Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichischer R*****verband *****, vertreten durch Dr.Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Ingrid M*****, vertreten durch Dr.Georg Zanger und Mag.Michael Pilz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 500.000,-), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 16.Februar 1996, GZ 3 R 252/95-12, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27. September 1996, GZ 17 Cg 66/95b-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
"Zur Sicherung des Anspruches des Klägers auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen, worauf das Klagebegehren gerichtet ist, wird der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ab sofort verboten, Kondome in Verkehr zu bringen, die nicht gemäß § 4 KondomprüfungsV vom 9.10.1990, BGBl 1990/630 in Konsumentenpackungen verkauft oder überlassen werden.
Hingegen wird der darüber hinausgehende Sicherungsantrag, der Beklagten zu verbieten, Kondome in Verkehr zu bringen, die schlechthin der genannten Verordnung nicht entsprechen, insbesondere deren Einzelpackungen nicht die gemäß Art 7 der KondomprüfungsV vorgeschriebenen Angaben aufweisen und bei denen sämtliche in den §§ 8 bis 10 KondomprüfungsV vorgeschriebene Hinweise, insbesondere auch die Gebrauchsanweisung fehlen, abgewiesen.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten 50 % der mit S 67.665,60 bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen (darin enthalten S 11.277,60 Umsatzsteuer), das sind S 33.832,80 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen; 50 % seiner Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen hat der Kläger vorläufig, 50 % davon jedoch endgültig selbst zu tragen.
Die Beklagte hat die weiteren 50 % ihrer Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen".
Begründung:
Die Beklagte betreibt unter der nicht protokollierten Geschäftsbezeichnung "Condomi" Präservative im Groß- und Einzelhandel. Im Großhandel vertreibt die Beklagte Produkte, die sie als "Condomis lose Ware" anbietet, wobei sie auch einen empfohlenen Einzelverkaufspreis/Stück anführt. Über Auftrag des klagenden Schutzverbandes (im folgenden: Kläger) bestellte der Klagevertreter im Juni 1995 bei der Beklagten zu Testzwecken je 10 Stück Kondome mit der Bezeichnung "Condomis nature" und "Condomi strong", die ihm durch die Post zu den im Prospekt genannten Einzelverkaufspreisen geliefert wurden. Diese Kondome waren zwar einzeln verpackt, wurden jedoch entgegen § 4 KondomprüfungsV (BGBl 1990/630 jetzt idF BGBl 1996/130 = KPV) nicht in Konsumentenpackungen geliefert. Auf den einzelnen Packungen fehlten Hinweise über die Firma des Herstellers, die Gebrauchsanweisung und andere gemäß §§ 7 ff KPV vorzunehmende Kennzeichnungen.
Am 5.7.1995 forderte der Klagevertreter die Beklagte auf, eine seinem Schreiben angefügte Unterlassungserklärung zu unterfertigen, in der auch eine Ermächtigung zur Veröffentlichung der Unterlassungsverpflichtung in den Tageszeitungen "Salzburger Nachrichten" und "Neue Kronen-Zeitung" sowie die Verpflichtung zum Kostenersatz enthalten waren. Der Beklagtenvertreter bot zwar mit Schreiben vom 14.7.1995 eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung an, lehnte jedoch eine Veröffentlichung dieser Verpflichtungserklärung und den begehrten Kostenersatz ab.
Mit Entscheidung des deutschen Bundesgesundheitsamtes, Berlin, vom 27.12.1993 wurden der "Condomi GbR", Saarbrücken, ua für die Produkte Condomis nature ("Sackware") und Condomis strong ("Sackware") Genehmigungen nach § 20 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten erteilt.
Auf telefonische Anfrage erhielt die Beklagte von einem Beamten des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz die Auskunft, daß seit dem 1.1.1995 Condome, die der KondomprüfungsV nicht entsprechen, aber eine CE-Kennzeichnung gemäß der Richtlinie 93/42 EWG des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte tragen, in Österreich zum Verkehr zugelassen sind. Die von der Beklagten im Rahmen des Testkaufs gelieferten Kondome trugen keine CE-Kennzeichnung.
