Der Oberste Gerichtshof hat am 26.März 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wolfgang S***** wegen des Verbrechens der erpresserischen Entführung nach § 102 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Ried im Innkreis vom 8. Jänner 1998, GZ 8 Vr 788/97-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Hirschmann zu Recht erkannt:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Wolfgang S***** wurde auf Grund des (stimmeneinhelligen) Wahrspruchs der Geschworenen der Verbrechen (1.) der erpresserischen Entführung nach § 102 Abs 1 StGB und (2.) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 31.Oktober 1997 in Pfaffstätt im Kundenraum der R*****bank M*****, Bankstelle P*****
1. sich des Bankkunden Franz B***** dadurch bemächtigt, daß er ihn, maskiert mit einem über den Kopf gestülpten Sack, von hinten mit der linken Hand an der Schulter festhielt und ihm mit der rechten Hand ein Küchenmesser ansetzte, um den Bankangestellten Georg N***** zur Ausfolgung von Bargeld zu nötigen, und
2. durch die gleichzeitige Äußerung: "Überfall, Geld her!", sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Küchenmessers, dem Georg N***** 199.500 S Bargeld mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz abgenötigt.
Der dagegen nominell aus den Gründen der Z 4 und 6, der Sache nach auch der Z 5 des § 345 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Eine psychiatrische Untersuchung des Angeklagten ist - ungeachtet behaupteter Geistesdefekte - im Sinn des § 134 Abs 1 StPO nur dann vorzunehmen, wenn das Beweisverfahren objektive Anhaltspunkte ergeben hat, die bei gewissenhafter Würdigung seine Geistesgesundheit und damit seine Zurechnungsfähigkeit bei Begehung der Tat in Frage stellen (Mayerhofer StPO4 § 134 E 3). Die Verantwortung des zur Tatzeit immerhin 35-jährigen Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung (271), er sei "fertig", könne nichts sagen, "sie" seien immer vom Vater geschlagen und daheim unter Druck gesetzt worden, nachdem er im Vorverfahren bei mehreren Einvernahmen das mehrmalige Erwägen des Tatplans, die sorgfältige Vorbereitung der Tat und schließlich die zielstrebige und keinesfalls "von wirrem Verhalten" geprägte Durchführung des Verbrechens in zahlreichen Einzelheiten geschildert und allein mit finanziellen Schwierigkeiten nach einem Arbeitsunfall begründet hatte (13 f, 34 f, 56 f), läßt eine derartige Sachlage nicht erkennen. Die vom Verteidiger ersichtlich allein auf die vom Angeklagten vor dem erkennenden Gericht gewählte Verantwortungsstrategie gestützte Behauptung, dieser "sei krank und zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig" gewesen (271), vermag daher die ohne jede nähere Begründung begehrte Psychiatrierung des Angeklagten (275) nicht zu rechtfertigen. Demnach blieben Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers (der Sache nach Z 5) durch das bekämpfte abweisliche Zwischenerkenntnis (276) unverletzt.
Die wiedergegebene Verantwortung des Angeklagten - mag sie vom Verteidiger auch auf eine lediglich abstrakt mit dem Rechtsbegriff der Zurechnungsunfähigkeit bezeichnete psychische Befindlichkeit des Beschwerdeführers zurückgeführt worden sein - bildet in Ermangelung von auch im Zusammenhang mit der Fragestellung an die Geschworenen nach § 313 StPO erforderlichen Tatsachenbehauptungen, die konkret für einen zur Tatzeit wirksamen geistigen Ausnahme- zustand des Angeklagten im Sinne des § 11 StGB sprächen, aber auch kein geeignetes Substrat zur Stellung der reklamierten Zusatzfrage nach dem Vorliegen des in § 11 StGB normierten Schuldausschließungsgrundes (Z 6).
Da sich die Beschwerde schließlich mit dem Einwand (Z 4), die an die Geschworenen gestellten Fragen seien entgegen der Vorschrift des § 310 Abs 1 StPO nicht verlesen worden, in Widerspruch zum ungerügt gebliebenen und damit als Beurteilungsgrundlage im Rechtsmittelverfahren allein maßgeblichen (Mayerhofer StPO4 § 271 E 49 f) Hauptverhandlungsprotokoll setzt (277), war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht die Begehung von zwei Verbrechen verschiedener Art und die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten als erschwerend, das Geständnis im Vorverfahren und die Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Raubbeute hingegen als mildernd. Davon ausgehend verhängte es über Wolfgang S***** zwölf Jahre Freiheitsstrafe.
Auch die Berufung des Angeklagten, mit welcher er die Herabsetzung der Strafe unter Anwendung des § 41 StGB anstrebt, erweist sich als unbegründet.
Abgesehen davon, daß im konkreten Fall von atypisch leichter Deliktsverwirklichung der in Rede stehenden Art nicht im entferntesten gesprochen werden kann und es damit schon an der Grundvoraussetzung für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes fehlt (Leukauf/Steininger Komm3 § 41 RN 4), hat das Geschwo- renengericht im Gegensatz zur Berufungsargumentation weder die Milderungsgründe unzureichend gewichtet noch weitere mildernde Umstände übersehen. Eine drückende Notlage hat es vielmehr aktenkonform ausgeschlossen (US 3 iVm S 115 f); die Herabsetzung der Schuldfähigkeit des Angeklagten ist - wie dargelegt - weder auf Grund seiner Einlassung in der Hauptverhandlung noch nach den Modalitäten der Tatausführung in irgendeiner Form (§ 34 Z 1 bzw Z 11 StGB) indiziert.
Angesichts der gravierenden, teils spezifisch einschlägigen Vorstrafen des Berufungswerbers findet auch die nicht näher begründete Berufungsthese einer günstigen Zukunftsprognose keinerlei objektive Stütze.
Für die begehrte Revision des erstgerichtlichen Strafausspruchs bleibt damit kein Raum.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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