Der Oberste Gerichtshof hat am 28.November 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Berger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bajram T***** und andere Angeklagte wegen des in der Entwicklungsstufe des Versuch (§ 15 StGB) begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall und Abs 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Hafir K***** und Zinder P***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten T*****, K***** und P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 28.August 1996, GZ 17 Vr 375/96-85, und über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 13 Abs 3 SGG gefaßten Beschluß (385) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Hafir K***** und Zinder P***** wurden (zugleich mit Bajram T*****, der kein Rechtsmittel ergriffen hat - 378 -) des in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall und Abs 3 Z 3 SGG (A), K***** überdies des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (B) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (C) und nach § 36 Abs 1 Z 1 und Z 2 WaffG (D I und II) schuldig erkannt.
Danach haben sie am 15.März 1996 (als Mittäter) in St.Pölten und anderen Orten
(zu A) Bajram T*****, Hafir K***** und Zinder P***** versucht, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, die zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte, nämlich 1.954,55 Gramm Heroin (Reinsubstanz 277 + - 39,1 Gramm), in Verkehr zu setzen;
(zu B) Hafir K***** dadurch, daß er gegenüber Bajram T***** äußerte, wenn er mit dem Heroin aus dem Personenkraftwagen steige, sei er tot ..., sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tode zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme vom Verlassen des Fahrzeuges, genötigt;
(zu C) Hafir K***** den Bajram T***** dadurch, daß er äußerte, "wenn irgendetwas (beim Drogendeal) passieren sollte", werde er ihn erschießen, sohin mit dem Tode gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;
(zu D) Hafir K***** bis zum 15.März 1996 - wenn auch nur fahrlässig -
I/ unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole der Marke CZ, Kaliber 7,62, besessen und geführt sowie
II/ eine verbotene Waffe (§ 11 WaffG), nämlich eine Tränengasspraydose, unbefugt besessen.
Das Erstgericht verhängte über die Angeklagten hiefür Freiheitsstrafen, erkannte gemäß § 13 Abs 1 SGG auf Einziehung des sichergestellten Suchtgiftes sowie gemäß § 26 Abs 1 StGB auf Einziehung der sichergestellten Faustfeuerwaffe und der verbotenen Waffe.
Hingegen wies es den Antrag der Staatsanwaltschaft (241), gemäß § 13 Abs 3 SGG auf Verfall des zur Beförderung des Suchtgiftes verwendeten Fahrzeugs der Marke Toyota Carina, amtliches Kennzeichen ME-44 CX, zu erkennen, ab (US 5 oben).
Gegen den Schuldspruch erhoben die Angeklagten K***** und P***** (in getrennten Rechtsmittelschriften) eine auf § 281 Abs 1 Z 5 - der Angeklagte P***** überdies auf Z 9 lit a - StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch fechten beide Angeklagten ebenso wie die Staatsanwaltschaft betreffend alle drei Angeklagten mit Berufung an; den (den Verfall des PKWs abweisenden) Beschluß bekämpft der öffentliche Ankläger mit Beschwerde.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** (ON 99):
Die Rechtsmittelanträge dieses Beschwerdeführers gehen zwar dahin, "das angefochtene Urteil aufzuheben", beziehen sich somit uneingeschränkt auf alle Schuldspruchfakten; zum Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 und Z 2 WaffG (D I und II) wurden jedoch weder bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde (378 unten) noch in ihrer Ausführung einer der im § 281 Abs 1 Z 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet, insbesonders kein Tatumstand angeführt, der den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund bilden soll, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO sofort in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Die gegen die übrigen Schuldspruchsfakten erhobene Mängelrüge (Z 5), ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil der Beschwerdeführer - ebenso wie in seiner Gegenäußerung zur Berufung der Staatsanwaltschaft (ON 96) - ohne Dartuung formaler Begründungsmängel nicht vom gesamten Urteilssachverhalt ausgeht, sondern festgestellte Tatsachen bestreitet oder übergeht, teilweise urteilskonträre Konstatierungen mit dem Ziel seines gänzlichen Freispruchs reklamiert und demnach in Wahrheit lediglich unzulässig nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehenen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft (vgl Foregger/Kodek StPO6 Anm I.1. zu § 281; Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 E 26, § 281 Z 5 E 1).