Seit 12.7.1995 hat die Beklagte den Vertrieb von "Condomis lose Ware" eingestellt.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt der Kläger, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Kondome in Verkehr zu bringen, die den Bestimmungen der KondomprüfungsV BGBl 1990/630 nicht entsprechen, insbesondere nicht gemäß § 4 der genannten V in Konsumentenpackungen verkauft oder überlassen werden, deren Einzelpackungen nicht die gemäß § 7 KondomprüfungsV vorgeschriebenen Angaben, nämlich Name oder Firma des Herstellers oder Registrierungsträgers der Kondomtype, gegebenenfalls das Firmenzeichen oder einen eindeutigen zuordenbaren Markennamen aufweisen und bei denen sämtliche in den §§ 8 bis 10 KPV vorgeschriebenen Hinweise, insbesondere auch die Gebrauchsanweisung, fehlen.
Der dagegen von der Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Im Ergebnis beizupflichten ist den Ausführungen im Revisionsrekurs, daß das beantragte Verbot zu weit gefaßt ist. Der Beklagten soll verboten werden, Kondome in Verkehr zu bringen, die nicht "den" (also allen!) Bestimmungen der KPV entsprechen, insbesondere solche, die nicht gemäß § 4 KPV in Konsumentenpackungen verkauft oder überlassen werden, deren Einzelpackungen nicht die gemäß § 7 KPV vorgeschriebenen Angaben über den Hersteller oder Registrierungsträger aufweisen und bei denen sämtliche in den §§ 8 bis 10 KPV vorgeschriebenen Hinweise, insbesondere auch die Gebrauchsanweisung, fehlen. Bescheinigt ist nur, daß die Beklagte anläßlich eines Testkaufs "Condomis lose Ware" bloß in Einzelpackungen verkauft hat, die - neben anderen hier nicht maßgeblichen Aufschriften - nur die Kennzeichnungen "Condomis nature" und "Condomis strong" getragen haben. Der Kläger behauptete nur, daß die Einzelpackungen (vgl dazu die Begriffsbestimmung des § 2 Abs 5 KPV) nicht die in §§ 8, 9 KPV für Konsumentenpackungen vorgesehenen Angaben aufgewiesen hätten, nicht aber auch, daß Konsumentenpackungen (vgl § 2 Abs 6 KPV) der von der Beklagten vertriebenen Kondome keine solchen Angaben enthalten hätten. Daher ist zu prüfen, wie weit das Unterlassungsgebot angesichts der bescheinigten Verstöße gehen darf.
Bei der Fassung des Unterlassungsbegehrens sind zwei Fragen
auseinanderzuhalten, nämlich jene, ob das Begehren hinreichend
bestimmt ist, und jene, wie weit es angesichts der - begangenen oder
drohenden - Rechts- verletzung gehen darf. Während die Bestimmtheit
des Begehrens eine prozessuale Klagevoraussetzung ist, ist die Frage,
ob der Spruch zu weit gefaßt ist, nach materiellem Recht zu
beurteilen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser - Pickerln II). Dem
Klageberechtigten steht ein Anspruch auf Unterlassung solcher
Verletzungshandlungen zu, die vom Beklagten oder einem Dritten in
einer dem Beklagten zurechenbaren Weise begangen worden sind oder
unmittelbar bevorstehen. Gegenstand des Urteilsantrages und -spruchs
ist demnach immer nur die konkrete Verletzungshandlung. Nach
ständiger Rechtsprechung ist eine gewisse allgemeine Fassung des
Unterlassungsgebotes - im Verein mit konkreten Einzelverboten - meist
schon zur Vermeidung allzu leichter Umgehungen notwendig (ÖBl 1980,
46 - Hol' Dir Geld vom Staat; ÖBl 1983, 134 - Thonet-Sessel; MR 1989,
104 - Löffelbisbuits; ÖBl 1991, 10 - Hundertwasser- Pickerln II).
