Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Graf, Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 24.10.1981 geborenen Sascha N***** infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Kindes und seiner Mutter Mirjana N*****, beide ***** vertreten durch Dr. Johannes Hock sen und Dr. Johannes Hock jun, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 24. April 1996, GZ 45 R 1125/95i-112, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 6. Oktober 1995, GZ 2 P 118/84-108, bestätigt wurde, den
Beschluß
gefaßt:
1. Der Revisionsrekurs der Mutter des Kindes wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs des Kindes wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird
a) bestätigt, soweit damit der Antrag der Mutter, ihr über den mit dem erstgerichtlichen Beschluß vom 28.2.1995 bereits rechtskräftig zuerkannten Betrag von S 7.000,-- hinaus aus den Erträgnissen des Vermögens des Kindes einen weiteren Betrag von S 2.000 im Monat zur Verfügung zu überlassen, abgewiesen wurde;
b) im übrigen dahin abgeändert, daß die vom Erstgericht verfügte Sperre des bei der Creditanstalt-Bankverein bestehenden, auf den Namen des Kindes lautenden Sparkontos Nr ***** aufgehoben wird.
Begründung:
Das Geldvermögen des am 24.10.1981 geborenen Kindes wurde auf einem Sparbuch angelegt, das einen Kontostand von über S 6 Mio aufweist.
Das Erstgericht verfügte von Amts wegen die Sperre des Sparkontos und wies den Antrag der Mutter des Kindes, ihr über den Betrag von S 7.000 im Monat hinaus, über den sie auf Grund eines früheren, in diesem Punkt rechtskräftig gewordenen Beschlusses des Erstgerichtes aus den Erträgnissen des Sparbuches zu verfügen berechtigt ist, einen weiteren Betrag von S 2.000 im Monat zur Verfügung zu überlassen, ab. Von den Bestimmungen über Sperre und Inventur (§§ 222 f ABGB) seien zwar nur Vormünder, Sachwalter und Kuratoren betroffen, nicht aber Eltern, denen die Obsorge zukommt. Nach (vereinzelt gebliebener) Judikatur komme in diesem Fall eine Sperre nur in Betracht, wenn Gefahr für das Mündelvermögen bestehe. Im Zuge der Gesetzwerdung sei aber offensichtlich nicht diskutiert worden, ob nicht Mündelvermögen, das über ein bestimmtes Ausmaß hinausgehe, auch dann zu sperren sei, wenn obsorgepflichtige und obsorgeberechtigte Eltern Verwalter des Vermögens seien. Es könne sich daher um eine Gesetzeslücke handeln, die durch die §§ 21 und 176 ABGB zu schließen sei. Wenn das Vermögen des Kindes über ein bestimmtes Ausmaß hinausgehe, sei auch ohne konkrete Gefahr, sondern wegen der im Hinblick auf das große Vermögen bestehenden abstrakten Gefahr eine Sperre des Vermögens zu verfügen. Dem Kind stehe unter Berücksichtigung des ihm bereits zuerkannten monatlichen Betrages von S 7.000 und der ihm zufließenden Waisenpension von S 2.700 ein Betrag von S 9.700 im Monat zur Verfügung, mit dem seine laufenden Unterhaltsansprüche gedeckt werden könnten, zumal der Durchschnittsbedarf eines Kindes gleichen Alters nur S 3.470,-- im Monat betrage. Der Antrag, ihr einen weiteren Betrag von S 2.000 im Monat zur Verfügung zu stellen, müsse daher abgewiesen werden.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß des Erstgerichtes infolge des vom Kind und seiner Mutter erhobenen Rekurses und sprach aus, daß gegen seinen Beschluß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es stellte ergänzend fest, daß die Mutter des Kindes anläßlich ihrer Vernehmung angab, sie sei seit Mai 1994 freiberuflich tätig und arbeite auf Provisionsbasis. Sie könne ihr Einkommen noch nicht angeben. Während der Ausbildung habe sie nur ein geringes monatliches Entgelt in der Höhe zwischen S 5.000 und S 10.000 bezogen.
Rechtlich war das Rekursgericht der Meinung, daß schon der Umfang des Kindesvermögens die abstrakte Gefahr einer den Grundsätzen des Unterhaltsrechts widersprechenden Verwendung berge. Außerdem bilde auch der Umstand, daß wegen der Einkommens- und Vermögenslage der Mutter unter Umständen verbrauchte Beträge, deren Verwendung im Rahmen der Rechnungslegung nicht genehmigt würde, nicht refundiert werden könnten, eine weitere Gefahr für die Erhaltung des Kindesvermögens. Diese Gefahr ergebe sich auch daraus, daß die Mutter begehre, ihr über den bereits zuerkannten Betrag von S 7.000 hinaus einen weiteren Betrag von S 2.000 im Monat für das Kind zur Verfügung zu stellen. Die Sperre des Sparkontos sei daher gerechtfertigt. Würde der Mutter für den Unterhalt des Kindes ein über den Betrag von S 7.000 im Monat hinausgehender Betrag zur Verfügung gestellt werden, so würde dies den Grundsätzen des § 149 Abs 1 ABGB widersprechen, wonach die Eltern das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten, es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren haben.
