Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Dietmar Strimitzer und Mag.Christa Marischka als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Elfriede W*****, vertreten durch Dr.Robert A.Kronegger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Steiermark, 8020 Graz, Babenbergerstraße 35, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 13.253,-- netto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Juni 1996, GZ 7 Rs 83/96x-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Jänner 1996, GZ 37 Cgs 250/95f-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionswerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen des Arbeitgebers der Klägerin wurde am 2.3.1994 das Konkursverfahren eröffnet. Die Klägerin war dort seit 24.5.1993 als Arbeiterin beschäftigt. Am 3.5.1994 erklärte sie gemäß § 25 KO ihren vorzeitigen Austritt. Die Klägerin gebar am 4.5.1994 ein Kind. Sie bezog bis 29.6.1994 Wochengeld und ab 30.6.1994 Karenzurlaubsgeld. Im Zeitpunkt des vorzeitigen Austrittes hatte die Klägerin aus dem ersten Urlaubsjahr (24.5.1993 bis 23.5.1994) noch einen offenen Urlaubsanspruch von 21 Arbeitstagen.
Die Klägerin begehrte an Insolvenzausfallgeld unter anderem den Betrag von S 27.710,-- netto als Urlaubsentschädigung für 46 Arbeitstage. Die Beklagte bezahlte aus dem Titel Urlaubsentschädigung den Betrag von S 14.457,-- netto für 21 Urlaubstage aus dem ersten Urlaubsjahr und den aliquoten Urlaubsanspruch bis 29.6.1994 von insgesamt drei Arbeitstagen.
Mit ihrer am 5.12.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin den Zuspruch des mit Bescheid abgelehnten Betrages von S 13.253,-- netto. Im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses habe sie aufgrund nicht konsumierten Urlaubs einen Entschädigungsanspruch für 21 Arbeitstage gehabt, zuzüglich des Anspruches von 25 Arbeitstagen für Urlaub der im fiktiven Zeitraum bis zum Ende des besonderen Kündigungsschutzes gemäß § 10 Abs 1 MSchG entstanden wäre.
Die Beklagte wendete dagegen ein, daß die Klägerin Karenzurlaubsgeld bezogen habe, weshalb der in diesem Jahr entstandene Urlaubsanspruch gemäß § 15 Abs 3 MSchG zu aliquotieren sei.
Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß sich gemäß § 15 Abs 3 MSchG der Urlaubsanspruch und damit auch die Urlaubsentschädigung auf das für den Zeitraum vom Beginn des Urlaubsjahres bis zum Antritt des Karenzurlaubes gebührende Ausmaß reduziere. Die Urlaubsaliquotierung werde mit Inanspruchnahme, spätestens mit Antritt des Karenzurlaubes wirksam. Daß das Dienstverhältnis bereits vor Antritt des Karenzurlaubes durch die Klägerin beendet worden sei, könne daran nichts ändern.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig sei. Gehe man gemäß § 1162b ABGB von der Fiktion des Fortbestehens des Dienstverhältnisses bis zur regulären Lösungsmöglichkeit nach den Schutzbestimmungen des Mutterschutzgesetzes aus, so könne die Klägerin im Rahmen ihres Schadenersatzanspruches durch die Beendigung des Dienstverhältnisses nicht besser gestellt sein als bei dessen aufrechtem Fortbestand. Hätte das Dienstverhältnis fortbestanden, wäre die Aliquotierungsbestimmung des § 15 Abs 3 MSchG zum Tragen gekommen, weil die Klägerin unstrittig ab 30.6.1994 Karenzurlaubsgeld bezogen und sich daher in Karenzurlaub befunden habe. Der Schadenersatzanspruch nach § 1162b ABGB bringe der Klägerin eine Gleichstellung mit einer Dienstnehmerin, die in der gleichen Situation das Dienstverhältnis nicht vorzeitig gelöst hätte, keinesfalls aber eine Besserstellung.
Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Der nach § 25 Abs 1 KO vorzeitig austretende Arbeitnehmer leitet seine Ansprüche außerhalb des Geltungsbereiches des Angestelltengesetzes aus § 1162b ABGB ab. Er ist daher auf den dort genannten Zeitraum, nämlich jenen, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch "ordnungsgemäße Kündigung" des Arbeitsverhältnisses hätte verstreichen müssen, beschränkt. Ob und in welchem Umfang der Dienstnehmer Anspruch auf "Kündigungsentschädigung" hat, hängt davon ab, inwieweit ihm bei ordnungsgemäßer Beendigung des Dienstverhältnisses vertragsmäßige Ansprüche auf das Entgelt zugestanden wären. Der Arbeitnehmer soll das bekommen, was ihm ohne seine berechtigte Auflösungserklärung zugekommen wäre (ArbSlg 10.041; WBl 1993, 155; RdW 1994, 153; 8 ObS 4/96; 8 Ob 2092/96x). Der Schadenersatzanspruch des § 1162b ABGB ist vom hypothetischen Verlauf des weiteren - durch den Austritt ja tatsächlich aufgelösten - Dienstverhältnisses nicht völlig unabhängig. Eine "Pauschalierung" des Schadenersatzes ist durch das Gesetz nur insofern vorgesehen, als es die Einrechnung dessen, was der Angestellte infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat, ausschließt, soweit der Zeitraum drei Monate nicht übersteigt und die sofortige Fälligkeit des bis dahin gebührenden Entgelts normiert. Das damit gesetzlich angeordnete Verbot der Vorteilsausgleichung setzt aber voraus, daß für die maßgebende Zeit überhaupt ein vertragsmäßiger Anspruch auf Entgelt bestanden hätte. Der Dienstnehmer soll dadurch, daß er vorzeitig ausgetreten ist, nicht besser gestellt werden als wenn das Dienstverhältnis noch bis zum Verstreichen der gesetzlichen Kündigungsfrist gedauert hätte. Sowohl aus der Bestimmung des § 1162b ABGB als auch aus jener des § 29 AngG ergibt sich klar, daß der Gesetzgeber eine Bereicherung des Dienstnehmers verhindern wollte (ArbSlg 10.041; JBl 1986, 267; WBl 1991, 297; RdW 1993, 285; 8 Ob 2092/96x).
Entsteht bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund während der für die Berechnung der Ersatzansprüche nach § 1162b ABGB maßgeblichen fingierten Kündigungsfrist ein neuer Urlaubsanspruch (§ 2 Abs 2 UrlG), handelt es sich nicht um einen Erfüllungs-, sondern um einen Schadenersatzanspruch im Rahmen der Kündigungsentschädigung (SZ 62/16; WBl 1991, 297; RdW 1994, 153; SZ 56/96; ArbSlg 11.365). Da der Arbeitnehmer das bekommen soll, was ihm ohne seine berechtigte Auflösungserklärung zugekommen wäre, ist auch bei der Begrenzung des Anspruches auf Urlaubsentschädigung auf tatsächlich eingetretene gesetzliche Endigungsgründe, mit denen der Verlust der Entgeltsansprüche aus dem Vertragsverhältnis verbunden ist, Bedacht zu nehmen (vgl WBl 1993, 155; RdW 1994, 153).
Es ergibt sich daher, daß die Klägerin über die von der Beklagten ihren Berechnungen zugrundegelegte Aliquotierung hinaus keinen weiteren Anspruch auf Urlaubsentschädigung hat. Daran vermag auch die Neufassung des § 2 Abs 2 UrlG durch BGBl 832/1995, wonach der Urlaubsanspruch durch Zeiten, in denen kein Anspruch auf Entgelt besteht, nicht verkürzt wird, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird, nichts zu ändern, da § 15 Abs 3 MSchG eine derartige gesetzliche Verkürzung des Urlaubsanspruches normiert (8 ObS 2215/96k).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG sind der zur Gänze unterlegenen Klägerin Kosten nicht zuzusprechen.
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