Die Beklagte vertreibe, entgegen § 4 KPV - Kondome nicht in Konsumentenpackungen. Dementsprechend trügen die (Einzel )Packungen auch nicht die in §§ 7 bis 10 KPV genannten Angaben: Es fehlten die Angabe des Namens und der Firma des Herstellers oder des Registrierungsträgers und sämtliche für Konsumenten- packungen vorgeschriebenen weiteren Hinweise sowie die Gebrauchsanweisung. Der Standpunkt der Beklagten, daß Kondome lose ohne Konsumentenpackungen an Wiederverkäufer vertrieben werden dürften, sei unrichtig. Im übrigen habe die Beklagte derartige Kondome nicht nur an Wiederverkäufer abgegeben. Damit verstoße die Beklagte nicht nur gegen die genannte Verordnung sondern auch gegen die Gewerbeordnung und gegen § 1 UWG. Trotz des Anbotes eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches sei die Wiederholungsgefahr anzunehmen, weil die Beklagte die geforderte Veröffentlichung ihrer Unterlassungsverpflichtung und auch die Kostentragung abgelehnt habe.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie habe der Klägerin nicht nur eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben und ihre Bereitschaft zum Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs bekundet, sondern auch jeglichen Verkauf der beanstandeten Kondome unterlassen. Die Weigerung, den abzuschließenden Vergleich in zwei Tageszeitungen veröffentlichen zu lassen, sei gerechtfertigt gewesen, weil die Beklagte "Condomis lose Ware" nur rund 150 Wiederverkäufern angeboten habe. Die vom Kläger geforderte Veröffentlichung stehe in einem auffallenden Mißverhältnis zur Schwere der behaupteten Rechtsverletzung. Damit sei die Wiederholungsgefahr weggefallen. Die Beklagte habe aber überdies ihren einzigen Dienstnehmer angewiesen, "Condomis lose Ware" an Wiederverkäufer nicht mehr auszuliefern.
Dem Kläger sei auch nicht die Bescheinigung gelungen, daß die Beklagte "Condomis lose Ware" Letztverbrauchern verkauft habe. Diese Ware scheine nur in der Großhandelspreisliste auf, nicht jedoch in der Preisliste für Endverbraucher. Bei der Verteilung ihres Werbematerials habe die Beklagte darauf geachtet, daß ihre Großhandelspreisliste nur Wiederverkäufern ausgefolgt werde. Die Bestellung des Klagevertreters habe sich auf die Großhandelspreisliste bezogen. Die Beklagte sei daher davon ausgegangen, daß es sich um eine Testbestellung eines Großhändlers handle. Durch die Bestellung auf Grund der Großhandelspreisliste habe der Kläger einen Sachverhalt geschaffen, der dem Einschleichen in ein nur für Großhändler offenstehendes Geschäftslokal nahekomme. Der vom Kläger durchgeführte Testkauf sei daher sittenwidrig.
Die Vorschrift über die Konsumentenpackungen in § 4 KPV beziehe sich nur auf den Vertrieb an Letztverbraucher. Überdies seien die "Condomis lose Ware" mit Bescheid des deutschen Bundesgesundheitsamtes vom 27.12.1993 zum Verkehr zugelassen worden. Ihr Vertrieb in Österreich sei seit 1.1.1995 auf Grund des Vorrangs des EG-Rechtes vor nationalem Recht ungeachtet eines allfälligen Verstoßes gegen die KondomprüfungsV zulässig. Seit dem 1.1.1995 seien Kondome, die der KondomprüfungsV zwar nicht entsprächen, aber ein CE-Kennzeichnen gemäß der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte aufwiesen, in Österreich zum Verkehr zugelassen. Die beanstandeten Kondome trügen zwar keine solche CE-Kennzeichnung, dürften aber auf Grund der Übergangsbestimmung des Art 22 Abs 4 der genannten Richtlinie weitervertrieben werden.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die Vorschriften der KondomprüfungsV seien durchaus geeignet, den angestrebten Zweck (Gesundheits- und Verbraucherschutz) zu erfüllen. Weniger behindernde Maßnahmen, die den gleichen Zweck erfüllten, lägen nicht auf der Hand. Die Bestimmungen der KondomprüfungsV hätten daher nur eine zulässige faktische Beschränkung des Grundrechtes auf freien Warenverkehr nach Art 30 EGV zum Inhalt und seien daher weiterhin anzuwenden. Art 22 Abs 4 der Richtlinie über Medizinprodukte mache das weitere Inverkehrbringen der dieser Richtlinie unterworfenen Produkte ausdrücklich davon abhängig, daß diese Produkte im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates, in welchem sie in Verkehr gebracht werden sollen, den am 31.12.1994 geltenden Rechtsvorschriften entsprechen. Das sei aber wegen der Geltung der KondomprüfungsV in Österreich nicht der Fall. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sei daher für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen.