Dies gilt zunächst für das gesamte Vorbringen in bezug auf das Suchtgiftverbrechen (A), in dem der Nichtigkeitswerber
* prozeßordnungswidrig nur eine einzige, fallbezogen gar nicht entscheidende und zudem nur unvollständig zitierte Urteilsfeststellung (vgl US 7 zweiter Absatz), wonach "P***** entweder der Eigentümer des Heroin oder der Kontaktmann zu den Hintermännern war", isoliert herausgreift und in den Mittelpunkt seiner weiteren Überlegungen stellt;
* urteilsfremd behauptet, einerseits könne ihm objektiv nur angelastet werden, daß er am Tag vor der Heroinübergabe in Melk war, als die verdeckten Ermittler die Verkaufsverhandlungen mit dem Angeklagten T***** führten, wobei das Erstgericht völlig übergangen habe, ob er an diesen Verhandlungen überhaupt beteiligt gewesen wäre (was allerdings vorliegend gleichfalls bedeutungslos ist), andererseits habe er sein Fahrzeug nur dazu verwendet, P***** und T***** am Vorfallstag von Ybbs nach St.Pölten zu transportieren, weshalb er weder Verkaufsverhandlungen geführt, noch bei der Heroinübergabe einen Tatbeitrag geleistet habe;
* eine (im Urteil ohnehin enthaltene) Antwort auf die Frage moniert, inwieweit er über Umstände der Verkaufsverhandlungen und der Übergabe des Suchtgifts informiert war;
* erneut bezügliche Konstatierungen übergehend, fordert, das Erstgericht hätte "festhalten müssen", welche Kenntnisse er über das Heroingeschäft hatte, und daß er überhaupt über Menge und Art des zu übergebenden Suchtgiftes Bescheid wußte.
Demgegenüber hat das Schöffengericht auf der Grundlage einer Gesamtschau aller Verfahrensergebnisse sowie unter Verwertung des persönlich gewonnenen Eindrucks unbedenklich und mängelfrei nicht nur alle für das inkriminierte Suchtgiftverbrechen erforderlichen subjektiven und objektiven Tatkomponenten festgestellt, sondern den Beschwerdeführer auch ausdrücklich als Lieferanten der tatverfangenen zwei Kilogramm Heroin bezeichnet, der den Preis mit 850.000 S festgesetzt, den genauen Übergabetermin und Übergabeort vereinbart, das Suchtgift mit den zwei Mittätern in seinem PKW dorthin transportiert und auch bei der geplanten Übergabe eine maßgebende, entscheidende und aktive Rolle gespielt hat (vgl US 7 f).
Den von der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes abweichenden und weitgehend hypothetischen Beschwerdeausführungen zu den Schuldspruchsfakten B und C genügt es zu erwidern, daß sie (erneut) von urteilsfremden Prämissen ausgehen, nämlich von der Bedrohung und Nötigung des Mitangeklagten Zinder P*****, wohingegen laut Urteilsspruch (US 2 f) und den korrespondierenden Urteilsfeststellungen (US 7 f) allein Bajram T***** bedrohtes und genötiges Opfer war.
Insgesamt wird daher von der Beschwerde kein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P***** (ON 97):
In der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer, für die Urteilsfeststellung (US 7 oben), derzufolge er von vorneherein vom geplanten Verkauf der 2 kg Heroin wußte und entweder der Lieferant des K***** oder zumindest ein Beauftragter der tatsächlichen Eigentümer des Heroins gewesen sei, der das Suchtgiftgeschäft überwachen sollte, gebe es im gesamten Beweisverfahren überhaupt keinen Anhaltspunkt und sie sei auch in keiner Weise begründet.