Der von der Mutter des Kindes gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig, jener des Kindes ist hingegen entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig und auch berechtigt.
Zum Revisionsrekurs der Mutter:
Durch die Art der Verwaltung des Vermögens eines Kindes werden nur dessen Rechte und nicht auch die Rechte desjenigen, der es verwaltet, berührt, zumal dieser selbst keinen Anspruch darauf hat, daß das Vermögen in einer bestimmten Art verwaltet wird. Da somit durch die Entscheidung über die Art der Verwaltung eigene Rechte nicht verletzt werden, ist der zur Verwaltung Berechtigte durch die über die Verwaltung ergangene Entscheidung nicht im Sinn des § 9 Abs 1 AußStrG beschwert und daher nicht berechtigt, dagegen ein Rechtsmittel zu erheben.
Zum Revisionsrekurs des Kindes:
Der Revisionsrekurs des Kindes ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes von der im folgenden bezeichneten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht; er ist auch teilweise berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hat aus § 193 AußStrG bereits abgeleitet, daß die Stellung der Eltern als Verwalter des Vermögens ihrer Kinder im allgemeinen freier als die des Vormundes oder eines sonstigen gesetzlichen Vertreters ist. Eltern seien im Einzelfall nur dann der gerichtlichen Überwachung unterworfen, wenn das Wohl des Minderjährigen gefährdet ist. Sicherungsmaßnahmen könnten daher nur bei Gefährdung des Kindeswohls unter Bedachtnahme auf § 176 ABGB angeordnet werden (JBl 1992, 586; RZ 1990/111; Pichler in Rummel2, Rz 12 zu §§ 230-230e ABGB; Schlemmer in Schwimann, Rz 3 zu § 149 ABGB). Diese Rechtsprechung ist entgegen der Meinung des Erstgerichtes nicht vereinzelt geblieben und entspricht im übrigen auch der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz (vgl die Nachweise in MGA ABGB34 § 149/6). Sowohl in den angeführten Entscheidungen als auch in den zu § 176 ABGB ergangenen Entscheidungen (vgl MGA ABGB34 § 176/1, 2) wurde ganz offensichtlich immer davon ausgegangen, daß durch das Verhalten der Eltern das Wohl des minderjährigen Kindes konkret gefährdet sein muß. Dafür spricht auch deutlich der Wortlaut des § 176 Abs 1 ABGB, weil dort als Voraussetzung für die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen festgelegt wird, daß die Eltern durch ihr Verhalten dieses Wohl gefährden. Die Möglichkeit einer Gefährdung könnte nur dann als ausreichend angesehen werden, wenn der Gesetzgeber etwa die Worte "Könnten die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des mj. Kindes gefährden ..." verwendet hätte. Verfügungen nach § 176 Abs 1 ABGB setzen demnach eine konkrete Gefährdung des Wohles des Kindes voraus. Es muß also auf Grund eines bestimmten Verhaltens der Eltern oder eines Elternteils, in dem eine objektive Nichterfüllung oder Vernachlässigung elterlicher Pflichten zu erblicken ist, zu befürchten sein, daß das Wohl des Kindes beeinträchtigt werden wird. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Gefährdung und somit eine abstrakte Gefährdung reicht hingegen nicht aus. Ist eine konkrete Gefährdung nicht gegeben, so genügt es, daß auf das Wohl des Kindes auf Grund der gemäß § 150 Abs 1 ABGB jährlich zu legenden Rechnung Bedacht genommen wird.
Wie schon die Vorinstanzen richtig erkannten, kann die Höhe des Vermögens aber höchstens eine abstrakte Gefährdung des Wohles des Kindes begründen. Dies gilt auch dann, wenn der zur Verwaltung des Vermögens Berechtigte bloß über ein verhältnismäßig geringes Einkommen oder Vermögen verfügt. Eine konkrete Gefährdung kann in dem zu entscheidenden Fall bloß auf Grund des schon vom Rekursgericht hervorgehobenen Umstands nicht angenommen werden, wenn die Mutter des Kindes aus den Erträgnissen des Vermögens zu dem bereits zuerkannten Betrag von S 7.000 noch einen weiteren Betrag von S 2.000 im Monat zur Verfügung haben will. Es genügt das vom Erstgericht inhaltlich ohnedies getroffene Verbot, aus den Erträgnissen des Vermögens einen weiteren Betrag von S 2.000 im Monat zu entnehmen. Der Oberste Gerichtshof erachtet die hiezu in der Entscheidung des Rekursgerichtes enthaltenen und die damit gebilligten Ausführungen des Erstgerichtes für zutreffend (§16 Abs 3 AußStrG iVm § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Im Hinblick auf die Ausführungen im Revisionsrekurs ist nur noch ergänzend zu bemerken, daß den günstigen Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Kindes ohnedies dadurch Rechnung getragen wurde, daß ihm ein weit über dem Regelbedarf hinausgehender monatlicher Betrag überlassen wurde.
Da somit die Voraussetzungen für die Sperre des Sparkontos nicht gegeben sind, war die vom Erstgericht dennoch verfügte Sperre in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen aufzuheben. Soweit damit der Antrag auf Überlassung eines weiteren Betrages von S 2.000 im Monat abgewiesen wurde, war der angefochtene Beschluß hingegen zu bestätigen.
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