Ein planmäßiger Verstoß gegen die nicht wettbewerbsneutralen Bestimmungen der KondomprüfungsV begründe auch einen Verstoß gegen § 1 UWG. Wegen der sorglosen Abgabe von "Condomis lose Ware", welche nicht den Bestimmungen der KondomprüfungsV entsprächen, an Letztverbraucher im Rahmen des Testkaufs des Klagevertreters sei die Wiederholungsgefahr zu bejahen. Das Anbot eines vollstreckbaren Vergleichs sei unzureichend gewesen. Schließlich sei der Klagevertreter beim Testkauf auch nicht ungewöhnlich vorgegangen.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Entscheidungs- gegenstand S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Durch die Einbeziehung der Kennzeichnungsvorschriften des § 7 KPV sei das erlassene Verbot nicht zu weit gefaßt worden, weil der Beklagten auch ein Verstoß gegen diese Bestimmung zur Last falle. Der auf den Einzelpackungen aufgedruckte Name "Condomis strong" bzw "Condomis nature" sei kein eindeutig zuordenbarer Markenname, weil das Wort "Condomis" als Kennzeichen für Kondome keinen ausreichenden Phantasiecharakter habe. Verkehrsgeltung dafür habe die Beklagte aber nicht behauptet.
Das Anbot der Beklagten auf Abschluß eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches habe die geforderte Veröffentlichung der Unterlassungsverpflichtung nicht enthalten. Die Beklagte habe ihr Werbematerial nicht nur einem kleinen Kreis von Personen zur Verfügung gestellt. Vielmehr sei anzunehmen, daß es einem breiten Personenkreis zur Kenntnis gelangt sei. In einem solchen Fall sei auch eine weitgestreute Information der Öffentlichkeit durch eine entsprechende Veröffentlichung der Unterlassungs- verpflichtung erforderlich. Das Verlangen des Klägers, die Unterlassungsverpflichtung in Samstagausgaben zweier österreichischer Tageszeitungen zu veröffentlichen, sei daher nicht überzogen gewesen. Damit sei aber der Beklagten die Bescheinigung des Wegfalls der Wiederholungsgefahr infolge ihres Vergleichsanbots nicht gelungen.
Der Standpunkt der Beklagten, daß sie zum Vertrieb der den Vorschriften der KondomprüfungsV nicht entsprechenden Kondome in Österreich deshalb berechtigt sei, weil diese Waren der nationalen Norm eines anderen EU-Mitgliedsstaates entsprächen, treffe nicht zu. Hindernisse für den freien Warenverkehr im Sinne des Art 30 EGV, die sich in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften zwischen den Mitgliedsstaaten über die Voraussetzungen für das In-Verkehr-bringen einer Ware ergäben, müßten nur dann als zulässiges Hemmnis hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig seien, zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Behinderung des freien Warenverkehrs nach der "Cassis de Dijon"-Rechtsprechung sei demnach, daß die Behinderung auf eine unterschiedslos anwendbare Regelung zurückzuführen sei, die für einen Bereich getroffen worden sei, in dem keine Gemeinschaftsregelung bestehe, und die notwendig sei, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden.
