Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Claudia H*****, vertreten durch Dr.Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 4.800 S sA (hier: Verhängung einer Mutwillensstrafe) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 14.Februar 1997, GZ 1 R 40/97w 12, womit der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 9.Jänner 1997, GZ 22 C 2056/96b 8, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluß
gefaßt:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichts wird aufgehoben und diesem die meritorische Entscheidung über den Rekurs der klagenden Partei gegen den erstinstanzlichen Beschluß aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.
Begründung:
Die Klägerin begehrte mit einer Mahnklage von der beklagten Partei die Zahlung eines Kapitalbetrags von ursprünglich 6.338,70 S samt 12 % Zinsen seit 14.August 1996. Die beklagte Partei erhob gegen den vom Erstgericht am 26.September 1996 erlassenen bedingten Zahlungsbefehl fristgerecht Einspruch und machte in ihrem vorbereiteten Schriftsatz ON 4 ua geltend, im Klagebegehren seien offensichtlich unzulässigerweise auch „vorprozessuale Zinsen und Kosten“ enthalten. Mit vorbereitendem, in der Tagsatzung vom 9.Jänner 1997 vorgetragenen Schriftsatz schränkte die Klägerin ihr Klagebegehren um näher bezeichnete Neben- gebühren auf 4.800 S sA ein.
Mit dem in der dieser Tagsatzung verkündeten Beschluß verhängte das Erstgericht über die Klägerin gemäß § 448a Abs 1 ZPO eine Mutwillensstrafe von 2.000 S.
Die zweite Instanz wies den dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin als unzulässig zurück, weil der Wert des Streitgegenstands die Wertgrenze des § 517 ZPO (15.000 S) nicht übersteige und nur gegen die dort angeführten Beschlüsse erster Instanz Rekurs ergriffen werden könne; alle anderen Beschlüsse einschließlich der in § 517 ZPO nicht genannten Verhängung einer Ordnungs- oder Mutwillensstrafe durch das Erstgericht seien unanfechtbar. Die Vorschrift des § 517 ZPO sei in ihrer Strenge ursprünglich für das Bagatellverfahren geschaffen und durch die ZVN 1983 unter Fortfall des Bagatellverfahrens auf alle Rechtssachen mit einem 15.000 S nicht übersteigenden Streitwert ausgedehnt worden. Zwar sei die Verhängung von Geldstrafen grundsätzlich anfechtbar, doch seien auch dabei die Rechtsmittelbeschränkungen ua des § 517 ZPO zu berücksichtigen. Dagegen könne auch nicht die Rspr, daß bei der Verhängung von Geldstrafen die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO keine Berücksichtigung zu finden habe, ins Treffen geführt werden, weil Grundlage dieser Bestimmung der Wert des Entscheidungsgegenstands sei, während § 517 ZPO vom Streitgegenstand (Streitwert) ausgehe.
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
a) Der Rechtsmittelausschluß des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist, wie schon die zweite Instanz zutreffend erkannte, nicht zu beachten, weil Entscheidungsgegenstand nicht der Streitwert, nicht eine geldwerte Leistung ist, sondern die Tatsache der gerichtlichen Bestrafung, die einen Verweis beinhaltet und eine Mißbilligung zum Ausdruck bringt (SZ 35/122; 6 Ob 564/84, 6 Ob 658/90 ua). Bei Ordnungs- und Mutwillensstrafen ist daher diese Wertgrenze bedeutungslos (3 Ob 2425/96f; Gitschthaler in Rechberger, § 220 ZPO Rz 6). Eine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz, die die weitere Anfechtung jedenfalls ausschlösse (EvBl 1965/28; 3 Ob 2425/96f im Fall einer Mutwillensstrafe nach § 448a ZPO; RIS Justiz RS0044260), liegt nicht vor, wenn das Gericht zweiter Instanz das Rechtsmittel - wie hier - aus verfahrensrechtlichen Gründen als unzulässig zurückwies ( Kodek in Rechberger , ZPO, § 528 Rz 4 mwN). Die Richtigkeit der Auffassung, im Besitzstörungsverfahren verhängte Ordnungsstrafen würden sich einer Anfechtung durch den Obersten Gerichtshof jedenfalls entziehen (SZ 38/143; vgl auch 7 Ob 557/92 = EvBl 1992/174 = RZ 1993/42 mwN zu einem Grenzberichtigungsverfahren nach § 4 Abs 2 2.TN; vgl dazu die beachtliche Kritik von Kodek aaO Rz 8), muß hier nicht geprüft werden.
b) § 220 ZPO behandelt die Strafen des Zivilverfahrens, besagt aber nicht, in welchen Fällen Ordnungs- oder Mutwillensstrafen verhängt werden dürfen oder zu verhängen sind, sondern verweist diesbezüglich dynamisch auf andere Bestimmungen der ZPO ( Gitschthaler in Rechberger , § 220 ZPO Rz 1). Durch Art VI der EO Novelle 1995, BGBl 1995/519, wurde mit Wirkung vom 1.Oktober 1995 § 448a ZPO in die ZPO eingefügt. Nach dessen Abs 1 hat das Prozeßgericht über die klagende Partei eine Mutwillensstrafe von mindestens 1.000 S zu verhängen, wenn sie durch unrichtige oder unvollständige Angaben in der Klage die Erlassung eines bedingten Zahlungsbefehles erschlichen hat oder zu erschleichen versucht, insbesondere durch die Geltendmachung einer Nebenforderung iSd § 54 Abs 2 JN als Teil der Hauptforderung.
Nach der alten Rechtslage enthielt § 517 ZPO rigorose Rekursbeschränkungen für das Bagatellverfahren, gekleidet in die Form eines generellen Rekursausschlusses mit ausdrücklichen Ausnahmen („... kann nur ... Rekurs ergriffen werden ...“; Fasching IV 399). Erging aber der Beschluß des Gerichts zwar aus Anlaß eines Bagatellverfahrens, richtete er, sich jedoch gegen von den Parteien verschiedene Personen und griff er unmittelbar in deren Rechtssphäre ein, ohne daß ein rechtlicher Konnex zur Bagatelleigenschaft des Rechtsstreits bestand, kam § 517 ZPO nicht zur Anwendung ( Fasching IV 399), wie dies vom Obersten Gerichtshof etwa bei Beschlüssen, mit denen über Zeugen oder Sachverständige Ordnungsstrafen verhängt wurden, ausgesprochen wurde (SZ 18/27 = JBl 1936, 258 = RZ 1936, 195; RIS
Gegen die Verhängung einer Mutwillensstrafe nach § 448a Abs 1 ZPO durch das Erstgericht ist nach wie vor unabhängig vom Wert des Streitgegenstands und ungeachtet der Tatsache, daß § 220 ZPO in § 517 ZPO idFd Art IV Z 107 ZVN 1983 und Art II Z 5 ZVN 1986 nicht genannt ist, der Rekurs an die zweite Instanz zulässig.
Demnach ist die zweitinstanzliche Entscheidung aufzuheben. Das Rekursgericht wird sich mit dem Rekurs der Klägerin gegen die Verhängung der Mutwillensstrafe inhaltlich auseinandersetzen müssen. Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 ZPO.
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