Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Oktober 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manfred R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Satz 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Gerhard N***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 1. April 1998, GZ 13 Vr 3201/97-49, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwältin Mag. Fuchs, des Angeklagten Gerhard N***** und des Verteidigers Mag. Osterauer zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der Angeklagte Gerhard N***** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (Satz 1) zweiter Fall StGB (I) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 2 StGB (II) sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (III) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Graz und Pirching
I./ teils mit Gewalt gegen eine Person und teils durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) unter Verwendung einer Waffe anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung teils weggenommen und teils abgenötigt, und zwar
1./ im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Manfred R***** als Mittäter Theresia E***** 600 S, indem er ihr ein Messer an die Brust setzte und durch die Äußerung: "Das ist ein Überfall, es passiert dir nichts, wenn du dich ruhig verhältst. Ich will nur Geld und keinen Wein", Geld forderte und Manfred R***** ihr das bereitgestellte Geld aus der Hand nahm,
2./ am 15.November 1997 Maria Theresia P*****, indem er sich durch Aufdrücken der Wohnungstür und unter Vorhalt eines Küchenmessers Zutritt in ihre Wohnung verschaffte, sie unter weiterem Vorhalt des Messers zur Herausgabe von 2.000 S veranlaßte, mit der Äußerung, er habe von jemandem 5.000 S bekommen, um sie zu vergewaltigen, es würde ihr nichts passieren, wenn sie ihm auch 5.000 S geben würde, weiteres Bargeld von ihr forderte, ihre Hände mit einem abgeschnittenen Staubsaugerkabel am Rücken fesselte und aus einer Schreibtischlade 19.000 S an sich nahm;
II./ am 15.November 1997 Maria Theresia P***** dadurch mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, nämlich zur Ausfolgung ihres PKW-Schlüssels und Überlassung ihres PKW für eine Fahrt genötigt, daß er sich durch Aufdrücken der Wohnungstür und unter Vorhalt eines Küchenmessers Zutritt in ihre Wohnung verschaffte, im Zeitraum von zumindest einer Stunde wiederholt das Messer gegen sie richtete, ihr die Vergewaltigung androhte, ihr die Hände eine Zeitlang am Rücken fesselte und sie aufforderte, ihm ihre Fahrzeugschlüssel zu übergeben, wobei er sie durch die Mittel der Gewalt und gefährlichen Drohung längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzte;
III./ am 15.November 1997 durch die unter II angeführten Tathandlungen ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich einen PKW der Marke VW Golf ohne Einwilligung der Berechtigten Maria Theresia P***** in Gebrauch genommen, wobei der durch die Tat verursachte Schaden am Fahrzeug 98.743 S beträgt.
Die Geschworenen haben die allein gestellten anklagekonformen Hauptfragen I, II und III jeweils stimmeneinhellig bejaht.
Der ausschließlich gegen den Schuldspruch zu I 1 gerichteten, auf Z 6, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers (Z 6) ist eine (dem Ermessen des Schwurgerichtshofes anheim gestellte) gemeinsame Fragestellung hinsichtlich mehrerer Mittäter zulässig, sofern den Geschworenen eine vollständige Prüfung des Sachverhaltes und eindeutige und erschöpfende Antwort ermöglicht wird (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 6 E 18). Diesen Anforderungen entsprach die anklagekonforme Hauptfrage I, in die gemäß § 312 Abs 1 StPO alle gesetzlichen Merkmale der zur deutlichen Tatbezeichnung erforderlichen besonderen Umstände, insbesondere die konkreten Verhaltensweisen jedes Angeklagten aufgenommen wurden.
Dem Beschwerdevorbringen zuwider ist die bloß teilweise Bejahung von Fragen eine den Laienrichtern gemäß § 330 Abs 2 StPO eingeräumte Befugnis, die ihnen im vorliegenden Fall durch die Begründung des eine getrennte Fragestellung ablehnenden Beschlusses des Schwurgerichtshofes (147/II) sowie durch den Inhalt des Fragenformulars und die im Beratungszimmer der Geschworenen angeschlagene allgemeine Belehrung (§ 325 Abs 2 StPO), somit mehrfach zur Kenntnis gebracht wurde. Darüber hinaus wurden die Geschworenen ferner im Rahmen der Rechtsbelehrung (S 6) über die Möglichkeit der Streichung des Namens des Angeklagten N***** für den Fall der Verneinung seiner Täterschaft ausdrücklich belehrt.
Bei der gegebenen Fragenstruktur bestand demnach für die Laienrichter die Möglichkeit, die Annahme der Mitwirkung des Angeklagten N***** am Raub im Sinne der Hauptfrage I durch Beifügung einer Beschränkung nach § 330 Abs 2 StPO abzulehnen.