Gemäß Art 36 EGV stünden die Bestimmungen des Art 30 EGV Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die ua zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt seien. Die KondomprüfungsV sei eine solche Überwachungs- und Kontrollregelung zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen. Einer gesonderten Anerkennung der innerstaatlichen Vorschrift im Wege eines gemeinschaftlichen Verwaltungsverfahrens bedürfe es nicht. In der Präambel der Richtlinie 92/59/EWG des Rates vom 29.Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit werde dazu verdeutlichend festgestellt, daß mehrere Mitgliedsstaaten horizontale Rechtsvorschriften zur Produktsicherung erlassen hätten, die den Wirtschaftssubjekten vor allem eine allgemeine Verpflichtung auferlegten, nur solche Produkte in den Verkehr zu bringen. Diese Rechtsvorschriften führten jedoch zu einem unterschiedlichen Schutzniveau und seien geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern und Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Binnenmarktes hervorzurufen, weshalb sie nur unter den in der Richtlinie normierten Bedingungen zulässig seien. Daher ermächtige Art 4 Abs 1 dieser Richtlinie die Mitgliedsstaaten, für ein bestimmtes Produkt unterschiedliche Sicherheitsanforderungen zu normieren, sofern spezifische gemeinschaftliche Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet nicht bestehen und die Rechtsvorschriften mit dem Vertrag, insbesondere den Art 30 bis 36 EGV - im Einklang stünden. Im Lichte dieser Gemeinschaftsnormen widerspreche die KondomprüfungsV nicht dem Gemeinschaftsrecht. Auf die Frage, ob die von der Beklagten in Österreich in Verkehr gebrachten Kondome den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines anderen Mitgliedsstaates entsprächen, komme es damit ebensowenig an, wie auf die Frage, ob die Kondome alle Voraussetzungen erfüllten, eine CE-Kennzeichnung zu tragen, weil sie eine derartige Kennzeichnung gar nicht aufwiesen. Daß die von der Beklagten vertriebenen Kondome der europäischen Norm EN 600 entsprächen, habe die Beklagte erstmals im Rekurs als unzulässige Neuerung behauptet. An der Übereinstimmung der KondomprüfungsV mit dem Gemeinschaftsrecht bestehe angesichts der eindeutigen Rechtslage bzw Judikatur des EuGH kein Zweifel. Der Anregung der Beklagten, eine Vorabentscheidung des EuGH zu erwirken, sei daher nicht entsprochen worden.
Aber auch die Gesetzmäßigkeit der auf Grund des ProduktsicherheitsG 1994 ergangenen KondomprüfungsV stehe außer Frage. § 5 Abs 2 ProduktsicherheitsG 1994 BGBl 1995/63 stelle als Kriterien für die Sicherheit eines Produkts ua auf seine Verpackung und seine Aufmachung ab. § 8 dieses Gesetzes ermächtige den zuständigen Bundesminister, soweit erforderlichen Sicherheits- anforderungen nicht entsprochen worden sei, zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen die Verpflichtung zur Beigabe oder Verbesserung der Gebrauchsanweisung oder zur Anbringung von Kennzeichnungselementen auf der Verpackung oder auf dem Produkt anzuordnen oder die Hersteller oder Importeure zu verpflichten, auf dem Produkt so vor Gefahren zu warnen und Verhaltenshinweise zu deren Vermeidung zu geben, wie es der Dringlichkeit der Gefahrenabwehr entspreche. Die Auflagen in §§ 7 und 8 KPV enthielten demnach eine Konkretisierung dieser gesetzlichen Ermächtigung, ohne diese zu überschreiten. Somit sei auch kein Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten gewesen.
Schließlich könne auch der Testkauf des Klagevertreters nicht als sittenwidrig erkannt werden. Die Behauptung, daß die Preisliste für Wiederverkäufer mit der unrichtigen Angabe herausgelockt worden sei, daß sie für einen Sexshop benötigt werde, sei im Rekurs erstmals aufgestellt worden und verstoße daher gegen das Neuerungsverbot.
Deshalb ist es zulässig, dem Beklagten nicht nur eine konkret
beschriebene Handlung zu verbieten, sondern auch ähnliche (ÖBl 1990,
18 - Mafiaprint; ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser- Pickerln II uva).
Der Oberste Gerichtshof hat auch schon ausgesprochen (4 Ob 47/94), daß aus dem Verstoß gegen ein bestimmtes gesetzliches Verbot nicht der Anspruch abgeleitet werden kann, dem Beklagten ganz allgemein den Vertrieb von Produkten zu untersagen, die den dafür jeweils geltenden Vorschriften nicht entsprechen. Das Unterlassungsgebot ist vielmehr auf den konkreten Sachverhalt sowie auf ähnliche Fälle einzuengen (ÖBl 1990, 18 - Mafiaprint; ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; ÖBl 1996, 28 - Teure S 185,-).