Abgesehen davon, daß die Beschwerde damit - prozeßordnungswidrig - bloß einen Teilaspekt isoliert aus dem Gesamtgefüge der im Zusammenhang zu betrachtenden Urteilskonstatierungen heraushebt, wobei die vom Erstgericht offengelassene (US 11 oben) Frage, ob P***** lediglich ein Komplize des K*****, dessen Lieferant oder Aufpasser des Lieferanten war, nicht entscheidungswesentlich ist, hat sich das Schöffengericht gerade mit den Einlassungen dieses Angeklagten nicht nur besonders ausführlich und kritisch auseinandergesetzt, sondern auch aktengetreu (vgl insbesondere S 7, 9 unten, 11, 37, 51, 57) zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), nachvollziehbar, in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung begründet, warum es nach dem persönlichen Eindruck im Zusammenhang mit dem objektiven Geschehensablauf von dessen Mittäterschaft überzeugt war (vgl US 10 f). Wenn auch die Urteilsfeststellung, wonach P***** von vorneherein vom geplanten Verkauf der 2 kg Heroin wußte, unter den gegebenen Umständen gleichfalls unwesentlich ist, weil seine aktive Rolle bei der versuchten Inverkehrsetzung des Suchtgiftes (vgl hiezu die Verantwortung des P***** vor der Gendarmerie 57 ff) durch die sonstigen Konstatierungen ausreichend gedeckt ist, trägt sie allein schon jener Begründungsteil, wonach es äußerst unwahrscheinlich sei, daß K***** einen ihm nicht näher bekannten uninformierten Mann bei Abwicklung eines großen Suchtgiftgeschäftes mitfahren läßt (US 10 zweiter Absatz).
Indem der Beschwerdeführer solcherart nur in den Entscheidungsgründen ohnehin erörterte Beweisergebnisse zu seinen Gunsten umzudeuten trachtet, kritisiert er bloß unzulässig die zu seinem Nachteil ausgefallene tatrichterliche Lösung der Schuldfrage.
Das Gesagte gilt gleichermaßen für die weiteren Beschwerdeausführungen, mit denen der Nichtigkeitswerber einerseits gegen seine im Rahmen der Beweiswürdigung vorgenommene Qualifizierung als "offensichtlicher" Hintermann des Angeklagten K***** (US 8 unten) remonstriert, andererseits gegen verschiedene (an sich unanfechtbare) beweiswürdigende Erwägungen (keineswegs "Feststellungen", wie die Beschwerde irrig vermeint) der Erkenntnisrichter ankämpft, in denen sie dargelegten, warum sie die Verantwortung des Angeklagten P***** und in bezug auf einzelne Details im besonderen als unglaubwürdig ablehnten. Dabei war es keineswegs "unqualifiziert" und "unzulässig", im Rahmen der Beweiswürdigung auch noch die Tatsache (hier ohnehin nur noch illustrativ) zu verwerten, daß der Rechtsmittelwerber erst nach Vorhalt objektiver Erhebungsergebnisse (ON 66) zugegeben hatte, bereits 1992 in der Schweiz wegen Heroinhandels angezeigt worden zu sein (US 11 oben iVm 301).
Demnach vermag auch dieser Beschwerdeführer keine formell fehlerhafte Urteilsbegründung darzutun.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt einer gesetzmäßigen Darstellung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, weil sie nicht am gesamten erstgerichtlichen Tatsachensubstrat zur subjektiven und objektiven Tatseite festhält und nicht auf dessen Basis nachweist, daß dem Erstgericht ein Feststellungsmangel und/oder ein Rechtsirrtum unterlaufen ist.
Diesem zwingenden Gebot zuwider stützt sich der Beschwerdeführer auf (im Urteil als unglaubwürdig verworfene) Verantwortungspassagen der Mitangeklagten und leitet daraus - selbst beweiswürdigend - ab, er sei an dem Handel völlig unschuldig und habe überhaupt keine Beteiligung an dem gegenständlichen Tatvorfall zu vertreten.
Unverständlich ist schließlich der Rechtsmittelantrag (429), "...und gemäß § 288 a StPO das Urteil aufzuheben ...". Denn der - damit der Sache nach relevierte - Nichtigkeitsgrund des § 281 a StPO (Entscheidung eines unzuständigen Oberlandesgerichtes über einen Anklageeinspruch oder eine Versetzung in den Anklagestand), auf den § 288 a StPO abstellt, konnte im vorliegenden Verfahren gar nicht verwirklicht worden sein, weil der Angeklagte nach der Aktenlage keinen Einspruch gegen die Anklageschrift erhoben hat (ON 53), vielmehr am 3.Juni 1996 durch seinen Verteidiger auf Einspruch gegen die Anklage verzichtet hat (3 e oben des Antrags- und Verfügungsbogens).
Aus den angeführten Gründen waren demnach die Nichtigkeitsbeschwerden teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten K***** und P***** sowie der Staatsanwaltschaft betreffend alle drei Angeklagten und über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den erstgerichtlichen Beschluß, mit dem der gemäß § 13 Abs 3 SGG beantragte Verfall eines Personenkraftwagens abgewiesen wurde (§ 285 i StPO).
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