 2,5 Gramm Cannabisharz,
5. von September 1997 bis 28. Jänner 1998 namentlich nicht bekannten Suchtgiftkonsumenten 10.000 Gramm Cannabisharz,
6. am 28. Jänner 1998 versuchte, Sami T***** weitere 214 Gramm Cannabisharz zu übergeben, wobei die Vollendung der Tat infolge Sicherstellung des Suchtgiftes unterblieben ist;
zu BB/ Suchtgift erworben und besessen, und zwar
1. am 28. Jänner 1998 12,6 Gramm Cannabisharz,
2. am 5. Dezember 1997 48 Gramm Cannabisharz von einem Unbekannten erworben und bis 19. Dezember 1997 besessen.
Gegen dieses Urteil richtet sich eine auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie ist nicht im Recht.
Obwohl sich das Rechtsmittel inhaltlich nur gegen den Schuldspruch AA 5 richtet, erstrecken sich die Rechtsmittelanträge (... das angefochtene Urteil aufzuheben ...) auf alle Schuldsprüche. Soweit die Beschwerde damit über den Umfang des Schuldspruches AA 5 hinausgeht, ist sie schon deshalb unzulässig, weil es ihr an der vom Gesetz vorausgesetzten deutlichen und bestimmten Bezeichnung von gesetzlichen Nichtigkeitsgründen mangelt und sie auch ausdrückliche oder doch durch deutliche Hinweisung angeführte Tatumstände vermissen läßt, die Nichtigkeitsgründe bilden sollen (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).
Unverständlich ist weiters der Rechtsmittelantrag (S 323) "... nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten ...". Denn der - damit der Sache nach relevierte - Nichtigkeitsgrund des § 281a StPO (Entscheidung eines unzuständigen Oberlandesgerichtes über einen Anklageeinspruch oder eine Versetzung in den Anklagestand), auf den § 288a StPO abstellt, liegt nicht vor und wird in der Rechtsmittelschrift auch nicht behauptet.
In seiner Mängelrüge (Z 5) moniert der Beschwerdeführer, der Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen sei undeutlich, unvollständig oder mit sich selbst in Widerspruch, weil wichtige in der Hauptverhandlung hervorgekommene Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen worden seien. Das Schöffengericht habe in seiner Beweiswürdigung nämlich die Aussage von Insp. K***** (gemeint offenbar: Kontrollinspektor Mag. K*****) außer acht gelassen, wonach nur durch die Zusammenarbeit des Angeklagten mit der Gendarmerie die Belastungszeugen Kr***** und F***** ausgeforscht werden konnten; die von diesen angegebenen, an den Rechtsmittelwerber verkauften Suchtgiftmengen habe er als zu hoch angesetzt angesehen, weil sie die finanziellen Mittel des Angeklagten überstiegen hätten. Auf Grund der Gendarmerieerhebungen seien keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, daß Matthias G***** mehr als 1,8 kg (gemeint: Cannabisharz) in Verkehr gesetzt habe.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Tatrichter ihren Schuldspruch insbesondere auf die belastenden Angaben der Zeugen Kr***** und F***** gestützt haben. Mit einer ausführlichen Begründung haben sie dargetan, warum sie diesen Aussagen gefolgt sind und damit die leugnende, einen Racheakt behauptende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt erachtet haben (US 10 bis 13). Diese Beweiswürdigung entspricht den Denkgesetzen, ist nachvollziehbar und damit formell mängelfrei.
Die Aussage des Zeugen Mag. K***** wurde zwar in den Urteilserwägungen berücksichtigt (US 10 und 11), jedoch nicht ausdrücklich gewürdigt. Dies stellt aber keinen eine Nichtigkeit begründenden Fehler dar, weil die Angaben dieses Zeugen insgesamt nicht geeignet sind, eine andere Lösung der Schuldfrage zu bewirken. Der Beschwerdeführer hebt bei seinen Ausführungen nämlich nur die ihm günstig erscheinenden Teile der Aussage hervor, übergeht aber jene, wonach zwar keine weiteren Abnehmer des Angeklagten ausgeforscht werden konnten, dessen Vorgangsweise beim Kauf und Verkauf von Suchtgift jedoch durchaus professionell war. Er wäre in der Suchtgiftszene sehr begehrt gewesen, und zwar deswegen, weil er einer der wenigen war, die noch in die Arbeit gingen, zumindest teilweise, das heißt, daß er liquid war und Geld hatte. Er war einer der Anlaufstellen im Bezirk, er sei im Bezirk bekannt gewesen ... und von verschiedenen aus der Szene "angefahren" worden (S 247). Das Einzugsgebiet der Abnehmer sei der Bezirk Vöcklabruck gewesen (S 245). Die gehandelten Mengen seien immer größer gewesen, "Neueinsteigern" sei gesagt worden, "in Gramm gehe nichts" (S 248).
Aus diesen Bekundungen ergeben sich nicht nur wesentliche, den Beschwerdeführer belastende Umstände, sondern erhellt daraus auch, daß der Zeuge zu den tatsächlich vom Angeklagten ge- und verkauften Mengen an Suchtstoffen keine Angaben machen konnte, sondern nur aus den unter seiner Leitung gewonnenen Erhebungsergebnissen Schlußfolgerungen zog. Dies ist aber nicht Aufgabe eines Zeugen, der nur Angaben über von ihm wahrgenommene Tatsachen zu machen hat. Deren Würdigung obliegt allein dem Gericht. Das Schöffengericht war daher nicht verpflichtet, sich im Detail mit den Angaben des Zeugen Mag. K***** auseinanderzusetzen, weshalb ein formeller Begründungsmangel nicht vorliegt.
In der Tatsachenrüge (Z 5a) unternimmt der Beschwerdeführer nur den Versuch, die Aussagen der Zeugen Kr***** und F***** als unglaubwürdig hinzustellen und damit die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung anzufechten. Dies ist aber auch unter diesem, unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihten Anfechtungstatbestand unzulässig. Schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung vermag er weder aufzuzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen und die implizierte Beschwerde gemäß § 285i StPO das Oberlandesgericht Linz zuständig ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.
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