Nach den dargelegten Grundsätzen hat der Kläger daher keinen Anspruch auf einen jeden möglichen Verstoß gegen die KondomprüfungsV erfassenden Unterlassungstitel. Hat er nur bescheinigt, daß die Beklagte - entgegen § 4 KPV - Kondome in Einzelpackungen verkauft hat, dann können der Beklagten nicht auch künftig mögliche Verstöße gegen die in dieser Verordnung enthaltenen Vorschriften für Konsumentenpackungen verboten werden, deren Verletzung beim Verkauf von Kondomen durch die Beklagten nicht einmal behauptet wurde. Daß die Beklagte Kondome in Einzelpackungen verkauft hat, läßt - ohne konkretes Vorbringen - auch nicht die Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß sie die in der KondomprüfungsV für Konsumentenpackungen vorgesehenen Kennzeichnungs- vorschriften bei Konsumentenpackungen nicht einhalten werde.
Daher war der Antrag, das In-Verkehr-bringen von Kondomen zu verbieten, die schlechthin den Bestimmungen der KondomprüfungsV nicht entsprechen, insbesondere solcher, bei denen sämtliche in den §§ 8 bis 10 KPV vorgeschriebenen Hinweise, insbesondere die Gebrauchsanweisung, fehlen, abzuweisen.
Zu prüfen sind daher nur noch die Verstöße gegen §§ 4 und 7 KPV.
Gemäß § 4 Abs 1 KPV dürfen Kondome nur in Konsumentenpackungen verkauft oder sonst überlassen werden. § 4 Abs 2 KPV (neu eingeführt durch die Novelle BGBl 1996/130) normiert, daß die Abgabe von Kondomen abweichend von Abs 1 dann zulässig ist, wenn die Abgabe nicht der Gewinnerzielung dient, sondern im Interesse des Gesundheitsschutzes, insbesondere der Prävention von sexuell übertragbaren Erkrankungen gelegen ist und wenn dabei bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. Der von der Beklagten getätigte Verkauf von Kondomen in Einzelpackungen diente aber nicht den in § 4 Abs 2 KPV genannten Zwecken.
Für die Kennzeichnung von Einzelpackungen sieht § 7 KPV als notwendige Angaben vor:
1.) Name oder Firma des Herstellers oder Registrierungsträgers der Kondomtype, gegebenenfalls das Firmenzeichen oder ein eindeutig zuordenbarer Markenname;
2.) die Chargennummer;
3.) das Ablaufdatum, sofern es nicht aus der Chargennummer eindeutig und leicht ersichtlich ist.
Konsumentenpackungen müssen gemäß § 8 Abs 1 KPV Name oder Firma und Anschrift des Herstellers der Kondomtype, Markenbezeichnung und Registrierungs- nummer der Kondomtype, Angaben über die Beschaffenheit des Kondoms, allfällig verwendete Beschichtungsmittel, Chargennummer, Ablaufdatum, Angabe über Länge, Breite und Dicke der Kondome, Angaben über die Anzahl der enthaltenen Kondome, einen Lagerhinweis sowie einen Hinweis auf die beiliegende Gebrauchsanweisung enthalten. Weiters enthält § 8 Abs 2 - 4 KPV Kennzeichnungspflichten für Kondomtypen, die im Ausland hergestellt wurden und für Konsumentenpackungen, die über Automaten abgegeben werden, sowie für Scherzkondome. § 9 KPV enthält die (näheren) Vorschriften über die den Konsumentenpackungen beizugebenden Gebrauchsanweisungen. § 10 KPV bestimmt schließlich, daß die genannten Angaben deutlich, übersichtlich und dauerhaft angebracht, leicht verständlich, in deutscher Sprache und in arabischen Ziffern zu erfolgen haben.
