Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Jänner 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kubiczek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz J***** wegen des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 3 WaffG 1986 über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Unterlassung der Einleitung des ordentlichen Verfahrens durch das Bezirksgericht Gmünd sowie die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Gmünd vom 31.Juli 1997, GZ 1 U 116/97a-17, und des Landesgerichtes Krems an der Donau als Beschwerdegericht vom 24. September 1997, AZ 11 Bl 49/97 (GZ 1 U 116/97a-20 des Bezirksgerichtes Gmünd), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:
Das Gesetz wurde in der Bestimmung des § 462 Abs 1 StPO verletzt und zwar
1. durch die Unterlassung der Einleitung des ordentlichen Verfahrens durch das Bezirksgericht Gmünd auf Grund des am 10.Juli 1997 zur Post gegebenen Einspruchs des Beschuldigten gegen die Strafverfügung vom 20. Juni 1997, sowie durch den Beschluß des genannten Gerichtes vom 31. Juli 1997 (ON 17), mit dem der am 28.Juli 1997 zur Post gegebene (neuerliche) Einspruch gegen die Strafverfügung als verspätet zurückgewiesen wurde;
2. durch den Beschluß des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 24. September 1997, AZ 11 Bl 43/97 (ON 20), mit dem der Beschwerde des Beschuldigten gegen den zu 1. erwähnten Beschluß nicht Folge gegeben wurde.
Die bezeichneten Beschlüsse des Bezirksgerichtes Gmünd und des Landesgerichtes Krems an der Donau werden aufgehoben, und es wird dem Bezirksgericht Gmünd die Einleitung des ordentlichen Verfahrens aufgetragen.
Gründe:
Am 20.Juni 1997 erließ das Bezirksgericht Gmünd im Verfahren AZ 1 U 116/97a gegen Franz J***** eine Strafverfügung, mit welcher dieser des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 3 des damals noch geltenden Waffengesetzes 1986 schuldig erkannt und zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 100 S verurteilt wurde (ON 11). Die Ausfertigung wurde Franz J***** am 27.Juni 1997 zu eigenen Handen zugestellt.
Am 11.Juli 1997 langte bei Gericht ein am Vortag zur Post gegebenes Schreiben ein (ON 14), in dem der Beschuldigte ausführte: "Es wurden mir 1991 acht Feuerwaffen in meiner Abwesenheit durch Exekutive entwendet und zum halben Schätzwert verschleudert und ich sah keinen öS mehr. Ich hatte mir damals nichts zu Schulden kommen lassen, habe niemand behindert oder bedroht. Ich habe als Pensionist die Mindestrente bei Unterhaltszahlung von S 3.710,-- und kann keine Strafe mehr zahlen."
Das Bezirksgericht wertete diese Eingabe ausdrücklich nicht als Einspruch und erklärte die Strafverfügung am 21.Juli 1997 für rechtskräftig (ON 14). Daraufhin wurde Franz J***** die Urkunde über die bedingte Strafnachsicht zugestellt. Der Beschuldigte schickte die Urkunde samt der Strafverfügung am 28.Juli 1997 an das Gericht zurück, wobei er förmlich erklärte, Einspruch gegen die Strafverfügung zu erheben (ON 16).
Mit Beschluß vom 31.Juli 1997 (ON 17) wies das Bezirksgericht Gmünd den Einspruch gegen die Strafverfügung als verspätet zurück. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschuldigten gab das Landesgericht Krems an der Donau mit Beschluß vom 24.September 1997, AZ 11 Bl 43/97 (ON 20), nicht Folge und führte aus, daß die als Einspruch bezeichnete Eingabe erhebliche Zeit nach Ablauf der vierzehntägigen Einspruchsfrist zur Post gegeben wurde, während dem Beschwerdegericht ohne Überschreitung seiner Befugnisse die Prüfung untersagt sei, ob die Eingabe des Beschuldigten vom 10.Juli 1997 als wirksamer Einspruch aufzufassen sei.
Das Vorgehen beider Gerichte steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Gemäß § 462 Abs 1 StPO können der Staatsanwalt und der Beschuldigte binnen vierzehn Tagen gegen die Strafverfügung Einspruch erheben; in diesem Fall ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Ein bestimmter Wortlaut oder eine Begründung ist für den Einspruch nicht vorgeschrieben. Es genügt jede Erklärung des Beschuldigten, die unzweifelhaft erkennen läßt, daß er sich durch die Strafverfügung im Ausspruch über die Schuld oder (auch nur) über die Strafe beschwert findet (EvBl 1976/279 = RZ 1976/88).
Vorliegend hat Franz J***** durch sein am 10.Juli 1997 - sohin innerhalb der vierzehntägigen Einspruchsfrist - zur Post gegebenes Schreiben nicht nur zum Ausdruck gebracht, daß er sich schuldlos fühle, sondern sich auch im Ausspruch über die Strafe beschwert erachtet. Das Bezirksgericht wäre daher auf Grund dieser Eingabe verpflichtet gewesen, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Demgemäß kommt der förmlichen - verspätet erhobenen - Einspruchserklärung vom 28. Juli 1997 keine selbständige rechtliche Bedeutung mehr zu, sodaß der Beschluß vom 31.Juli 1997 auf Zurückweisung des Einspruches verfehlt ist.
Dies gilt auch für den Beschluß des Beschwerdegerichtes vom 24. September 1997, das den Umstand außer acht ließ, daß die Strafverfügung bereits durch den rechtswirksamen Einspruch vom 10. Juli 1997 ihre Wirksamkeit verloren hatte.
Die genannten Beschlüsse waren demnach auf Grund der vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Beschwerde aufzuheben und dem Bezirksgericht Gmünd die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens aufzutragen, das § 62 WaffG 1996 zu beachten haben wird.
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