Unbegründet ist auch die Rüge einer "Nichtzulassung der beantragten Eventualfrage", weil die Hauptfrage I auf ein als unmittelbare Täterschaft zu beurteilendes Raubverhalten des Beschwerdeführers gerichtet ist, sodaß die Voraussetzungen des § 314 Abs 1 StPO für die begehrte Eventualfrage nach Begehung des Deliktes in derselben Täterschaftsform in einer hinsichtlich des konkreten Sachverhaltes anklagekonformen Fallgestaltung (141/II) nicht vorlagen. Weitere Eventualfragen wurden in Ansehung des Angeklagten N***** nicht beantragt.
Entgegen der Instruktionsrüge (Z 8) ist aus der Erörterung überflüssiger Rechtsfragen eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung grundsätzlich nicht ableitbar (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 9a und 24). Eine Erklärung der dem Raubtatbestand fremden "gefährlichen Drohung" war nicht geboten, weil gemäß § 321 Abs 2 StPO nur die in den gestellten Fragen aufscheinenden Rechtsbegriffe zu erläutern sind. Die vom Beschwerdeführer vermißte Erläuterung der Ausdrücke "gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben", "fremde bewegliche Sache" und "Abnötigung" konnte nach Lage des Falles unterbleiben, weil diese deskriptiven Tatbestandsmerkmale in ihrem Sinngehalt im Rahmen des allgemeinen Sprachgebrauches gelegen und als solche für jedermann verständlich sind (vgl Mayerhofer aaO E 30 und 30a).
Ebenso unbegründet ist der Vorwurf einer infolge Unvollständigkeit unrichtigen Rechtsbelehrung zur subjektiven Tatseite, weil sich auch der rechtsbegriffliche Inhalt des Ausdrucks "Vorsatz" mit der nach allgemeiner Vorstellung ihm zugeordneten Bedeutung deckt (13 Os 41/80) und die Geschworenen hinsichtlich des Erfordernisses eines sich auch auf die Deliktsqualifikation des § 143 Satz 1 zweiter Fall StGB beziehenden Vorsatzes ausdrücklich belehrt wurden (S 4 f).
Aus welchen Erwägungen zu der auf das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Satz 1 zweiter Fall StGB gerichteten Hauptfrage I Erläuterungen zum Begriff der Fahrlässigkeit für erforderlich gehalten werden, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.
Das Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 10a), die die belastenden Angaben des Angeklagten R***** zur Gänze mit Stillschweigen übergeht und durch teils isolierte, teils mißverständliche Wiedergabe der Angaben der Zeugin Theresia E***** seine Tatmitwirkung in Abrede zu stellen trachtet, erschöpft sich in Wahrheit insgesamt in einer (hier) unzulässigen Bekämpfung der allein den Geschworenen obliegenden Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, ohne erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Hinweise auf eine Linkshänderschaft des Beschwerdeführers haben als unzulässige Neuerungen außer Betracht zu bleiben.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Es wertete bei der Strafbemessung das Teilgeständnis und die Sicherstellung der Beute als mildernd, als erschwerend hingegen die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen, die führende Beteiligung am Schuldspruchfaktum I 1 und die Wiederholung des Raubes.
Auch die eine Strafreduktion anstrebende Berufung des Angeklagten ist nicht berechtigt.
Ihr ist zunächst zu entgegnen, daß die Tatrichter den Umstand, daß der Beschwerdeführer seinen Komplizen R***** zum Verbrechen des schweren Raubes (I 1) verführt hat (§ 33 Z 3 StGB), unberücksichtigt ließen.
Der Milderungsumstand der Berauschung (§ 35 StGB) kommt schon im Hinblick auf die Neigung des Angeklagten N***** zu Aggressionshandlungen in alkoholisiertem Zustand (vgl dazu Vorverurteilungen wegen jeweils unter Alkoholeinfluß verübten Verbrechens des schweren Raubes und Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen zu AZ 11 Vr 3659/84 und 13 E Vr 1823/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) nicht zum Tragen (Mayerhofer StGB4 § 35 StGB EGr 2 f).
Ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot durch Annahme des Zusammentreffens zweier Verbrechen mit einem Vergehen und zweifacher Raubbegehung liegt - dem Rechtsmittelstandpunkt zuwider - im Hinblick darauf, daß auch die Nötigung zum Verbrechen qualifiziert ist, nicht vor.
Die über den Angeklagten N***** verhängte Freiheitsstrafe erweist sich unter Berücksichtigung seiner durch gravierende dissoziale, negativistische und destruktive Einstellung geprägten Täterpersönlichkeit (23, 113 f/II), seines in jeder Richtung (auch durch eine Verurteilung wegen des Verbrechens des schweren Raubes) einschlägig getrübten Vorlebens und der bei der gegebenen Sachlage überdurchschnittlichen Ausprägung krimineller Energie in einem heute fortgesetzt aktuellen Kriminalitätsbereich auch aus der Sicht hier besonders sensibler präventiver Aspekte als tat- und täterbezogen angemessen.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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