Während also die Kennzeichnungsvorschriften für Einzelpackungen nur Identifikationselemente und - über die Angabe der Chargennummer und des Ablaufdatums - die Verwendbarkeit der Kondome umfassen, enthalten die Vorschriften für Konsumentenpackungen wesentlich umfassendere Kennzeichnungspflichten, die bei Einzel- packungen gar nicht eingehalten werden könnten. Werden Kondome - entgegen § 4 Abs 1 KPV - in Einzelpackungen verkauft, dann wird damit nicht auch gegen die §§ 8 und 9 KPV verstoßen, weil dieses Verbot lediglich bezweckt, den Verkauf in Einzelpackungen zu verhindern, die nicht alle für Konsumentenpackungen vorgesehenen Angaben und Kennzeichnungen tragen müssen. Durch § 4 KPV soll demnach nur verhindert werden, daß (einzelverpackte) Kondome nur im Innenbehältnis (§ 2 Abs 5 KPV) ohne Konsumentenpackung also ohne (zusätzliches) Behältnis (§ 2 Abs 6 KPV) und damit ohne die für Konsumenten- packungen erforderlichen Angaben in den Verkehr gebracht werden.
Die Frage, ob die KondomprüfungsV insgesamt gegen EU-Recht verstößt, muß im vorliegenden Fall, in dem es nur um einen Verstoß wegen des Verkaufs von Einzelpackungen geht, nicht geprüft werden. Das Verbot des Verkaufs von Kondomen in Einzelpackungen steht mit dem EU-Recht durchaus im Einklang. Die Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.Juni 1993 über Medizinprodukte ABl Nr.L 169/1, wozu gemäß Art 1 Abs 2 lit a dieser Richtlinie auch Produkte zur Empfängnisregelung gehören, sieht zu deren Kennzeichnung im Anhang I Abschnitt II Z 13 die Bereitstellung einer Reihe von Informationen durch den Hersteller vor, die aus Angaben auf der Kennzeichnung und solchen in der Gebrauchsanweisung bestehen und ebenfalls Angaben über Name oder Firma und Anschrift des Herstellers (Z 13. 3. lit a) und das Ablaufdatum (lit e) umfassen. In Z 13. 3 sind aber auch den Vorschriften der KondomprüfungsV für die Kennzeichnung von Konsumenten- packungen weitgehend entsprechende Angaben enthalten. Aus der Verpflichtung, diese Informationen dem Produkt beizugeben (Z 13.1.) ergibt sich ganz deutlich der Zweck dieser Richtlinie, daß der Verkauf von Medizinprodukten ohne derartige Informationen verhindert werden soll. Ein Verbot, Kondome in Einzelpackungen zu verkaufen, für die nach österreichischem Recht nur geringere Kennzeichnungspflichten bestehen, verstößt damit nicht gegen die genannte Richtlinie. Damit erübrigt sich aber auch eine Prüfung, ob andere Maßnahmen nach der KondomprüfungsV an sich geeignet wären, sonst den freien Warenverkehr zu beeinträchtigen. Denn Art 30 und Art 36 EGV dienen nur insoweit der Sicherung des unbehinderten Warenverkehrs, soweit eine Gemeinschaftsregelung nicht vorliegt (Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG-Vertrag, Komm4 Rz 74 zu Art 30).
Entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs bestehen gegen die Gesetzmäßigkeit der KondomprüfungsV keine Bedenken wegen Überschreitung der erteilten Verordnungsermächtigung. Anders als § 8 Produkt- sicherheitsG 1994 (PSG 1994) BGBl 1995/63 sah § 7 des ProduktsicherheitsG BGBl 1983/171 idF des BG BGBl 1983/617, auf dem die KondomprüfungsV beruht, ua vor, daß die in § 5 ProduktsicherheitsG angeführten Maßnahmen ua durch Verordnung zu treffen sind, wenn es der Schutz der in § 1 ProduktsicherheitsG umschriebenen Interessen erfordert. Nach § 1 ProduktsicherheitsG regelt dieses Bundesgesetz behördliche Maßnahmen gegen eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen durch gefährliche Produkte. Zum Maßnahmenkatalog des § 5 ProduktsicherheitsG gehört ua die Verpflichtung zur Beigabe oder Verbesserung einer Gebrauchsanleitung oder zu sonstigen Maßnahmen betreffend die Darbietung (insbesondere die Art und die Beschaffenheit der Verpackung oder Umhüllung) von Produkten (Z 1) sowie Verbote oder Beschränkungen des Verkaufs oder sonstiger Überlassung von Produkten (zB hinsichtlich des Personenkreises, der Vertriebsart oder der Verpackung) (Z 3). Eine Überschreitung dieser Verordnungsermächtigung ist nicht ersichtlich. Die KondomprüfungsV aber wurde durch das ProduktsicherheitsG 1994 BGBl 1995/63 nicht aufgehoben. Dieses Gesetz regelt die Produktsicherheit in einer dem durch § 24 PSG 1994 aufgehobenen ProduktsicherheitsG BGBl 1983/171 nicht widersprechenden Weise. Erst die Novelle zur KondomprüfungsV BGBl 1996/130 erging auf Grund des § 8 PSG 1994 BGBl 1995/63. Bedenken aus dem Grunde der Gesetzwidrigkeit stehen daher § 4 KPV nicht entgegen.
Da der Verstoß der Beklagten gegen § 4 KPV geeignet ist, die Wettbewerbslage zu beeinflussen, liegen auch die Voraussetzungen nach § 1 UWG vor. Der Argumentation der Revisionsrekurswerberin, daß die Wiederholungsgefahr wegen des Anbots eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs weggefallen sei, ist nicht beizupflichten. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, beseitigt das Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren Vergleich zu der vom Kläger begehrten Unterlassung zu verpflichten, nur dann die Wiederholungsgefahr, wenn das Vergleichsangebot auch ein gerechtfertigtes Veröffentlichungsbegehren mitumfaßt (ÖBl 1984, 135 - Superaktionsspanne; ÖBl 1985, 16 - Linzer Tort ua). Obwohl hier keineswegs davon auszugehen ist, daß die von der Beklagten verteilten Prospekte, mit denen sie "Condomis lose Ware" angeboten hat, nur einem kleinen, überschaubaren Personenkreis zugänglich waren, hat sie das Ansinnen des Klägers auf Veröffentlichung des Vergleichs überhaupt abgelehnt.
Daß der Klagevertreter den Testkauf auf Grund einer Großhandelspreisliste vornahm - nur diesen Sachverhalt trug die Beklagte in erster Instanz vor - bewirkt nicht dessen Sittenwidrigkeit im Sinne der Rechtsprechung (vgl ÖBl 1986, 9 - Wecker-Rabatt mwN).
Der Beklagten ist daher zu verbieten, Kondome in Verkehr zu bringen, die entgegen § 4 KPV (jetzt: § 4 Abs 1 KPV) nicht in Konsumentenpackungen verkauft oder überlassen werden. Daß die verkauften Einzelpackungen (§ 2 Abs 6 KPV) nicht die gemäß § 7 Z 1 - 3 KPV vorgeschriebenen Angaben (Name oder Firma des Herstellers oder Registrierungsträgers der Kondomtype, gegebenenfalls das Firmenzeichen oder einen eindeutig zuordenbaren Markennamen enthalten, ist schon vom Verbot nach § 4 KPV, solche Packungen überhaupt in Verkehr zu bringen, erfaßt. Sollte die Beklagte künftig in gleicher Weise gegen die KondomprüfungV verstoßen, bietet dieses Verbot einen ausreichenden Exekutionstitel. Über die Frage, ob die Aufschriften "Condomis strong" und "Condomis nature" gegen § 7 KPV verstoßen, wenn sie auf den in Konsumentenpackungen enthaltenen Einzelpackungen enthalten wären, ist hier nicht zu entscheiden, weil der Kläger einen solchen Sachverhalt gar nicht behauptet hat. Daher war auch der Sicherungsantrag in diesem Umfang abzuweisen.
Mangels gesonderter Bewertung der einzelnen Ansprüche ist anzunehmen, daß der Kläger mit rund 50 % seines Sicherungsbegehrens unterlegen ist. Er hat daher der Beklagten 50 % der Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen (§§ 78, 402 EO, §§ 43, Abs 1, 50, 52 Abs 1 ZPO). Soweit der Kläger aber durchgedrungen ist, hat er die Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig selbst zu tragen (§ 393 Abs 1 EO); die Beklagte hat die Kosten, soweit sie unterlegen ist endgültig zu tragen (§§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO).
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.
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